Auf einen Blick
- Verpackungen schützen Produkte, verursachen aber Abfall und verschwenden Ressourcen
- Unverpackt-Läden ermöglichen nachhaltiges Einkaufen, Trend lässt jedoch etwas nach
- Migros reduzierte Plastiksackverbrauch um 88 Prozent seit Einführung der 5-Rappen-Gebühr
Das Baguette klemmt man sich in Frankreich nach dem Kauf gerne einfach unter den Arm oder auf den Velogepäckträger – mehr als ein kleines Stück Seidenpapier braucht das Brot als Verpackung nicht. Ein Vorbild für Nachhaltigkeit. Denn viele andere Produkte des täglichen Gebrauchs sind oft doppelt oder dreifach verpackt oder gar in Plastik eingeschweisst: zum Schutz der Ware, aber auch aus Marketinggründen.
Innert kürzester Zeit landet das Verpackungsmaterial dann im Abfall. Laut dem Bundesamt für Umwelt BfU verfolgt die Schweiz seit über zwanzig Jahren eine Strategie, um Verpackungen zu optimieren. Aber von den rund 790'000 Tonnen Kunststoffabfällen pro Jahr in unserem Land war fast die Hälfte weniger als ein Jahr lang im Gebrauch. Besonders kurz im Einsatz sind Einwegverpackungen für Fertigsalate, Sandwiches oder Take-away-Kaffee.
Unverpackt-Boom lässt nach
Als vor ein paar Jahren in der Schweiz die ersten Unverpackt-Läden aufkamen, freuten sich viele Nachhaltigkeitsfans. Endlich konnten sie die Waren in eigene Stoffsäcke, Körbe, Gläser oder Dosen abfüllen und so nach Hause nehmen. Der anfängliche Boom scheint aber wieder nachzulassen: Einige der Unverpackt-Läden sind bereits wieder zugegangen. Aber das Einkaufen mit möglichst wenig Verpackungsmaterial gilt unter Umweltbewussten weiterhin als Königsdisziplin, etwa auf dem Wochenmarkt oder im Bioladen.
In Supermärkten ist es inzwischen einfach möglich, Früchte und Gemüse in wiederverwendbaren Beuteln und Netzen, oder lose aufs Kassenband zu legen. Seit dem 6. Januar 2025 lassen sich Verpackungen wie der Plastiksack oder der Veggie-Bag bei Migros und Coop sogar vom Gesamtgewicht abziehen. Eigene Beutel und Taschen lohnen sich noch mehr, seit die Supermärkte keine kostenlosen Plastiktüten mehr an den Kassen zur Verfügung stellen.
Fremdmarken mit mehr Verpackung
Die Migros etwa verlangt seit 2016 fünf Rappen pro Plastiksack. Seither reduzierte sich der Verbrauch von Plastiksäcken an der Kasse um 88 Prozent. Zudem hat die Migros seit 2010 rund 20'000 Tonnen Verpackungsmaterial eingespart oder ökologisch optimiert, wie die Medienstelle bekannt gibt. Die Hälfte der Verpackungen bestehe aus erneuerbaren Rohstoffen.
Wenn immer möglich, verzichtet der Grossverteiler ganz auf Verpackungen. Wenn aus Gründen des Produktschutzes doch eine erforderlich ist, verwendet die Migros wenn möglich nachwachsende Rohstoffe wie Papier oder Karton. Dies betrifft die 80 Prozent Eigenmarken im Sortiment. Zu Verpackungen von Fremdmarkenprodukten kann die Medienstelle keine Aussagen machen.
Marketing und Ökologie als Zielkonflikt
Im Detailhandel sind besonders im Non-Food-Bereich viele Produkte aufgrund von Marketingüberlegunge aufwendig verpackt. Häufig mit bedruckten, veredelten oder geprägten Kartons, die nur schwer zu rezyklieren sind. «Die Branche stellt die Verpackungen her, wie es die Markeninhaber wollen. Marketing und echte Ökologie sind ein Zielkonflikt. Die Produkte sollen im Regal auffallen, damit sie gekauft werden», sagt Andreas Zopfi, Geschäftsführer des Schweizerischen Verpackungsinstituts SVI.
Die Verpackung diene aber auch dem Schutz der Ware – und der Kunden. Glühbirnen oder Batterien etwa müssen aufwendig verpackt sein, damit sich Kinder nicht daran verletzen können. Oder: «Mit 2,5 Gramm Kunststoff um eine Gurke verlängert man ihre Lebensdauer um sieben Tage», rechnet Zopfi vor. «Wenn die Verpackung 3,5 Prozent Food Waste verhindern kann, macht dies den ökologischen Fussabdruck der Verpackung wett.»
Überverpacktes meiden
In den letzten Jahren ist gemäss Andreas Zopfi zum Thema nachhaltigere Verpackungen viel in die richtige Richtung passiert. «Unsere Branche hat Lösungen mit neueren, dünneren Materialien», erklärt er. Aber dann seien die Lebensmittel in vielen Fällen nicht mehr so lange haltbar oder die Verpackungen nicht mehr so stabil. Anders als in vielen Ländern auf der Welt landen gebrauchte Verpackungen in der Schweiz zwar kaum in der Natur, aber sie verschwenden Ressourcen.
Der Wille der Branche, die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben, ist laut Zopfi vorhanden. Es gibt Bestrebungen, Plastik zu recyceln, aber das Material geht heute nach Deutschland und bleibt auch dort, weil die Schweiz noch nicht so weit ist. Was können die Konsumentinnen und Konsumenten also gegen zu viel Verpackungsmüll tun? Zum Beispiel Einkäufe besser planen, Verpackungen und Taschen wiederverwenden, oder in Unverpackt-Läden einkaufen. Und statt überverpackte Markenware alternative Produkte finden, die mehr Wert auf Nachhaltigkeit legen.