Regine Frey (72), pensionierte Gymi-Lehrerin für Deutsch, und Vreni Knöpfel (72), pensionierte Physiotherapeutin
- wohnen in Schaffhausen
- kennen sich seit 1997, sind seit ca. 2007 befreundet
- Treffpunkt: Fäsenstaubpark in Schaffhausen – das Grün soll stellvertretend für die gemeinsamen Ausflüge in die Natur stehen
Um von ihrer Freundschaft zu erzählen, trinken Regine Frey und Vreni Knöpfel an diesem Tag in Schaffhausen einen Kaffee zusammen. Aber eher für die Journalistin. «Wir gehen weder käfele noch spazieren. Wir machen lieber Ausflüge und fahren zusammen in die Ferien», sagt Regine Frey.
Die beiden haben sich 1997 in einer Frauenorganisation kennengelernt und gemeinsam grosse Projekte organisiert. Das habe sie zusammengeschweisst. So hätten sie sich wirklich kennengelernt.
Beim Kafi und dem Spaziergang durch den Fäsenstaubpark merkt man sofort, wie vertraut die beiden sind. Sie lachen viel, es scheint, als höre das Gespräch nie auf, ständig beenden sie gegenseitig Sätze füreinander.
«Wir ergänzen uns gut», sagt Vreni Knöpfel. Sie wolle immer alles sofort erledigen. Regine Frey sagt, sie schätze das an ihrer Freundin, «du bist sehr verlässlich». «Du denkst mehr in die Tiefe», sagt Vreni Knöpfel über ihre Freundin.
Das zeigt sich auch bei ihren Reisen. Die eine plant, bucht, tüftelt Routen aus, die andere ergänzt und sagt, was sie besonders interessieren würde.
«Ich lasse mich gern verorganisieren von dir.»
«Ich möchte ja, dass es dir genauso gefällt. Das ist für mich Freundschaft. Und je älter ich werde, desto wichtiger wird mir Freundschaft. Uns beiden.»
Die beiden Frauen sind alleinstehend. Sie wissen, wie wichtig ein soziales Netz ist, um nicht in die Einsamkeit zu fallen. Und sie wissen auch, dass gute Freundinnen keine Selbstverständlichkeit sind.
Vreni Knöfpel erzählt, wie die Pandemie sie fast eine Freundschaft gekostet habe. «Ich habe Corona ausgeklammert, die Beziehung war mir einfach zu wichtig.» «Ich bin da weniger tolerant», sagt Regine Frey.
Bei grundlegenden Themen, so finden die beiden Frauen, sollte man sich einig sein. Man müsse sich schliesslich wohlfühlen können. Nicht zuletzt, um auch Schwäche zeigen und schwierige Momente miteinander teilen zu können.
Regine Frey sagt: «Freundschaft bedeutet für mich, dem anderen gegenüber einfühlsam zu sein und sich zu kümmern. Auch ohne dass der andere darum bittet.»
Valeria und Sara
- kennen sich seit der Primarschule
- Treffpunkt: Botanischer Garten Zürich, der sei so bunt wie ihre Freundschaft
«Als ich aus Kolumbien die Schweiz kam, war sie meine erste Schweizer Freundin. Sie hat mir geholfen, im Land anzukommen», erzählt Valeria. Sie erinnert sich, wie ihr Velo auf einem Schulausflug einen Platten hatte. «Sara war die einzige, die bei mir blieb und wartete.» Von da an wussten die beiden Mädchen, die damals in der Primarschule Tischnachbarinnen waren, dass sie Freundinnen sind.
Sie beschreiben sich beide als ruhig und introvertiert. «Ausser, wir sind zusammen unterwegs.» Die beiden lachen viel, auch an diesem Nachmittag im Botanischen Garten in Zürich.
Sie erzählen, wie sie trotz des Platten auch später Veloausflüge zusammen unternommen haben. In der Sek hätten sie oft beieinander übernachtet und Nintendo-Karaoke gesungen. Heute Nachmittag wollen sie noch Cupcakes essen gehen. «Aber eigentlich ist uns unsere Freundschaft genug, dafür müssen wir nicht unbedingt viel unternehmen.»
Wenn man sie nach Unterschieden fragt, müssen sie lange überlegen. «Der Männergeschmack». Und vielleicht sei Valeria eher abenteuerlustig.
Dennoch entschied sich Sara, mit ihrer Freundin in deren alte Heimat zu reisen, nach Kolumbien. «Sie hat meine Familie und meine Kultur kennengelernt», sagt Valeria. Das sei eindrücklich gewesen – zu sehen, wo Valeria herkomme, und mittendrin und nicht bloss Touristin zu sein, sagt Sara.
Als Sara später ihren heutigen Verlobten kennenlernt, hat Valeria erst Angst, dass sie ihre Freundin nun ein Stück weit verlieren würde. Es gab Reibereien. Wie damals, als die beiden nicht mehr zusammen zur Schule gingen, sondern – getrennt – ins Berufsleben starteten. «Wir vermissten uns, aber wir haben uns das nicht gesagt.»
Mittlerweile würden sie nicht mehr lange zuwarten, bis sie Konflikte ansprechen. Und so sagte Sara ihrer Freundin, dass sie sie immer noch gleich gern habe und sie ihr immer noch gleich wichtig sei, Verlobter hin oder her.
Am Anfang habe es Mut gebraucht, so offen miteinander zu sein. Aber sie hätten gemerkt, wie gut es tut. Besonders gewachsen sei ihre Freundschaft an Tiefpunkten im Leben. «Wenn man ganz unten ist, merkt man, wer bleibt.»
Sara ist geblieben. Valeria auch.
Rolf Hauser (63), Spengler, und Dani Fontana (57), Sachbearbeiter
- wohnen in Rudolfstetten AG (Hauser) und Otelfingen ZH (Fontana)
- kennen sich seit über 40 Jahren
- Treffpunkt: bei Rolf und seiner Frau Anni, dort ist Dani oft zu Gast
Es dauert keine zwei Minuten, bis sich Rolf Hauser und Dani Fontana zwei Akkordeons umgeschnallt haben und im Garten zu spielen beginnen. Vorher sprechen müssen sie nicht miteinander. Sie machen seit über 40 Jahren zusammen Musik.
Als Jugendlicher spielte Dani in einem Verein. «Aber irgendwie kam ich nicht mehr weiter.» Ein Bekannter empfahl ihm jemanden, «er sei Perfektionist, hiess es, ein Virtuose». Also suchte Dani den Musikkeller auf, in dem Rolf probte.
Die Freude an der Musik verbinde, sagen beide. Man erreiche die Leute damit anders als nur mit Worten. Trotzdem: Als Beruf können sich beide das Örgele nicht vorstellen. Es soll ein Hobby bleiben, neben ihren Jobs.
Rolf arbeitet seit 38 Jahren für die Verkehrsbetriebe Zürich VBZ als Schlosser, hat viel mit Blech zu tun. Dani ist im Büro einer Arbeitslosenkasse. Rolf hilft Dani beim Bohren, Dani hilft Rolf beim Briefeschreiben.
Dani spricht schnell, Rolf überlegt eher ein wenig länger. Beide lachen, wenn Dani erzählt, dass Rolf ab und zu etwas liegenlässt und er ihn hie und da daran erinnert, sein Portemonnaie und die Schlüssel einzupacken. Dani macht sich auch Sorgen, dass es Rolf immer allen recht machen möchte. «Feinfühlige Leute sind oft kompliziert», sagt Rolf etwas entschuldigend. «Nein», kontert Dani, «das ist eine positive Sache, wenn du auch an andere denkst. Aber du darfst dich auch mal abgrenzen.»
Das war schwierig, als Rolfs Frau Anni krank war. Da habe er sich viele Sorgen gemacht. Mit Dani darüber zu reden, habe geholfen. «Als Anni im Spital war, habe ich Pizza bestellt, und dann haben wir zusammen gegessen», erzählt Dani über diese Zeit.
Die Frauen der beiden spielen ohnehin eine wichtige Rolle in der Freundschaft. «Auch sie gehören dazu, die ganze Familie.»
Wenn die beiden Ehepaare zusammen verreisen, sind die Örgeli mit im Gepäck, griffbereit, um mal spontan auf einem Dorfplatz zu spielen.
«Es macht mir schon ein wenig Angst, wenn ich mir überlege, dass man den anderen eines Tages nicht mehr hat. Ich kenne Rolf länger als meine Frau.»
«Man denkt immer, es ist selbstverständlich, dass die Leute da sind. Und dann, zagg, ist wieder jemand weg.»
«Was machsch denn no?»
«Geniessen. Jeden Tag.»