Auf einen Blick
- Der Herbst bringt Gemütlichkeit und Entschleunigung
- Der Regen wirkt beruhigend
- Im Herbst kann man die Vögel dabei beobachten, wie sie in ihre Winterquartiere ziehen
«Eines Morgens riechst du den Herbst. Es ist noch nicht kalt; es ist noch nicht windig; es hat sich eigentlich gar nichts geändert – und doch alles.» Das schrieb der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky (1890–1935) einst. Geändert hat sich hierzulande spätestens seit dieser Woche alles, zumindest wettertechnisch. Der Sommer ist endgültig vorbei. Letzte Woche gingen wir noch schwimmen, jetzt ist Dauerregen angesagt. Manche blicken mit Wehmut auf die Tage zurück, an denen Sonnenstrahlen die Haut erwärmten. Andere freuen sich auf den Herbst, auf die Gemütlichkeit und die Entschleunigung, die die kälteren Tage bringen.
So oder so: Das Wetter beschäftigt uns. Es beeinflusst nicht nur unsere Stimmung, es ist auch eines der beliebtesten Small-Talk-Themen. Das müsse aber nicht trivial sein, sagt die deutsche Journalistin und Autorin Michaela Vieser (52), die ein Buch über das Wetter geschrieben hat («Wetter. Zwischen Hundstagen und Raunächten»). In Japan zum Beispiel würde man sich stundenlang über das Wetter unterhalten. «Es ist eine Möglichkeit, über ein unverfängliches Thema zu sprechen. Und sich dadurch Raum zu geben und kennenzulernen», sagt Vieser. Blick hat mit der Autorin über das Wetter gesprochen. Und darüber, worauf wir uns im Herbst freuen können.
Regen
Regen, davon gibt es im Herbst genug. Klar, er kann aufs Gemüt schlagen. Schliesslich schüttet der Körper bei Regen weniger Glückshormone aus, als wenn die Sonne scheint. Aber er hat auch etwas Beruhigendes: «Ich liebe den Regen, sein Geräusch und die Düfte, die aufsteigen», sagt Vieser. Und auch wir finden: Was gibt es Schöneres, als es sich bei Regenwetter im Bett gemütlich zu machen und dem Tröpfeln, Prasseln und Trommeln zuzuhören? Am besten hat man noch ein gutes Buch und einen wärmenden Tee zur Hand.
Rückzug ins Innere
Im Sommer spielt sich das Leben draussen ab. Es ist so viel los, dass wir oftmals keine Zeit haben, innezuhalten und nachzudenken. «Der Sommer ist wie ein Fiebertraum», sagt Vieser. «Wir wollen möglichst lange draussen sein und alles geniessen.» Im Herbst hätten wir keinen Druck, herauszugehen und das schöne Wetter zu geniessen. Es ist die Zeit, um sich ins Innere zurückzuziehen und sich Gedanken zu machen.
Altweibersommer
Natürlich ist der Herbst nicht nur kalt, nass und grau. Nein, meistens können wir uns noch auf ein paar ungewöhnlich warme Tage freuen: den Altweibersommer. Oft klettert das Thermometer zwischen Mitte September und Mitte Oktober nochmals in die Höhe. Vieser erklärt: «Der Name kommt daher, dass die Baldachin-Spinne in dieser Zeit ganz feine Fäden hinterlässt, die in der Sonne funkeln. Das erinnerte die Menschen früher an das Haar von alten, weisen Frauen. Wobei das Wort weiben einst auch weben bedeutete.»
Herbstgemüse
Klar, Zucchetti, Tomaten, Erdbeeren oder Kirschen sind toll. Aber: «Im Herbst können wir all das ernten, was den Sommer über gewachsen ist», sagt Vieser. Äpfel, Kürbisse oder Pflaumen zum Beispiel. Eine gute Kürbissuppe kochen – das hat fast schon etwas Therapeutisches.
Spaziergänge
«Ich freue mich darauf, wenn die Sonne golden mit den Blättern spielt», sagt Vieser. «Die Landschaft wird braun, golden und grau. Die Landschaft schenkt Ruhe und die Gedanken können besser schweifen, wenn sie nicht von so vielen Farbtönen abgelenkt werden.» Was gibt es Schöneres als einen ausgedehnten Herbstspaziergang und das raschelnde Laub unter den Füssen?
Vögel
Herbstzeit ist auch die Zeit, in der die Vögel in ihre Winterquartiere ziehen. Darauf freut sich Vieser, die an der Oder lebt, besonders. «Bei mir ziehen viele Kraniche vorbei. Es ist schön, sie zu begrüssen und zu wissen, dass sie kurz da sind und dann in den Süden ziehen.» Das gebe ihr ein Gefühl von Verbundenheit mit der Erde. Zeit also, nach draussen zu gehen und die Vögel beim Vorbeiziehen zu beobachten.
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