Kafibecher dürfen nicht zu schön sein – sonst verschwinden sie
So animiert eine Kunstuni Studierende zu mehr Nachhaltigkeit

Der Campus der Zürcher Hochschule der Künste ist so eingerichtet, dass Studierende umweltfreundlicher handeln sollen. Eine Studentin zeigt Blick, wie das funktionieren soll.
Publiziert: 18.03.2024 um 17:55 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2024 um 11:51 Uhr
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ZHdK-Studentin Carla Opetnik leiht sich ein Megafon aus.
Foto: Vanessa Sadecky
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Vanessa SadeckyRedaktorin Green Circle

An der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) auf dem Toni-Areal erzählen schon die Wände von Nachhaltigkeit: Ein Gang im Untergeschoss ist mit dem Nachhaltigkeitsbericht der Kunsthochschule tapeziert. Druckfrisch sieht der Bericht allerdings nicht aus, ihn zieren Kritzeleien von Studierenden. Ein Fall von Vandalismus? «Nein, Feedback und Kritik sind gewollt», erklärt Studentin Carla Opetnik (32). Das sei wie ein Realitätscheck.

Die Kunstvermittlungsstudentin zeigt auf einen Satz im aufgehängten Bericht, der mit Filzstift-Fragezeichen versehen ist. «Hier will jemand wissen, was genau mit ‹attraktiven› und ‹erschwinglichen› nachhaltigen Menüs gemeint ist», sagt Opetnik. «Das ist nicht für jeden gleich, und die Preise in der Mensa wurden gerade erhöht. Da wäre es schon super, mehr Transparenz zu haben», sagt sie, während sie Richtung Mensa schlendert.

Wurst schlägt Aubergine

An der wild gemusterten Mensawand warten in digitaler Form weitere Nachhaltigkeitsinfos. Drei Bildschirme zeigen die Mittagsmenüs mit Klimaindex. Die Studierenden sollen so besser einschätzen können, ob ihr Wunschmenü klimafreundlich ist. «Mich überrascht die Auswertung manchmal. Heute zum Beispiel. Da ist das Fleischgericht mit Currywurst und Pommes das klimafreundlichste Menü», sagt Opetnik. «Wahrscheinlich liegt es daran, dass alle Hauptzutaten regional sind.» Sie greift trotzdem lieber zu den gefüllten Auberginen mit Frischkäseersatz. Laut Monitor ist der Einfluss aufs Klima hier auch noch mittelgross.

Am schlechtesten schneidet das dritte Menü ab. Beim veganen Kichererbsenreis wird die negative Klimawirkung als hoch angegeben. Ansonsten punktet die Mensa in Sachen Umweltfreundlichkeit mit den verschliessbaren Mehrwegtellern von Recircle.

Eistee ohne PET-Abfall

Nach der Mittagspause füllt Opetnik ihre Glaswasserflasche an einem Automaten mit Touchscreen und «Refill»-Neonschild. «Das könnte ich auch am WC-Lavabo machen, aber es ist praktischer an der Maschine. Auch weil da grosse Flaschen darunter passen.» Der Automat des ETH-Spin-offs Fountain soll besonders Fans von Süssgetränken dazu animieren, weniger PET-Flaschen zu kaufen: Aus der Maschine fliessen gegen Kleingeld auch Mate-Eistee oder Holunderblütenwasser.

Um die Flut an Wegwerfkaffeebechern auf dem Campus zu reduzieren, hat die Schule verschiedene Konzepte getestet. «Ein Versuch mit zurückbringbaren Keramikbechern ist leider gescheitert. Die Tassen waren zu schön und wurden oft nicht zurückgebracht», erinnert sich Opetnik schmunzelnd. Die Kunstschule setzt nun auf das Leihsystem von Kooky, das mit einem Depot von einem Franken funktioniert.

Die Hochschule hat ein weiteres Leihsystem etabliert. Über eine interne Plattform können Studierende und Mitarbeitende vom Megafone bis zur Bohrmaschine alles ausleihen.

Gratisbasar für Ungewolltes und Vergessenes

Zum Abschluss der Nachhaltigkeitstour zeigt Carla Opetnik eines ihrer Projekte an der Hochschule. Sie steuert auf ein begehbares Gebilde aus Holzlatten und Regalen zu. Hier findet sich ein Sammelsurium aus Kleidung, Kabeln, Büchern, Getränkeflaschen und sonstigen Alltagsgegenständen. Die Idee: Dinge und Fundsachen, die Studierende und Mitarbeitende nicht mehr brauchen oder nie abgeholt wurden, sollen neue Besitzer finden. «Man kann die Sachen einfach mitnehmen», erzählt Opetnik. Geschreinert hat die 32-Jährige das Gebilde aus alten Kellerlatten. Gerade tritt eine Dozentin aus dem Unterschlag. Sie hat ihr Ladekabel zu Hause vergessen und nun ein neues gefunden.

Der Gratisbasar hat einen besonderen Clou: «Um das Projekt zugänglicher zu machen, gibt es alle neu eingetroffenen Gegenstände auch digital», sagt Opetnik, nimmt einen Mantel und legt ihn auf ein gelbes Feld vor dem Gebilde. Eine Kamera macht anschliessend ein Foto des Mantels und stellt es in einen internen Chat. «So kann man bequem vom Handy aus checken, was es Neues gibt», sagt die Studentin. An der Schule gibt es noch zwei weitere solcher Zirkulationsplattformen: eine für Bücher und eine für schwere Gegenstände wie Baumaterialien.

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