Weltlage hat Einfluss auf unsere Wahl von Film und Buch
«Bitte nichts Schlimmes!»

Im Kino boomen Fantasy- und Kinderfilme, im Buchhandel Regionalkrimis. Beides hat mit der düsteren Weltlage zu tun. Eine Psychologin erklärt, inwiefern – und ab wann es zum Problem wird. Und was dann hilft.
Publiziert: 31.03.2025 um 17:41 Uhr
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Aktualisiert: 31.03.2025 um 17:42 Uhr
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Die düstere Weltlage wirkt sich auch auf uns Schweizerinnen und Schweizer aus. Kinderfilme wie «Snow White» sind derzeit gefragt.
Foto: zvg

Darum gehts

  • Weltkrisen beeinflussen Schweizer Buch- und Filmgeschmack
  • Krimis boomen seit Jahren
  • Schweiz fällt im Weltglücklichkeitsranking zurück
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Rebecca WyssRedaktorin Gesellschaft

Die Geschichte zieht sofort rein. Eine Mordkommissarin in Bern lernt eines Tages einen Mann kennen, der mit seiner Vergangenheit hadert: Seine Mutter verschwand spurlos an seinem fünften Geburtstag. Lebt sie noch? Die beiden ermitteln auf eigene Faust und sind auf einmal einem mutmasslichen Massenmörder auf der Spur, von dem niemand gewusst hat. So erzählt es die Emmentaler Schriftstellerin Christine Brand im Buch «Vermisst. Der Fall Anna». Vergangenes Jahr war dies das meistverkaufte Belletristik-Buch in der Schweiz. Und das ist kein Zufall.

Krieg, Klima, Trump – die Welt ist aus den Fugen geraten und das wirkt sich auf uns in der Schweiz aus. Wir wenden uns im Kino dem Fantastischen zu. 2024 landeten lauter Kinderfilme und Fantasy-Stoffe in den Kino-Charts: «Alles steht Kopf», «Vaiana 2», «Mufasa: Der König der Löwen» und «Dune: Part Two». Gerade ist mit «Snow White», der mit Schauspielern verfilmte Disney-Klassiker, angelaufen. Und Gespräche mit Verantwortlichen aus dem Buchhandel zeigen: Auch unser Büchergeschmack hat sich verändert. 

Ins Vertraute eintauchen

Das bekommen jene zu spüren, die täglich mit Menschen Kontakt haben: die Buchhandlungen. Tanja Bhend ist Geschäftsführerin von «Buch am Platz» in Winterthur und sagt: «Die Kundinnen und Kunden verlangen öfter als früher nach Büchern, die einfach schön sind.» Familiengeschichten. Freundschaftsgeschichten. Natur. Wandern. Garten. Viele Leute kämen in ihren Laden mit dem expliziten Wunsch: «Bitte nichts Schlimmes!» «Sie flüchten in eine sichere, heile Welt», sagt Bhend. Krieg, Gewalt und Klimawandel – davon wollen sie nicht auch noch in Büchern lesen. Die Literatur etwa, die anlässlich des Jubiläums zum Ende des Zweiten Weltkriegs herauskomme, sei ebenfalls wenig gefragt, erzählt die Geschäftsführerin.

Ähnlich klingt es bei Tanja Messerli. Sie ist Geschäftsführerin des Schweizer Buchhandels- und Verlags-Verbands (SBVV) und sagt: «Wir beobachten, dass der Trend bei den Bestsellern Richtung leichtere Stoffe geht.» Geschichten mit Spannung. Gerne mit Lokalkolorit. Deshalb boomen Regionalkrimis. Neben Brand gehören auch Silvia Götschi und Philipp Gurt mit genau solchen Werken zu den meistgelesenen Belletristik-Büchern des letzten Jahres. Mit Titeln wie «Die Tote im St. Moritzersee» oder «Alpstein». Den Erfolg erklärt Messerli vom SBVV so: «Beim Lesen von Schweizer Krimis empfinden wir die Ausgangslage als vertraut.» Von da aus könne man fremde Orte entdecken und überraschende Situationen erleben, ohne das als Risiko wahrzunehmen.

Manche werden depressiv

Eskapismus. Weltflucht. Das ist so alt wie der Mensch selbst. Doch was bedeutet das genau und was passiert dabei mit uns?

Antwort weiss die Psychotherapeutin Yvik Adler. Sie hat eine Praxis in Solothurn und sagt: «Ich beobachte derzeit einige Entwicklungen, die problematisch sein können.» Die einen tendierten dazu, sich von den Weltkrisen abzuschotten. «Sie informieren sich nicht mehr.» Sie wenden sich Harmonischem, Privatem zu – Familie, Freunde, Hobbys. Sie flüchten und verdrängen. Die anderen tun das Gegenteil: Sie steigern sich hinein. Das sieht Yvik Adler in ihrer Praxis. Dort sitzen manchmal Menschen, die sich rund um die Uhr über alle Kanäle mit dem Grauen der Welt beschäftigen. Sie kämen nicht mehr zur Ruhe, sagt sie. «Manche werden depressiv.» 

Es gibt noch einen Aspekt, sagt Adler: «Ist die Weltlage bedrohlich, verlieren manche das Vertrauen in die Menschen.» Kürzlich zeigte der Weltglücklichkeitsbericht der Universität Oxford: Genau dieses Vertrauen hat in der Schweiz abgenommen. Die Folge: Wir sind im Glücklichkeitsranking zurückgefallen, stehen auf Platz 13. Vor zehn Jahren waren wir noch auf Platz 1, vor vier Jahren auf Platz 3.

Was also tun? Die Therapeutin Adler rät: Sich über die Weltlage informieren – aber dosiert. Und den Krisen aktiv etwas entgegensetzen. Für Projekte spenden, einer Partei beitreten, sich sozial engagieren. Im Sinne von Martin Luther, der gesagt haben soll: «Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.»

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