Auf einen Blick
- Werbung hat sich verändert: Von faktischen Spots zu emotionalen Geschichten
- Schweizer mögen bodenständige, humorvolle und nicht zu extreme Werbung
- TV-Werbung ist teurer geworden, vor 60 Jahren kosteten 30 Sekunden 3600 Franken
«Die Besten trinken Ovo!», sagt eine Männerstimme und wiederholt mantramässig immer wieder «Ovo», währenddessen sieht man Buben schwimmen und Fussball spielen. 1965, Anfang Februar, war Ovomaltine der erste Werbespot im Schweizer Fernsehen. In diesen 60 Jahren hat sich einiges in der Branche verändert.
Herr Dainese, welcher ist der erste Werbespot, an den Sie sich erinnern?
Livio Dainese: An den Spot der Waschmittelmarke «Weisser Riese». Diese vielen weissen Leintücher an der Wäscheleine. Die Message war so simpel. Es reicht für viel Wäsche, und es macht sehr weiss.
Würde der heute noch funktionieren?
Es braucht nicht immer ein «Theäterle». Spots, die faktisch sagen, was ein Produkt kann, funktionieren noch, es gibt sie aber seltener.
Was gibt es heute mehr?
Werbung mit Emotionen, in denen eine Geschichte erzählt wird. Früher gab es in Schweizer Spots am Ende oft eine lustige Pointe. So blieb die Marke in Erinnerung. Aber diese Erzählstruktur ist heute ganz anders.
Inwiefern?
Im klassischen TV konnte man eine Geschichte aufbauen, und die Lösung kommt am Ende. Das funktioniert digital nicht. Dort muss man nach spätestens drei bis vier Sekunden einen Aufreger liefern.
Er ist der Erfinder vom Weihnachtswichtel Finn der Migros, der mit seinem «Miiep» die halbe Schweiz zu Tränen rührt, von den Steinböcken Gian und Giachen, die mit ihren Sprüchen im Bündner Dialekt die Region Graubünden vertreten und von den Schweiz-Tourismus-Spots, die mit Roger Federer und anderen Stars wie Robert De Niro und Mads Mikkelsen unsere Heimat bewerben. Livio Dainese (51), Co-CEO der Werbeagentur Wirz, Werber des Jahres 2018, lebt in Aarau.
Er ist der Erfinder vom Weihnachtswichtel Finn der Migros, der mit seinem «Miiep» die halbe Schweiz zu Tränen rührt, von den Steinböcken Gian und Giachen, die mit ihren Sprüchen im Bündner Dialekt die Region Graubünden vertreten und von den Schweiz-Tourismus-Spots, die mit Roger Federer und anderen Stars wie Robert De Niro und Mads Mikkelsen unsere Heimat bewerben. Livio Dainese (51), Co-CEO der Werbeagentur Wirz, Werber des Jahres 2018, lebt in Aarau.
Welchen Stellenwert hat Fernsehwerbung heute noch?
TV-Werbung ist immer noch das effektivste Werbemittel, um eine grosse Masse zu erreichen. Und immer noch der beste Weg, möglichst vielen schnell zu sagen, wer man ist. Vor allem in einem kleinen Markt, wie es die Schweiz ist. Aber sie ist verhältnismässig teuer.
Vor 60 Jahren kosteten 30 Sekunden 3600 Franken. Heute?
Viel teurer. In der Tendenz versucht man heute kürzere Spots zu machen, wegen der Kosten. Eine Faustregel: Je mehr Emotionen man transportieren will, desto länger der Spot.
Apropos Emotionen. Wie kam diese Tradition mit emotionalen Weihnachtsspots?
In der Schweiz hat die Migros damit angefangen. Brands, für die das Weihnachtsgeschäft entscheidend ist, machen das und investieren dementsprechend auch. An Weihnachten sind wir empfänglicher für Emotionen, für Rührseliges. Die Leute wollen eine Weihnachtsgeschichte.
An dieser Stelle muss man sagen, Sie sind der Erfinder des Wichtels Finn. Warum braucht es Finn?
Früher hat man einfach angepriesen: das Filet im Teig, die Weihnachtssalami etc. Heute macht man eine emotionale Geschichte, weil man die Leute an das Unternehmen binden will. Dort wollen auch die Kinder lieber hin. Finn ist der neue Knorrli. Es gibt eine ganze Produktwelt zu Finn.
Das müssen Sie mir nicht sagen. Dank Ihnen haben wir daheim im Kinderbett zwei Finns.
Oh, Entschuldigung (lacht). Wir bekamen Reklamationen, als wir mit Finn aufhörten. Werbung ist dann gut, wenn es die Leute wieder verlangen. Daher kam er zurück, letztes Weihnachten fand er die Liebe. Wer weiss, was dieses Jahr passiert?
Was mögen die Schweizer für Werbung?
Die Schweizer werden nicht so gerne angeschrien. Ein «Geiz ist geil»-Slogan wie in Deutschland funktioniert hier nicht. Wir mögen eher feine Werbung, die Nähe schafft. Auch Selbstironie, man möge es kaum denken. Und gerne Schweizerdeutsch. Wenn wir aus Deutschland etwas adaptieren, dann auf Hochdeutsch mit Schweizer Akzent. Die Leute regen sich schnell auf, wenn einer in geschliffenem Bühnendeutsch spricht und die Rede von «parken» ist.
Haben Sie ein Beispiel für eine Werbung, die bei uns gut funktioniert?
«Liebe Mobiliar», die Schadensmeldungen der Versicherung. Da gibt es auch bessere und schlechtere. Toll finde ich den, der im Skigebiet beim Parkieren mit dem Auto in ein Toi Toi fährt, in dem noch ein Snowboarder drin ist. Die Schweizer mögen Bodenständigkeit, Tradition, Humor, aber nicht zu extrem in jeder Hinsicht.
So wie die Werbung vom Appenzeller Käse?
Ja, das ist ein gutes Beispiel. Beim Appenzeller Käse ist es das Geheimnis, bei der Mobiliar immer eine Schadensmeldung. Wenn Leute eine Klammer entdecken, funktioniert das gut.
Ikonische Werbungen sind oft von grossen Marken wie von Marlboro, Coca-Cola oder McDonald’s. Haben sie es einfacher, gute Werbung zu machen?
Wenn sie mehr Budget haben, können sie bessere Leute engagieren und kriegen bessere Geschichten. Andererseits haben globale Multikonzerne viele Regeln. Da kommt schnell etwas Flaches, Gewaschenes raus.
Wie etwa bei Versicherungen, Krankenkassen oder Waschmittel?
Genau. Waschmittelwerbung wäre mal eine Herausforderung. Klassische Waschmittelwerbung ist so penetrant damit, wenn ich vor dem Regal mit hundert Sorten Waschmittel stehe, nach dem bekannten Produkt greife.
Das Waschmittel Perwoll mit dem Slogan «Neu? Nein, mit Perwoll gewaschen», der ab 1985 lief, hat sich weiterentwickelt, habe ich gesehen.
Ja, sie machen eine Persiflage von ihrer eigenen Werbung. Das ist gut, funktioniert aber nur, wenn man die Ursprungswerbung kennt.
Apropos Slogans. Was halten Sie von «Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso»?
Der ist natürlich sehr eingängig. Aber stimmt heute so nicht mehr. Die Eltern macht es nicht froh, wenn die Kinder kaputte Zähne bekommen. Sie wissen, wie Kinder den Spruch auf dem Pausenplatz adaptiert haben?
Nein.
Haribo macht Kinder fett, das steht sogar im Internet.
«Wohnst du noch oder lebst du schon?»
Grossartig, da geht eine Welt auf. Das ist mehr als ein Satz, das ist eine Idee.
«Morgens halb zehn in Deutschland». Auch nicht gerade gesund, morgens Knoppers zu essen.
(Lacht.) Der ist auch gut. Die haben es sogar geschafft, eine Uhrzeit für sich zu beanspruchen.
Der KI-Einsatz bei der berühmten Coca-Cola-Werbung sorgte letzten November für grosse Kritik. Wie sehen Sie KI-generierte Werbung?
Das war Strategie. Sie machten das, weil sie wussten, dass alle darüber reden und schreiben werden. Das garantierte ihnen grosse Aufmerksamkeit. Aber warum sollte man einfache Spots nicht mithilfe von KI machen? Das ist vielleicht ökologischer.
Beim Blick Live Quiz spielst du dienstags und donnerstags (ab 19.30 Uhr) um bis zu 1'000 Franken aus dem Jackpot. Mitmachen ist ganz einfach. Du brauchst dazu lediglich ein iPhone oder ein Android-Handy.
- Suche im App-Store (für iOS) oder im Google Play Store (für Android) nach «Blick Live Quiz».
- Lade die «Blick Live Quiz»-App kostenlos runter und registriere dich.
- Wichtig: Aktiviere die Pushnachrichten, sodass du keine Sendung verpasst.
- Jetzt kannst du dein Wissen mit anderen Usern und Userinnen messen.
Beim Blick Live Quiz spielst du dienstags und donnerstags (ab 19.30 Uhr) um bis zu 1'000 Franken aus dem Jackpot. Mitmachen ist ganz einfach. Du brauchst dazu lediglich ein iPhone oder ein Android-Handy.
- Suche im App-Store (für iOS) oder im Google Play Store (für Android) nach «Blick Live Quiz».
- Lade die «Blick Live Quiz»-App kostenlos runter und registriere dich.
- Wichtig: Aktiviere die Pushnachrichten, sodass du keine Sendung verpasst.
- Jetzt kannst du dein Wissen mit anderen Usern und Userinnen messen.