Zwei Studentinnen bringen Menschen zusammen
«In Zürich kann man sich schnell einsam fühlen»

Städte wie Zürich gelten als schwieriges Pflaster, wenn es ums Kennenlernen geht. Zwei Studentinnen wollen das ändern: Mit Ivy Community bringen sie Menschen bei verschiedenen Events zusammen – von Sport bis Kreativworkshop.
Publiziert: 31.01.2025 um 14:51 Uhr
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Aktualisiert: 31.01.2025 um 15:03 Uhr
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Freunde finden kann schwierig sein. Deswegen gründeten die beiden Studentinnen Ines Schlumpf...
Foto: Thomas Meier

Auf einen Blick

  • Ivy Community bringt Menschen in Zürich über soziale Events zusammen
  • Gründerinnen wollen gegen Einsamkeit vorgehen und echte Freundschaften ermöglichen
  • Zwei bis vier Events pro Monat mit 10 bis 30 Teilnehmern
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Dennis BaumannRedaktor Gesellschaft

Es begann mit einer zufälligen Begegnung bei einem Lauftreff in Zürich: Ines Schlumpf (24) und Patricia Garcia (22) lernten sich dort kennen und wurden sofort Freundinnen. Nur wenige Tage später trafen sie sich wieder und waren sich einig: Sie möchten es auch anderen ermöglichen, sich auf diese Weise kennenzulernen. 

Dass es dafür eine Nachfrage gibt, bestätigte sich bald. Auf einer Party trafen sie auf zwei junge Männer aus Deutschland, die frisch nach Zürich gezogen waren. «Sie erzählten uns, wie schwierig es ist, hier Menschen kennenzulernen», erinnern sich Schlumpf und Garcia. «Plötzlich standen da zwei Leute vor uns, die genau das suchten, was wir machen wollten.» 

Einige Monate danach gründeten die beiden Studentinnen im April 2024 die Ivy Community – eine Plattform, die über soziale Events Menschen zusammenbringen will.

Gegen Einsamkeit

«Zürich kann eine egoistische Stadt sein», sagt die gebürtige Zürcherin Ines Schlumpf. Patricia Garcia, die selbst alle paar Jahre innerhalb Europas umgezogen ist und heute in Zürich wohnt, ergänzt: «Auch wenn man schon länger hier lebt, kann man sich schnell einsam fühlen.»

Ivy Community organisiert deshalb zwei bis vier Events pro Monat – von Sportaktivitäten über kreative Workshops bis hin zu geselligen Treffen. «Wir hatten schon Stand-up-Paddle, Yoga, Mal-Events oder Schmuck-Workshops. Wir denken uns immer etwas Neues aus», erzählen Schlumpf und Garcia. Tickets gibt es jeweils auf ihrer eigenen Website. Die Teilnehmerzahl variiert zwischen 10 und 30 Personen, je nach Veranstaltung.

Freundschaften, die halten

Zielgruppe seien sowohl Neuzugezogene als auch Einheimische. «Am Anfang waren es praktisch nur Expats, mittlerweile haben wir viele Zürcherinnen und Zürcher dabei», freut sich Schlumpf. Alle Events werden auf Englisch durchgeführt, damit sich auch Nicht-Deutschsprachige willkommen fühlen.

Was die beiden besonders motiviert: Sie sehen, wie aus ihren Events echte Freundschaften entstehen. «Eine Teilnehmerin aus Köln wollte ursprünglich wieder wegziehen, doch durch die hier gefundenen Freundschaften entschied sie sich, in Zürich zu bleiben», erzählt Schlumpf.

Schwieriger als früher?

Dass Menschen heute Mühe haben, neue Freundschaften zu schliessen, hat verschiedene Gründe, erklärt Psychologin Naima Ferrante (35). «Als Erwachsene sind wir oft weniger flexibel, unsere Ansprüche und Einstellungen zu ändern. Durch unsere Beziehungserfahrungen sind wir zudem häufig gehemmter, uns für andere zu öffnen.» Eine zentrale Rolle spiele dabei die Angst vor Ablehnung: «Als soziale Wesen sind wir immer bemüht, Ablehnung zu vermeiden. Manchmal ist es dann einfacher, uns in unser Schneckenhaus zurückzuziehen.»

Was Menschen davon abhält, neue Freundschaften zu schliessen, untersuchte 2020 auch eine Studie der Universität Nikosia (Zypern). Die genannten Hauptgründe: «wenig Vertrauen», «Mangel an Zeit» und «Introvertiertheit».

Auch die Digitalisierung nehme Einfluss darauf. «Alles ist heute viel anonymer, schneller und einfacher zu bekommen. Das führt dazu, dass wir uns weniger bemühen, in der realen Welt auf andere Menschen zuzugehen», so Ferrante. Allerdings gebe es auch Vorteile: Die digitale Welt ermöglicht es, mit Menschen zeit- und ortsunabhängig Kontakte aufzubauen und zu erhalten.

Events als Türöffner

Initiativen wie die Ivy Community können hier eine wichtige Brücke schlagen. Für den Erfolg solcher Veranstaltungen seien mehrere Faktoren entscheidend, erklärt Ferrante: Vertrauen schaffen, eine sichere Umgebung bieten, die Möglichkeit, etwas gemeinsam zu machen und nicht zuletzt Spass.

Dennoch brauche es Geduld: «Eine Veranstaltung kann Kontakte ermöglichen, aber nicht garantieren, dass sie bestehen bleiben. Freundschaften brauchen Zeit.» Die Mühe lohne sich aber in jedem Fall, sagt die Psychologin. Menschen mit guten sozialen Beziehungen seien zufriedener und gesünder – und leben als Konsequenz länger.

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