Artensterben, steigende Meeresspiegel, tödlicher Hitzestress in Städten, Wassermangel, Nahrungsmittelknappheit, mehr Krankheiten, mehr Armut: Das sind nur einige Punkte, die immer deutlicher zeigen, dass gefährliche Klimaveränderungen und Extremereignisse zunehmend die Natur und das Leben der Menschen weltweit beeinträchtigen. Das legen Expertinnen und Experten im zweiten Teil des sechsten Sachstandberichts des Weltklimarats (IPCC) dar.
Klimawandel erfordert Anpassung
Rund 270 Forschende aus aller Welt, darunter sechs aus der Schweiz, begutachteten über 34'000 wissenschaftliche Publikationen. Sie arbeiteten die Folgen der Klimaveränderung für Mensch und Natur auf und identifizierten die nötigen Anpassungen, um ein lebenswertes Leben auf unserem Planeten auch in Zukunft zu ermöglichen.
Selbst bei einem Temperaturanstieg von 1,5 Grad sind weitreichende Risiken und Schäden demnach vielerorts nicht mehr vermeidbar. Und sie werden sich ab dem Jahr 2040 vervielfachen. Zudem, betonen die Studienautorinnen und -autoren, würden in Zukunft mehrere Klimarisiken immer häufiger gleichzeitig auftreten. Sie verstärkten sich gegenseitig und würden komplexer und schwieriger zu bewältigen.
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Die Auswirkungen und Risiken lassen sich jedoch, in begrenztem Masse, abmildern, wenn sich Mensch und Natur an die veränderten Bedingungen anpassen - und die Treibhausgasemissionen jetzt drastisch gesenkt werden. Denn je stärker die Klimaerwärmung, desto enger der Handlungsspielraum.
Spätere Investitionen werden noch viel teurer
Klar ist, dass Aufschieben keine Option mehr darstellt: «In den nächsten zehn Jahren müssen wir massiv investieren, wenn wir schwerwiegende Schäden vermeiden wollen», sagt Christian Huggel, Geografieprofessor an der Universität Zürich und einer der Hauptautoren des Berichts, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Wenn wir jetzt handeln, sparen wir zudem Milliarden ein.» Rückwirkende Anpassungen seien viel teurer. Aber derzeit sei die Welt nicht auf Kurs, auch die Schweiz nicht, betont Huggel.
Auswirkungen des Klimawandels mindern
Stärker als frühere Berichte weist der jüngste auf den Einfluss des Klimawandels auf die Natur hin. Der Schutz und die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme sind demnach von grundlegender Bedeutung für eine klimaresiliente Entwicklung. 30 bis 50 Prozent der Land-, Süsswasser- und Meereslebensräume müssten dafür unter Schutz gestellt werden.
Doch sei dies nicht genug, so die Forschenden: «Um einen gesunden, lebenswerten Planeten für alle zu sichern, müssen wir unsere Lebensweise grundlegend ändern, insbesondere Schlüsselelemente wie unsere Industrie und den Energiesektor sowie die Art und Weise, wie Städte und Infrastrukturen geplant und gebaut werden.» Beispielsweise liessen sich Städte durch Parks und Teiche sowie durch die Begrünung von Strassen, Gebäudedächern und -wänden kühlen.
Thomas Bernauer von der ETH Zürich, einer der Leitautoren des Berichts, betont jedoch, dass neue Infrastruktur nicht ausreiche, und Technologie allein werde es nicht richten. Gut geführte Regierungen beispielsweise, die auch in akuten Krisen funktionieren, würden zur zentralen Ressource. Klimaanpassung sei «eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der politische und soziale Institutionen und unser aller Engagement eine zentrale Rolle spielen», schrieb der Politikwissenschaftler in einem Blogbeitrag auf der Webseite seiner Hochschule.
Das sich ändernde Klima macht Anpassungen auch in der Schweiz notwendig. Klimaangepasstes Planen und Bauen in Städten wie Begrünungen identifiziert der Zürcher Professor Huggel als wichtige Massnahmen, um die Auswirkungen von Hitzewellen hierzulande zu mindern.
Ärmere Länder sind auf Hilfe angewiesen
Aber auch Umsiedlungen können mit der Zunahme von Naturgefahren in Zukunft an einzelnen Orten in Bergregionen unausweichlich werden, wie etwa in Brienz GR, Bondo GR und Guttannen BE bereits diskutiert. Zudem brauche es mit dem Schmelzen der Gletscher umsichtige Investitionen in ein nachhaltiges Wassermanagement, was beispielsweise das im Sommer trockene Wallis betreffe.
Von den verheerendsten Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind laut dem Bericht aber die Länder, in denen Armut herrscht, Regierungssysteme instabil und Menschen marginalisiert sind, ungleiche Machtstrukturen herrschen und der Zugang zu Trinkwasser und Gesundheitsdiensten eingeschränkt sind. «Die Klimaerwärmung macht das alles noch schlimmer», warnt Huggel.
Für die Finanzierung von Anpassungsmassnahmen sind ärmere Länder auf Unterstützung von Industriestaaten angewiesen. Wichtig sei, so der Geograf, die Lokalbevölkerung bei der Umsetzung miteinzubeziehen. Wie zahlreiche Studien bereits gezeigt hätten, würden die Massnahmen dann eine bessere und nachhaltigere Wirkung entfalten.
(SDA)