Interview mit Techno-Pionier Wolfgang Flür
«Die dachten, das käme alles eh aus dem Computer»

Wolfgang Flür (76) kam 1973 zu Kraftwerk und wurde so als Mitglied des «klassischen Line-ups» in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen. Auf dem Weg zum Ruhm musste der erste elektronische Drummer der Welt auch Fusstritte einstecken.
Publiziert: 13.01.2024 um 16:59 Uhr
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Aktualisiert: 13.01.2024 um 18:26 Uhr
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Wolfgan Flür gehört zum «klassischen Line-up» von Kraftwerk.
Foto: MARKUS LUIGS
Christoph Soltmannowski

Blick: Wolfgang Flür, wie kamen Sie damals zur Musik?
Wolfgang Flür: Erst war ich bei den Beathovens und dann bei den Spirits of Sounds: Wir hörten und spielten viel Psychedelic, The Birds, King Crimson, Jimi Hendrix. Keith Moon von The Who war mein Idol. Ich habe ihn imitiert, auch mit meiner Ponyfrisur.

Dann kamen Ralf Hütter und Florian Schneider, die Gründer von Kraftwerk, auf Sie zu.
Erst fand ich ihre Musik furchtbar. Sie tönte wie Stuka-Angriffe. Doch dann kam «Autobahn», das war melodiös, das gefiel mir. Und ihnen gefiel, dass ich so minimal trommelte.

Und dann waren Sie gleich beim ersten Kraftwerk-Fernsehauftritt dabei.
Ja, 1973, in der ZDF-Kultursendung «Aspekte». Heute auf Youtube zu finden – da sah ich noch aus wie ein Hippie. Und rückblickend spielte ich da wie eine Schlaftablette.

Sie spielten da bereits Elektro-Drums.
Bis dahin hatte Kraftwerk nur ein Kinderschlagzeug im Studio stehen. Deshalb haben wir schnell das elektronische Schlagzeug gebaut, mit einer der ersten Rhythmusgeräte. Mit den Kabeln und den Metallplatten war es für die Kameraleute der Hingucker.

Kraftwerk setzte dann immer mehr auf Elektronik. Wie kam das an?
Erst mal ja gar nicht. Wir wurden niedergemacht in Deutschland, als unsere ersten Stücke herauskamen. «Verrückte Knöpfchendreher, Idioten», hiess es. Die dachten, das käme alles eh aus dem Computer. Im Düsseldorfer Szenelokal Ratinger Hof wurde ich sogar mal heftig getreten. 

Sie sind 1986 bei Kraftwerk ausgestiegen. Ralf Hütter ist – mit neuen Bandmitgliedern – nach wie vor weltweit unterwegs. Allerdings kamen seit den späten Achtzigern nur wenige neue Songs dazu. Bereuen Sie Ihren Ausstieg dennoch?
Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, 38 Jahre lang jedes Mal wieder «Autobahn», «Die Roboter» und «Das Model» zu spielen. Da müsste ich mir jeden Abend eine Spritze geben, um das auszuhalten.

Wolfgang Flür live im Museum

Ex-Kraftwerker Wolfgang Flür kommt nach Zürich: In der Ausstellung und Eventreihe «Techno Worlds/The Pulse of Techno» in der Photobastei in Zürich (noch bis 31.März) präsentiert er am 2. Februar in seiner Performance aktuelle, tanzbare Tracks. Am 1. Februar findet am selben Ort zudem ein Live-Talk mit ihm statt.

Ex-Kraftwerker Wolfgang Flür kommt nach Zürich: In der Ausstellung und Eventreihe «Techno Worlds/The Pulse of Techno» in der Photobastei in Zürich (noch bis 31.März) präsentiert er am 2. Februar in seiner Performance aktuelle, tanzbare Tracks. Am 1. Februar findet am selben Ort zudem ein Live-Talk mit ihm statt.

1999 erschien Ihre Autobiografie «Ich war ein Roboter» – wegen einiger Passagen sahen Sie Ihre Ex-Kollegen Ralf und Florian vor Gericht wieder.
Das war sehr unerfreulich, es gab Ärger und Missverständnisse. Mit Florian Schneider habe ich mich vor seinem Tod im Jahr 2020 wieder versöhnt. Wir begegneten uns 2016 zufällig in einem Restaurant, da sagte er mir: «Unsere 15 gemeinsamen Jahre, das war die beste Zeit gewesen!»

Zwar nehmen Sie in Ihrer Liveshow Bezug auf Kraftwerk, auch ironisch – Sie lebt aber auch von ganz neuen Impulsen. Was ist als Nächstes zu erwarten?
Im September wird mein Album «Time» erscheinen. Tolle Leute wirken mit: Peter Hook von New Order, Thomas Bangalter von Daft Punk, U96 aus Hamburg – und Juan Atkins aus Detroit. Dance-Versionen der Songs werde ich schon in Zürich präsentieren.

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