Ein Rückblick auf 2023
Ein Jahr der Klimaextreme

ETH-Professorin Sonia I. Seneviratne schlägt Neujahrsvorsätze vor, die dem Klima helfen. Denn 2024 dürfte noch heisser werden als das vergangene Jahr, das in der Nordhemisphäre von Extremereignissen wie Bränden und Starkniederschlägen geprägt war.
Publiziert: 21.01.2024 um 14:55 Uhr
Strasse im griechischen Dorf Milina in der Nähe von Pelion nach dem Sturm Daniel im September 2023.
Foto: IMAGO/NurPhoto
Sonia I. Seneviratne

Berichte der Weltorganisation für Meteorologie und des Copernicus Climate Change Service zeigen, dass das Jahr 2023 klimatisch absolut ausserordentlich war: Es war global das wärmste, das je gemessen worden ist. Eine mittlere Temperaturerwärmung von 1,45 °C wurde erreicht – sehr nahe am 1,5-°C-Limit, das im Pariser Klimaabkommen gesetzt wurde.

Das Jahr wurde von vielen Extremereignissen geprägt. Tödliche Hitzewellen fanden in vielen Regionen der Nordhemisphäre statt. Verheerende Waldbrände verbrannten in Kanada mehr Waldfläche als je zuvor. Die betroffene Fläche war viermal grösser als die Schweiz. Griechenland und Libyen waren vom Sturm Daniel sehr stark betroffen, mit Starkniederschlägen, die lokal zu Überflutungen führten. 

Erwartet wird, dass 2024 noch wärmer sein wird, da wir gerade in einer El-Niño-Phase sind, die die Erwärmung weiter verstärkt. Aber der Hauptgrund für die extremen Verhältnisse ist die ungebremste langfristige Erwärmung des Klimas, die Jahrzehnt für Jahrzehnt zunimmt. Und der Grund für diese Temperaturzunahme ist auch hinlänglich bekannt: die ungebremste Verbrennung von fossilen Energieträgern, d. h. Erdöl, Kohle und Gas.

Die Weltklimakonferenz im Dezember 2023 in Dubai (COP28), an der die meisten Regierungen der Welt teilgenommen haben, war auch ein Extremereignis: Es waren mehr Erdöl-Lobbyisten als je zuvor präsent. Trotzdem war die Evidenz bezüglich der Dringlichkeit der Klimalage so offensichtlich, dass es die Weltklimakonferenz zum ersten Mal schaffte, die Hauptursache der Klimakrise zu nennen: Entschieden wurde nach hartem Ringen eine «Transition weg von fossilen Energieträgern» (auf Englisch: «transition away from fossil fuels»). 

Trotzdem sind die Entscheidungen der COP28 keineswegs vorbildhaft: Es wurde eine Tür für «transition fuels» offengelassen (womit oftmals Erdgas gemeint ist), obwohl Erdgas-Verbrennung zu hohen CO₂-Emissionen führt, auch in der Schweiz. Ausserdem führen die Verpflichtungen, die die Regierungen an der COP versprochen haben, lediglich zu einer Reduktion der CO₂-Emissionen von 2 bis 5 Prozent bis 2030. Dabei wäre eine Reduktion von 43 Prozent nötig, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Die zusätzlichen Entscheidungen der COP28 könnten zu einer Abnahme von bis zu 10 Prozent bis 2030 führen, wenn sie von den Ländern implementiert werden – aber auch dies ist bei weitem ungenügend.

Man mag die Energietransition schwierig finden und das Klimathema satthaben. Doch das Problem wird nicht verschwinden. Also wieso nicht diesmal als persönlicher Neujahrsvorsatz eine Entscheidung treffen, die unserer CO₂-Bilanz helfen wird: das Benzinauto aufgeben, mal mit dem Zug statt dem Flugzeug reisen und sich politisch engagieren, damit die Schweiz uns allen ein CO₂-tiefes Leben einfacher macht. Es braucht Unterstützungen für klimafreundliches Verhalten, einen Ausbau des Zugnetzes und dafür keine weiteren Spuren auf der Autobahn.

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