Jede Sekunde zählt
Sind Schwimmwesten sicherer als Flügeli?

Kinder von Stand-up-Paddlern, die ohne Schwimmhilfe weit ab vom Ufer auf dem Board ihrer Eltern sitzen, sind auf Schweizer Seen keine Seltenheit. Christoph Merki von der SLRG weiss, warum solche Situationen gefährlich sind.
Publiziert: 08.07.2023 um 20:05 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2024 um 14:01 Uhr
Kinder mit Schwimmwesten springen von einem Floss ins Wasser.
Foto: Getty Images
Christa Hürlimann
Schweizer Illustrierte

Herr Merki, Sie empfehlen, Kindern öfter mal präventiv eine Schwimmweste anzuziehen. In welchen Situationen ist dies besonders angebracht?
Christoph Merki*: Immer dann, wenn man mit Kindern auf offenen Gewässern unterwegs ist, zum Beispiel beim Stand-up-Paddeln, mit dem Gummiboot oder anderen aufblasbaren Gefährten. Wo Kinder ins Wasser fallen könnten, ist eine Schwimmweste angebracht, ganz besonders dann, wenn sie noch nicht gut schwimmen können. Aber eigentlich empfehlen wir allen, ob Kind oder Erwachsene, in den beschriebenen Situationen immer eine Schwimmweste zu tragen.

Welche Vorteile haben Schwimmwesten gegenüber Flügeli?
Westen sind einiges sicherer als Schwimmflügel, denn sie können nicht abrutschen und halten die Trägerin oder den Träger sicherer an der Wasserobfläche. Gerade bei kleinen Kindern ist der Kopf im Verhältnis zum Körper relativ schwer, sodass sie schneller kopfüber nach unten kippen. Wenn Nase und Mund unter Wasser sind und das Kind zu wenig Kraft hat, den Kopf zu heben, nützen ihm Schwimmflügel nichts mehr. Noch sicherer als Schwimmwesten sind übrigens Rettungswesten: Diese haben einen Kragen, der den Kopf zusätzlich stützt, und drehen eine bewusstlose Person im Notfall auf den Rücken. Rettungswesten sind allerdings etwas «klobiger» als Schwimmwesten und eignen sich daher beispielsweise nicht, um längere Strecken zu schwimmen.

Die SLRG empfiehlt, auf dem Gummiboot eine Schwimmweste zu tragen – so wie die Person rechts im Bild.
Foto: keystone-sda.ch

Wann ist es obligatorisch, eine Schwimmweste zu tragen?
Tragen muss man sie nicht. Ausserhalb der äusseren Uferzone, also weiter als 300 Meter vom Ufer entfernt, ist das Mitführen einer Schwimmweste beziehungsweise einer Rettungsweste für Paddelboote, zu denen auch Stand-up-Paddel-Boards gehören, für Schlauchboote oder Ruderboote und auf Flüssen zum Beispiel für Gummiboote obligatorisch – was aber eben nicht dazu verpflichtet, die Weste auch zu tragen. Die SLRG empfiehlt es aber. Man rechnet halt nie damit, dass etwas passiert, aber wenn man unerwartet in Not gerät, ist es oft zu spät, um noch kurz die Weste zu schnappen und anzuziehen. Hier ist Eigenverantwortung gefragt.

Gerade unter Stand-up-Paddlern sieht man häufig Kinder, die ohne Weste auf dem Board ihrer Eltern sitzen – manchmal auch ziemlich weit draussen auf dem See.
Es ist tatsächlich auch für Kinder nicht obligatorisch, eine Weste anzuziehen, aber die SLRG empfiehlt es auch hier wärmstens. Man kann die Zeit auf dem See dann auch einfach entspannter geniessen. Und wer mit Kindern unterwegs ist, hat mehr Zeit zum Reagieren, falls eines ins Wasser fällt. Denn gerade in Seen kann das Wasser trüb sein, und dort ist es umso schwieriger, ein Kind überhaupt zu finden, wenn es unter die Wasseroberfläche gerät. In so einer Situation muss es schnell gehen, da zählt jede Sekunde. Zudem geschieht Ertrinken oft lautlos.

Was müssen SUPler sonst noch beachten?
Gerade wer alleine unterwegs ist, sollte ebenfalls unbedingt eine Weste tragen, und sie nicht nur auf dem Brett festgezurrt mitführen. Erwachsene oder auch Jugendliche ab einem gewissen Alter können zwar sich und die Begebenheiten einschätzen, trotzdem können auch sie unerwartet in Schwierigkeiten geraten, etwa wenn sie schon länger am Paddeln sind, sich der Körper erhitzt hat und sie plötzlich ins kalte Wasser fallen. Wer einen Muskelkrampf oder einen Kälteschock erleidet, ist meist gar nicht mehr in der Lage, die Weste noch anzuziehen … Deshalb ist es auch wichtig, sich vor dem Paddeln anzunetzen, wie wenn man schwimmen gehen würde. Und es empfiehlt sich, nicht alleine aufs Wasser zu gehen, sondern mindestens eine Begleitperson in der Nähe zu haben. Zudem müssen alle Paddler ihre SUP-Boards und Gummiboote mit ihrem Namen und Adresse beschriften, das ist obligatorisch. Idealerweise schreibt man auch die Telefonnummer dazu.

Warum ist das Beschriften so wichtig?
Wenn so ein Gefährt ohne Passagiere an ein Ufer gespült wird, weiss man nicht, ob die Person an Land ist oder irgendwo im Wasser Hilfe braucht. Es gab schon aufwändige Suchaktionen wegen solcher Fälle – bis festgestellt wurde, dass die Eigentümerin oder der Eigentümer am Strand eingeschlafen sind und nicht gemerkt haben, dass ihr Board oder Boot weggetrieben wurden …

*Christoph Merki ist Mediensprecher der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG.

Tipps für Touren mit SUP oder Gummiboot gibts auf der Website der SLRG.

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Blick+ Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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