Margrit Stamm machte Karriere nach 40
Von der Vollzeithausfrau zur Professorin

Eine Schweizer Studie offenbart: Über 90 Prozent der Frauen wollen sich beruflich weiterentwickeln, doch sind sie über 40 alt, stehen die Chancen für sie schlecht. Margrit Stamm brach das Muster und machte Karriere.
Publiziert: 21.06.2024 um 17:11 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2024 um 17:43 Uhr
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Margrit Stamm war erst Lehrerin, als ihre Kinder auf die Welt kamen, wurde sie Hausfrau. Dann legte sie eine akademische Karriere hin.
Foto: Zvg
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Sara BelgeriRedaktorin

«Ich habe meine Karriere nie geplant», sagt Margrit Stamm (73). Trotzdem ist der emeritierten Professorin für Erziehungswissenschaften etwas gelungen, was viele Frauen nicht schaffen: Karriere machen nach 40. Und das, nachdem sie jahrelang zu Hause geblieben und die Kinderbetreuung übernommen hatte. 

Welche Schwierigkeiten Frauen über 40 auf dem Arbeitsmarkt haben, zeigt eine neue Studie von Advance. Blick berichtete darüber. Der Verband setzt sich für die Geschlechtergleichstellung in der Schweizer Wirtschaft ein. 1200 berufstätige Frauen, die in Grossunternehmen arbeiten, haben an der Umfrage teilgenommen. Das Ergebnis: Mehr als 90 Prozent der Befragten würden sich gerne beruflich weiterentwickeln. Wenn sie über 40 Jahre alt sind, stehen ihre Chancen aber schlecht.

Die Kinderbetreuung ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Frauen in dieser Altersgruppe im Vergleich zu Männern karrieretechnisch weniger weit sind. Sobald Familien gegründet würden – meist im Alter um die 30 – reduziere einer der beiden Partner das Pensum, schreibt Advance. «In der Schweiz ist das in der Regel immer noch die Frau.»

Als Hausfrau hat sie sich gelangweilt

Das war auch bei Margrit Stamm der Fall. Bevor ihre zwei Kinder auf die Welt kamen, unterstützte sie die Familie finanziell. Stamm arbeitete als Lehrerin, während ihr Mann sein Medizinstudium abschloss. «Danach war ich acht Jahre lang ausschliesslich zu Hause und habe mich um die Kinder gekümmert.»

Stamms Karriere verlief nicht linear. «Ich hatte viele Rückschläge», sagt sie rückblickend. Zum Beispiel, als sie Kinderpsychologin werden wollte und nicht in ihrem Wunsch-Diplomlehrgang aufgenommen wurde. Als Hausfrau habe sie sich manchmal gelangweilt, sagt sie. Also entschied sie sich mit 35 dazu, an der Universität Zürich Psychologie, Soziologie und Pädagogik zu studieren. Ihre Kinder waren damals acht und fünf Jahre alt.

Unterstützung erhielt sie von ihrem Mann: «Er verlegte seine Arbeitszeiten und kam über den Mittag heim, um zu kochen.» Es sei aber keine einfache Zeit gewesen, sagt Stamm. In den 80er und 90er-Jahren sei von einer Frau erwartet worden, dass sie ihrem Mann den Rücken stärke. «Ich war definitiv eine Aussenseiterin.» 

Mit Anfang 40 promovierte sie, neun Jahre später folgte die Habilitation. Stamm war zwar nicht in der Privatwirtschaft tätig, aber auch sie musste erfahren, dass es in diesem Alter schwierig ist, aufzusteigen. Zuvor hatte sie sich erfolglos als Professorin an deutschen Unis beworben. Stamm erinnert sich: «Sie haben meine Unterlagen mit der Begründung zurückgeschickt, dass ich es nicht in die Auswahl geschafft hatte, weil ich zu alt sei.»

«Ich würde mich nicht mehr so abhängig machen»

Die Advance-Studie zeigt, dass viele Firmen nicht in Frauen nach der Familienpause investieren. Bei Margrit Stamm setzte sich ein Mentor dafür ein, dass sie sich an der Universität Freiburg habilitierte. «Ich glaube, wenn man Karriere machen will, ist es wichtig, Mentorinnen oder Mentoren zu haben», sagt Stamm. «Vor allem, wenn man so wie ich eine Spätzünderin ist.»

Sie habe ein wunderbares Leben und Karriere gehabt, sagt Stamm. Und einen ungewöhnlichen Werdegang. «Im Gegensatz zu vielen anderen Frauen konnte ich mich zwischen 40 und 50 entfalten.» Trotzdem würde sie rückblickend einiges anders machen. Sie sei zu naiv gewesen: «Mein Mann hat mir viel Vertrauen geschenkt und mich enorm unterstützt. Trotzdem würde ich mich aus heutiger Sicht nicht mehr so abhängig machen.» 

Deshalb rät sie jungen Paaren: «Früh diskutieren, wie man es macht, wenn Kinder da sind. Und am besten eine Vereinbarung treffen.» Sodass die Frauen karrieretechnisch nicht zurückstecken müssen.


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