Wandern ist Volkssport Nummer 1. Laut einer Umfrage gehört es zu den beliebtesten Sportarten – weit über die Hälfte der Befragten geht regelmässig wandern.
Die Bewegung im Freien tut aber nicht nur dem Körper gut, es spricht alle Sinne an, es ist eine Wohltat für die Seele und stärkt das Immunsystem. Vorteile, die viele in der Pandemie entdeckt haben. «Man kann den Kopf lüften, lässt den Alltag hinter sich und das in einer wunderschönen Naturkulisse», sagt Andreas Staeger (63). Er ist der Autor des Buches «Schweizer Wanderliebe», das soeben erschienen ist. Darin stellt er über 100 Wanderungen vor, die er für Reportagen über die letzten Jahre gemacht hat.
Für jeden die passende Route
Diese sind nach 22 Themen gegliedert, von grandiosen Logenplätzen, Bergseen und Inseln bis zu atemberaubenden Abgründen. Damit möchte Staeger in die unglaubliche Vielfalt des Schweizer Wanderkosmos einladen. Und selbst wenn immer mehr Menschen das Outdoor-Vergnügen entdecken, gibt es noch immer genügend Plätze, die frei von Dichtestress sind. «Im Buch sind teils beliebte Routen drin, aber auch Plätze, die weniger bekannt sind, der Mix macht es aus», so Staeger.
Viel Wert legt der Wanderprofi auf die Kategorisierung der Routen, also die technischen Anforderungen und nötige Kondition. «Damit möchten wir dazu beitragen, dass die Leute eine Wanderung richtig einschätzen können und nicht in eine missliche Lage geraten.» Er gibt auch immer an, ob es unterwegs Treppen und Seile gibt: «Für Leute, die mit ihrem Hund unterwegs sind.» Zum reich bebilderten Buch gibt es einen Wanderguide für unterwegs mit QR-Code zu jeder Route. So findet jeder und jede die passende Tour und die Bergbeiz als Belohnung. Staeger: «Wandern ermöglicht Begegnungen mit der Natur und mit anderen Menschen – das sind wertvolle Qualitäten.»
Schweizer WanderLiebe «Die 110 schönsten Naturjuwelen» von Andreas Staeger, 48 Fr., im Verlag Schweizer LandLiebe.
1) Grandioser Logenplatz – Fronalpstock SZ
Die Sicht vom Fronalpstock zum Vierwaldstättersee ist einmalig. Auf dem Gipfel oberhalb von Stoos im Kanton Schwyz zeigt sich: Auch die Schweiz hat ihre Fjordlandschaft. Der Logenplatz ist auf einem grossartigen Höhenweg erreichbar und ist gut ausgebaut, mit Geländer und Treppen.
Start und Ziel: Mit Standseilbahn und Sesselbahn ab Schwyz/Stoosbahn auf den Chlingenstock (1935 m), über Furggelen (1731 m) auf den Fronalpstock (1921 m), von dort mit Sesselbahn und Standseilbahn zurück ins Tal
Distanz und Gehzeit: 4,6 km, 2 h
Höhenmeter: 370 aufwärts, 380 abwärts
Einkehr Auf dem Fronalpstock oder in Stoos
Tipp Für den Weg zwischen der Bergstation der Stoosbahn und der Talstation
der Sesselbahnen Klingenstock beziehungsweise Fronalpstock sind jeweils
15 Minuten Marschzeit zusätzlich einzurechnen.
Technik ♦♦◊ Kondition ♦◊◊
2) Atemberaubende Abgründe – Crevasse VS
Man muss nicht unbedingt immer hoch hinaus, um in die Tiefe blicken zu können. Manchmal bieten Felsvorsprünge und vermeintlich unspektakuläre Anhöhen eine ebenso eindrückliche Aussicht wie die Spitzen hoher Berge. So die Crevasse. Es sind weder gefährliche Kletterei noch halsbrecherisches Gratwandern nötig, um den Gipfel oberhalb von Martigny im Kanton Wallis zu erreichen. Die Aussicht ist atemberaubend: vom äussersten Rand der Klippe fällt das Terrain senkrecht mehr als einen Kilometer in die Tiefe ab.
Start und Ziel Von der Postautohaltestelle Chemin-Dessus (1108 m) über den Col des Planches (1408 m) auf die Crevasse (1808 m), dann über den Col du Tronc (1608 m) und die Alpage du Tronc (1585 m) zum Col du Lein (1658 m) und über Levron (1308 m) zur Bushaltestelle Cries (929 m)
Distanz und Gehzeit 13,6 km, 5 h
Höhenmeter 880 aufwärts, 1060 abwärts
Einkehr In der Alpage du Tronc und auf dem Col du Lein TIPP Taschen- bzw. Stirnlampe zum Erkunden des ehemaligen Bergwerksstollens bei Chemin-Dessus mitnehmen.
Technik ♦♦◊ Kondition ♦♦♦
3) Farbenprächtige Moorlandschaften, Glaubenberg – Fürstein OW
Moore zählen zu den wertvollsten Lebensräumen der Schweiz, denn sie beherbergen eine Vielzahl gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. Die Zentralschweiz ist reich an farbenprächtigen Moorgebieten. Eines der schönsten liegt am Glaubenberg. Die Bergwanderung zum Gipfel des Fürstein verläuft mitten durch die vielfältige Moorlandschaft. Im Herbst verfärbt sich die Vegetation im Zusammenspiel von Wasser und Gestein. Auf einem einfachen Weg gelangt man in eine urtümliche, wilde Naturkulisse.
Start und Ziel Von der Postautohaltestelle Glaubenberg/Passhöhe (1543 m)
via Rickhubel (1943 m) auf den Fürstein (2040 m), via Sewenalp (1719 m) und Sewenegg (1741 m) zurück zum Glaubenbergpass
Distanz und Gehzeit 9 km, 3 h 25 min
Höhenmeter 610 auf- und abwärts
Einkehr Auf dem Glaubenbergpass
Hinweis Bei Schiessbetrieb kann es von Montag bis Freitag im Wanderwegnetz am Glaubenberg zu Umleitungen kommen. Auskunft: Tel. 058 481 32 32.
Technik ♦♦◊ Kondition ♦♦◊
4) Weinberge, Bündner Herrschaft – von Fläsch bis Malans GR
Wenn die Trauben reifen, wechseln die Blätter von einem kräftigen sommerlichen Grün zu intensiven Rot- und Gelbtönen. Die einmalige Farbenpracht der Weinberge lässt sich auf einer Wanderung am besten geniessen. Auch im Gebirgskanton Graubünden wird Wein angebaut. Dank dem Föhn bringt die Bündner Herrschaft sogar besonders erlesene Tropfen hervor: Fläscher, Malanser, Jeninser, Maienfelder. Eine leichte Wanderung ohne grosse Höhendifferenzen verbindet die vier Dörfer. Die Route verläuft auf Erschliessungssträsschen und Kieswegen. Sie führt über Weideland, durch Wälder – und natürlich an ausgedehnten Rebbergen vorbei.
Start und Ziel Von der Postautohaltestelle Fläsch/Dorf (525 m) über Maienfeld (518 m) und Jenins (634 m) zum Bahnhof Malans (537 m)
Distanz und Gehzeit 9,4 km, 2 h 25 min
Höhenmeter 200 aufwärts, 180 abwärts
Einkehr In Maienfeld, Jenins oder Malans
Technik ♦◊◊ Kondition ♦◊◊
5) Ursprüngliche Wildnis – Kiental BE
Es gibt noch Landschaften in denen der Mensch nur ein gedulteter Gast ist, dort bestimmt die Natur. Dazu gehört das Kiental im Berner Oberland: Ungestüm im Charakter, märchenhaft schön in der Gestalt bietet es spannende Gegensätze. Besonders eindrückliche Naturlandschaften erlebt man auf der Wanderung ins Gamchigebiet. Zum Ausgangspunkt Griesalp gelangt man mit steilsten Postauto-Strecke Europas mit einer Steigung von 28 %. Auf der Alp kann man gemütlich einkehren, je tiefer man ins Gamchigebiet vordringt, desto wilder wird es – Mobilfunk gibts hier nicht.
Start und Ziel Von der Postautohaltestelle Griesalp/Kurhaus (1408 m) via Underi Bundalp (1686 m), Oberi Bundalp (1840 m) und Bundläger (1918 m) ins Oberloch (1967 m), dann über die östliche Moräne (2106 m) ins Gamchi (1670 m) und via Bürgli (1616 m), Steineberg (1467 m) und Golderli (1440 m) zurück auf die Griesalp
Distanz und Gehzeit 13,1 km, 5 h
Höhenmeter 960 auf- und abwärts
Einkehr Auf der Griesalp, auf der Bundalp, im Gamchi oder im Golderli
Tipp Die Route lässt sich um 1 1⁄4 h verkürzen, indem vom Oberloch direkt ins Gamchi abgestiegen wird.
Technik ♦♦♦ Kondition ♦♦♦