Man könnte meinen, zwei Tage vor dem Kinostart seines Filmes «Echte Schweizer» sei Regisseur Luka Popadić etwas gestresst. Zum Interview kommt er tatsächlich einige Minuten zu spät – Grund waren aber nicht die vielen Termine, sondern seine Datsche (Garten- oder Wochenendhäusschen) in Belgrad. Sie ist letzte Nacht abgebrannt. Doch der 43-Jährige nimmt es mit Humor – und zeigt sogar Fotos des abgebrannten Wochenendhauses.
Blick: Würden Sie für die Schweiz sterben?
Luka Popadić: Ja.
Und für Serbien?
Bedingt. Ich vertraue der Schweiz mehr als der serbischen Gesellschaft. Die Schweizer Gesellschaft ist sehr reif. Wir haben einen grossen gesellschaftlichen Zusammenhalt, die direkte Demokratie und ein funktionierendes politisches System. Das ist enorm schützenswert. Und das ist es, wofür ich mein Leben geben würde.
Stört es Sie, dass es keine Secondos an der Spitze des Militärs gibt?
Für mich ist das, wie wenn man in einem Fussballteam 30 Prozent seiner Spieler nicht aufstellt. So vergibt man sich eine Chance. Aber das ist kein Problem, das nur das Militär hat. Die Armee ist ein Spiegel der Gesellschaft. Aber ich gehe davon aus, dass meine Kinder Offiziere mit Migrationshintergrund an der Armeespitze erleben werden.
Luka Popadić kam 1980 als Sohn serbischer Eltern in Baden AG zur Welt. An der Universität Zürich absolvierte er ein Studium der Politikwissenschaft und Geschichte. Nach einer viermonatigen Grundausbildung in der Schweizer Armee verlängerte er seinen Dienst freiwillig, um Offizer zu werden. Von 2009 bis 2014 studierte er Film-Regie in Belgrad. Die Spielfilme und Dokumentationen, die er während seines Studiums inszenierte, wurden auf über 170 Festivals weltweit gezeigt und mehr als 25 Mal ausgezeichnet. Sein neuer Film «Echte Schweizer», den er mit Aline Schmid produzierte, gewann an den 59. Solothurner Filmtagen den Publikumspreis.
Luka Popadić kam 1980 als Sohn serbischer Eltern in Baden AG zur Welt. An der Universität Zürich absolvierte er ein Studium der Politikwissenschaft und Geschichte. Nach einer viermonatigen Grundausbildung in der Schweizer Armee verlängerte er seinen Dienst freiwillig, um Offizer zu werden. Von 2009 bis 2014 studierte er Film-Regie in Belgrad. Die Spielfilme und Dokumentationen, die er während seines Studiums inszenierte, wurden auf über 170 Festivals weltweit gezeigt und mehr als 25 Mal ausgezeichnet. Sein neuer Film «Echte Schweizer», den er mit Aline Schmid produzierte, gewann an den 59. Solothurner Filmtagen den Publikumspreis.
Im Film äussern sich die Protagonisten teilweise auch kritisch zum Militär. Gab es Leute, die sich nicht trauten, sich negativ zu äussern?
Ja, das war eine grosse Angst der Protagonisten. Um ehrlich zu sein, auch von mir. Gerade als Secondo will man nicht negativ auffallen bei einem Thema wie dem Militär. Das zu überwinden, war für uns alle eine grosse Herausforderung. Aber mit genügend Zeit, Offenheit und Vertrauen haben wir es geschafft.
Sie sind Regisseur des Films. Weshalb haben Sie sich entschieden, auch vor der Kamera mitzumachen?
Wegen unserer Cutterin Katharina Bhend. Anfangs wollte ich gar nicht. Wir hatten schon eine fertig untertitelte Version ohne meine Geschichte. Aber Katharina überzeugte mich dann, zu erzählen, wieso ich im Militär weitergemacht habe.
Sie erzählen dabei auch vom Tod ihrer Mutter während der RS. War es schwer für Sie, so etwas Persönliches in einem Film zu teilen?
Es war ein sehr schwieriger Prozess. Aber das ist Teil meines Lebens, und jeder trägt sein eigenes Kreuz. Das Militär hat mir in dieser schweren Zeit geholfen, Halt zu finden.
Auffallend am Film, den sie während acht Jahren gedreht haben, ist der lockere Ton und die vielen witzigen Elemente.
Das Thema mit einem mahnenden Zeigefinger zu erzählen, wäre uninteressant.
Aber passt es zum Thema? Heute hat die Armee durch den Ukraine-Krieg für viele wieder einen anderen Stellenwert. Würden Sie den Film heute anders gestalten?
Das ist eine gute Frage. Jein. Ich habe bereits 2016 mit den Dreharbeiten begonnen, da war die Situation noch ganz anders. Grundsätzlich will ich nicht Filme machen, die tagespolitisch sind. Vermutlich würde ich heute von der Tonalität her einige Dinge minim anders machen, aber an der Fragestellung würde sich nichts ändern. Dass man das Thema so locker angehen kann, hat aber auch viel mit der Neutralität der Schweiz zu tun.
Wie meinen Sie das?
Estland und Lettland befinden sich beispielsweise in einer komplizierten Lage im Moment. Die Esten haben eine russische Minderheit von 25 Prozent. Die sind alle militärdienstpflichtig. Unsere Neutralität dient auch dem inneren Frieden. Das geht in der ganzen Diskussion oft vergessen.
Was hoffen Sie, nimmt das Publikum von Ihrem Film mit?
Ich hoffe, dass der Film einen gesellschaftlichen Diskurs vorantreibt. Ich hoffe auch, dass er zwischen links und rechts ein wenig versöhnt. Dass die Linken vielleicht merken, dass das Militär nicht nur scheisse ist und die Rechten, dass die «Papierli-Schweizer» genauso echte Schweizer sein können.