Auf einen Blick
• Experte erklärt Trend zu minimalistischen Logos und negative Reaktionen darauf
• Marken riskieren Austauschbarkeit und Verlust emotionaler Kundenbindung durch Minimalismus
• Werbebudgets für digitale Kanäle betragen bis zu 70 Prozent des Gesamtbudgets
Immer mehr Unternehmen setzen auf minimalistische Logos. Der britische Autohersteller «Jaguar» hat Ende November sein Logo geändert und die Raubkatze durch einen simplen Schriftzug ersetzt. Die Reaktionen in den sozialen Medien fielen grösstenteils negativ aus.
Die Automarke reiht sich ein in eine Vielzahl grosser Unternehmen, die in den vergangenen Jahren ihre Logos vereinfacht haben. Wie etwa: Pringles, Mastercard oder Burger King. Doch warum? Der Wirtschaftssoziologe und Markenexperte Oliver Errichiello (51) äussert sich im Gespräch mit Blick kritisch zu dieser Entwicklung.
Angepasst an die digitale Welt
Als Hauptgrund für die Vereinfachung der Firmenlogos nennt der Experte die zunehmende Bedeutung der digitalen Werbung. «Inzwischen liegen die Kosten für digitale Kanäle bei etwa 60 bis 70 Prozent des gesamten Werbebudgets», sagt er.
Da Werbung heute hauptsächlich auf Smartphones konsumiert wird, müssen Logos auf kleinen Bildschirmen sofort erkennbar sein. Aufwendige Designs fallen dadurch weg und lediglich der Wortinhalt der Marke bleibt bestehen.
Der Experte sieht diesen Trend kritisch. «Im Moment diktiert eine technische Entwicklung die eigentlich individuelle Markenführung. Eine Katastrophe», urteilt der Experte. Die Firmengeschichte und -herkunft, die in den Logos erzählt wird, gehe verloren.
Er betont, dass Logos eigentlich dazu da sind, sich zu unterscheiden und die Besonderheiten einer Marke zu definieren. Durch die Angleichung der Logos machen sie sich jedoch austauschbar.
Ein Zeichen des Versagens
Der aktuelle Trend zum Minimalismus ist laut Errichiello in dieser Form neu: «In den Neunzigern gab es mit dem Carsonismus eine ähnliche Bewegung, aber nicht in diesem Ausmass.» Damals prägte der Grafikdesigner David Carson (69) die Designszene mit unkonventioneller Typografie und Formen.
Dass viele Konsumenten verärgert auf Logoänderungen reagieren, überrascht ihn nicht: «Menschen kaufen Marken aufgrund bestimmter Erwartungen und Vertrautheit. Plötzliche Änderungen können dieses Vertrauen erschüttern.»
Denn Marken haben eine Funktion: Sie sollen dem Kunden Sicherheit geben, ihm das Gefühl vermitteln, dass er weiss, womit er es zu tun hat. «Minimalistische Logos sind das offensichtliche Versagen, genau diese Sicherheiten zu schaffen», kritisiert der Wirtschaftssoziologe.
Rückkehr zum Altbewährten
Ein Grundsatz der Markensoziologie ist: «Die beste Logoänderung ist die, die der Kunde nicht bemerkt», so Errichiello. Als Beispiel dafür nennt er erfolgreiche Marken wie «Coca Cola» oder «Nutella», deren Logos sich seit Jahrzehnten kaum oder gar nicht verändert haben. «Kunden bleiben jenen Marken treu, die sich selbst treu bleiben», betont er.
Der Experte prognostiziert, dass es in Zukunft wieder einen Trend zu aufwendigeren Designs geben könnte. Er verweist auf die Luxusbekleidungsmarke «Burberry», die nach einer Phase des Minimalismus wieder zu einem Logo zurückkehrte, das detailreicher ist und die Geschichte des Unternehmens wieder hervorhebt.