«Ich hatte natürlich schon das Herz in den Hosen»
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Bärenforscher Reno:«Ich hatte natürlich schon das Herz in den Hosen»

Bärenmann Reno Sommerhalder
Leben mit den Bären

Bären sind uns Menschen viel ähnlicher, als wir denken. Davon ist der Bärenmann Reno Sommerhalder überzeugt, seit er vor 40 Jahren nach Kanada ausgewandert und dem ersten Bären begegnet ist. Jetzt ist er mit seinem neuen Buch «Bärenhunger» zu Besuch in der Schweiz.
Publiziert: 09.11.2024 um 12:54 Uhr
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Treffpunkt im kleinen Zürcher Stadtwald: Bärenforscher Reno Sommerhalder.
Foto: Thomas Meier

Auf einen Blick

  • Bärenforscher Reno Sommerhalder lehrt über friedfertige Bären
  • Sommerhalder hat verwaiste Jungbären grossgezogen und ausgewildert
  • 15'000 Bärenbegegnungen weltweit in Alaska, Kanada, Spanien und Russland
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Bei seiner ersten Bärenbegegnung bimmelte ein kleines Schweizer Kuhglöckli. Reno Sommerhalder (59) hatte es in seinem Zelt aufgehängt, als er vor 40 Jahren in Kanada campierte. «Als ich aufwachte, war die Zeltwand aufgerissen, und der Bär schaute zu mir herein. Wir starrten uns für ein paar Sekunden an, wir hatten wohl beide einen Schock», erinnert er sich. Appetit hatte der Braunbär aber nicht etwa auf Sommerhalder, sondern auf die Essensvorräte, die er im Zelt verstaut hatte. «Ein typischer Anfängerfehler», sagt er.

So was würde Sommerhalder heute nicht mehr passieren. Inzwischen ist aus dem Koch, der in seinen jungen Jahren von Kloten ZH nach Kanada ausgewandert ist, ein weltweit anerkannter Bärenforscher geworden. 15'000 Begegnungen mit Bären hatte er seither, von Alaska, Kanada über Spanien bis in die Mongolei und Russland. Reno Sommerhalder tritt in Dokumentarfilmen und TV-Sendungen auf und hält Vorträge. Zudem führt der Abenteurer kleine Gruppen in die Wildnis, um Bären hautnah zu erleben.

Küstenbraunbären auf Kamchatka, im fernen Osten Russlands.
Foto: Reno Sommerhalder

Bärenfutter mitten in der Stadt

Derzeit ist er mit seinem neuen Buch «Bärenhunger» (AT Verlag) in der Schweiz auf Tour. Wir treffen ihn in einem kleinen Stück Wald in Zürich-Oerlikon – dort wohnt seine Mutter, die er in dieser Zeit besucht. Ausgerüstet mit Rucksack und Outdoorkleidung, könnte er sich genauso gut im Urwald von Alaska oder Kanada bewegen. Aber auch an diesen paar Stadtbäumen entdeckt er sofort Bärenfutter: Eicheln und Hagebutten.

Der Abenteurer findet auch im Stadtwald was Essbares: eine Eichel.
Foto: Thomas Meier

Hatte er damals keine Angst, als der riesige Waldbewohner sein Zelt aufschlitzte? «Klar! Ich hatte das Herz in den Hosen! Vor allem, weil der Bär nicht wegblieb. Er strich die ganze Nacht ums Zelt, und ich machte kein Auge zu. Zugleich war das meine Initiation in die Welt dieser intelligenten und sanftmütigen Tiere.»

Die Angst verwandelte sich rasch in Respekt. «Je mehr Zeit ich in ihrer Nähe verbracht habe, desto mehr realisierte ich, dass Bären extrem friedfertige Tiere sind. Sie haben kein Interesse, uns wehzutun, sondern sie wollen das Leben in Frieden und Ruhe leben, genau wie wir Menschen auch.»

Weil er so viel Zeit in der Wildnis mit den Tieren verbracht hat und sogar verwaiste Jungbären grossgezogen und ausgewildert hat, nennt man ihn auch den Bärenmann – passen würde auch Bärenmama! Zusammen mit dem kanadischen Bärenforscher Charlie Russell (1941–2018) ist er einen ganzen Sommer lang mit den Kleinen durch die Wildnis gestreift, um ihnen alles beizubringen, was sie fürs Überleben brauchen.

Ein unvergesslicher Sommer: der Abenteurer als Bärenmama vor 20 Jahren.
Foto: Reno Sommerhalder

«Wir haben sie mit Futter unterstützt, damit sie genug Reserven haben, und vor den ausgewachsenen Bärenmännchen geschützt.» Als menschliche Bärenmama brachte er ihnen auch das Lachsfischen bei. Jenen Sommer wird der zweifache Vater nie vergessen: «Die Zeit mit den Kleinen, das war ein Gefühl, das sich fast nicht beschreiben lässt.»

Falsches Bild vom bösen Bären

Mit seinen Vorträgen und Büchern möchte Reno Sommerhalder mit falschen Bildern vom bösen Bären aufräumen: «Ein Bär greift nie an, um uns zu fressen. Wir stehen nicht auf seinem Speiseplan. Doch Mütter mit Jungen können sich verteidigen, wenn man ihnen überraschend zu nahe kommt.» Zwar gilt der Bär dank seiner imposanten Grösse als König des Waldes, aber er ist eher ein bequemer Jäger. Wenn schon, dann schnappt er Wölfen, Pumas und sogar den Sibirischen Tigern die Beute weg.

Fleissige Feinschmecker: Bis zu 200'000 Beeren streift ein Bär pro Tag von Büschen ab.
Foto: Reno Sommerhalder

Ausserdem ernährt er sich abgesehen von Lachsen grösstenteils vegetarisch. Um satt zu werden, ist er sehr fleissig. Jetzt im Herbst mästen sich die Bären mit Nüssen, Eicheln, Wildobst, Pinienkernen, Pilzen oder Wurzeln. Und pro Tag streift ein Bär bis zu 200'000 Beeren von den Büschen.

Weisswedelhirsch mit Löwenzahnspinat

Zutaten (4 Personen)

200 g frische oder getrocknete Morcheln
400 g Weisswedelhirsch
Meersalz
½ Zwiebel
1 EL Sonnenblumenöl
200 g Löwenzahnblätter
120 g Wilderdbeeren
16 geschlossene Wildrosenblüten

Zubereitung

Falls getrocknete Morcheln verwendet werden, diese 1 Stunde einweichen. Das Hirschfleisch in 1–2 cm dicke Scheiben schneiden, flach klopfen, mit Salz würzen und medium grillieren.

Die Zwiebel hacken und im Öl andünsten. Die Morcheln halbieren, dazugeben und 2 Minuten mitdünsten. Die Löwenzahnblätter dazugeben und 1–2 Minuten mitgaren. Mit etwas Salz würzen.

Die Hirschplätzchen mit dem Morchel-Löwenzahn-Gemüse anrichten und mit den Wilderdbeeren und den Rosenblüten garniert servieren.

Varianten

Der Weisswedelhirsch ist eine nordamerikanische Huftierart. Alternativ kann man auch anderes Wildfleisch verwenden. Statt Löwenzahn eignen sich auch Spinatblätter oder Rucola. Die Wildrosen kann man durch Erdbeerblüten, Veilchen oder andere essbare Blüten ersetzen.

Rezept aus: Reno Sommerhalder: «Bärenhunger. Geschichten und Rezepte aus der Wildnis. Annäherung an ein aussergewöhnliches Tier», AT Verlag
Das Rezept passt auch für Wild aus unserer Region.
Reno Sommerhalder

Zutaten (4 Personen)

200 g frische oder getrocknete Morcheln
400 g Weisswedelhirsch
Meersalz
½ Zwiebel
1 EL Sonnenblumenöl
200 g Löwenzahnblätter
120 g Wilderdbeeren
16 geschlossene Wildrosenblüten

Zubereitung

Falls getrocknete Morcheln verwendet werden, diese 1 Stunde einweichen. Das Hirschfleisch in 1–2 cm dicke Scheiben schneiden, flach klopfen, mit Salz würzen und medium grillieren.

Die Zwiebel hacken und im Öl andünsten. Die Morcheln halbieren, dazugeben und 2 Minuten mitdünsten. Die Löwenzahnblätter dazugeben und 1–2 Minuten mitgaren. Mit etwas Salz würzen.

Die Hirschplätzchen mit dem Morchel-Löwenzahn-Gemüse anrichten und mit den Wilderdbeeren und den Rosenblüten garniert servieren.

Varianten

Der Weisswedelhirsch ist eine nordamerikanische Huftierart. Alternativ kann man auch anderes Wildfleisch verwenden. Statt Löwenzahn eignen sich auch Spinatblätter oder Rucola. Die Wildrosen kann man durch Erdbeerblüten, Veilchen oder andere essbare Blüten ersetzen.

Rezept aus: Reno Sommerhalder: «Bärenhunger. Geschichten und Rezepte aus der Wildnis. Annäherung an ein aussergewöhnliches Tier», AT Verlag

Bären sind wie wir Allesfresser und Feinschmecker. Wie ähnlich unsere kulinarischen Vorlieben sind, wurde Sommerhalder das erste Mal bei einem Festessen der Great Bear Foundation im US-Bundesstaat Montana so richtig bewusst: «Es gab ein Bärenbuffet. Dass Lachse, Beeren und Nüsse auf dem Speiseplan der Bären stehen und diese auch von uns Menschen begehrt sind, wissen wohl die meisten von uns. Weniger bekannt ist vermutlich, dass Bären auch Löwenzahn, Eskimokartoffeln, Kaviar oder die Knollen der Schatten-Schachblume lieben.» Viele dieser Zutaten finden sich in seinem Buch «Bärenhunger» wieder, das Geschichten und Rezepte vereint.

Bären-Nusstorte

Zutaten (4 Personen)

Für den Mürbeteig:
300 g Mehl
125 g Zucker
1 Prise Meersalz
175 g Butter, kalt, in Stücken
1 Ei, verquirlt
3 EL Wasser, kalt, bei Bedarf
1 Ei, verquirlt, zum Bestreichen

Für die Füllung:
250 g Zucker
200 ml Vollrahm, warm
100 g Baumnüsse, grob gehackt
50 g Haselnüsse, grob gehackt
100 g Pinienkerne, ganz
50 g Marroni, gekocht, geschält, grob gehackt
2 EL flüssiger Honig

Zubereitung

Für den Teig das Mehl mit dem Zucker, dem Salz und der Butter verreiben. Das verquirlte Ei und bei Bedarf das Wasser dazugeben und alles schnell zu einem Teig kneten. Den Teig 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.

Dann zwei Drittel des Teigs in einer Kuchenform mit Boden (Durchmesser 23 cm) von Hand ausbreiten, bis der ganze Boden bedeckt und der Rand etwa 5 cm hoch ist. Das letzte Teigdrittel als Tortendeckel in einem Backring (Durchmesser 23 cm) ausrollen und kühl stellen.

Für die Füllung den Zucker in einem Topf karamellisieren. Den warmen Rahm dazugeben und alles etwa 5 Minuten köcheln lassen. Dann die Nüsse, Pinienkerne und Marroni hinzufügen und 2 Minuten weiterköcheln, dann abkühlen lassen. Wenn die Mischung fast erkaltet ist, den Honig dazurühren.

Die Füllung ganz abkühlen lassen und auf den Teigboden geben. Den Teigrand, der über die Füllung ragt, über die Füllung falten. Diesen gefalteten Teigrand mit verquirltem Ei bestreichen, den ausgerollten Teigdeckel auflegen und leicht andrücken. Den Deckel mit dem restlichen Ei bestreichen und mit einer Gabel am Rand andrücken. Mit der Gabel oben auf dem Deckel ein Gittermuster einritzen.

Im Ofen bei 200 Grad Umluft etwa 45 Minuten goldgelb backen. Den Kuchen in der Form 5 Minuten stehen lassen, dann aus der Form heben und ganz erkalten lassen. Der Kuchen schmeckt besonders gut, wenn man ihn einen halben oder sogar einen ganzen Tag stehen lässt, doch das ist nicht einfach, er ist viel zu lecker!

Rezept aus: Reno Sommerhalder: «Bärenhunger. Geschichten und Rezepte aus der Wildnis. Annäherung an ein aussergewöhnliches Tier», AT Verlag
Die Nusstorte würde auch einem Bären schmecken.
Reno Sommerhalder

Zutaten (4 Personen)

Für den Mürbeteig:
300 g Mehl
125 g Zucker
1 Prise Meersalz
175 g Butter, kalt, in Stücken
1 Ei, verquirlt
3 EL Wasser, kalt, bei Bedarf
1 Ei, verquirlt, zum Bestreichen

Für die Füllung:
250 g Zucker
200 ml Vollrahm, warm
100 g Baumnüsse, grob gehackt
50 g Haselnüsse, grob gehackt
100 g Pinienkerne, ganz
50 g Marroni, gekocht, geschält, grob gehackt
2 EL flüssiger Honig

Zubereitung

Für den Teig das Mehl mit dem Zucker, dem Salz und der Butter verreiben. Das verquirlte Ei und bei Bedarf das Wasser dazugeben und alles schnell zu einem Teig kneten. Den Teig 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.

Dann zwei Drittel des Teigs in einer Kuchenform mit Boden (Durchmesser 23 cm) von Hand ausbreiten, bis der ganze Boden bedeckt und der Rand etwa 5 cm hoch ist. Das letzte Teigdrittel als Tortendeckel in einem Backring (Durchmesser 23 cm) ausrollen und kühl stellen.

Für die Füllung den Zucker in einem Topf karamellisieren. Den warmen Rahm dazugeben und alles etwa 5 Minuten köcheln lassen. Dann die Nüsse, Pinienkerne und Marroni hinzufügen und 2 Minuten weiterköcheln, dann abkühlen lassen. Wenn die Mischung fast erkaltet ist, den Honig dazurühren.

Die Füllung ganz abkühlen lassen und auf den Teigboden geben. Den Teigrand, der über die Füllung ragt, über die Füllung falten. Diesen gefalteten Teigrand mit verquirltem Ei bestreichen, den ausgerollten Teigdeckel auflegen und leicht andrücken. Den Deckel mit dem restlichen Ei bestreichen und mit einer Gabel am Rand andrücken. Mit der Gabel oben auf dem Deckel ein Gittermuster einritzen.

Im Ofen bei 200 Grad Umluft etwa 45 Minuten goldgelb backen. Den Kuchen in der Form 5 Minuten stehen lassen, dann aus der Form heben und ganz erkalten lassen. Der Kuchen schmeckt besonders gut, wenn man ihn einen halben oder sogar einen ganzen Tag stehen lässt, doch das ist nicht einfach, er ist viel zu lecker!

Rezept aus: Reno Sommerhalder: «Bärenhunger. Geschichten und Rezepte aus der Wildnis. Annäherung an ein aussergewöhnliches Tier», AT Verlag

Liebe geht bekanntlich durch den Magen, so ist auch die Idee für das Buch entstanden. «Alles, was ich tue, hängt mit dem Wunsch zusammen, die Harmonie zwischen uns Menschen und der Natur zu stärken», erklärt der Auswanderer. Der Bär sei dafür ein wunderbarer Vermittler – auch für die Wichtigkeit von funktionierenden Ökosystemen.

Bären in den Aleuten in Alaska: Schützt man Bären, schützt man auch ein ganzes Ökosystem.
Foto: Reno Sommerhalder

«Schützt man den Bären, schützt man damit auch etliche andere Tiere und ihren Lebensraum.» Zudem seien wir dem Waldbewohner nicht nur bei kulinarischen Vorlieben ähnlich: «Bären sind hochintelligent und lernfähig.» Er hat oft beobachtet, wie liebevoll sich eine Bärenmutter um ihre Jungen kümmert. «Und ich habe gesehen, wie sie trauert, wenn eines stirbt», sagt er. Dass Tiere fühlende Wesen sind, steht für ihn ausser Frage.

Möchte er, wenn das ginge, in seinem nächsten Leben als Bär zur Welt kommen? «Nein. Absolut nicht. Ich bin sehr gerne ein Mensch!» Sommerhalder lacht. «Aber ich fühle mich dank der Begegnungen mit den Bären stark mit der Natur verbunden. Sie lassen mich meine Wurzeln bis tief in die Erde spüren.»

Reno Sommerhalder weilt bis am 30. November in der Schweiz und stellt sein Buch vor. Diesen Sonntag, 10. November ist er um 14 und 19 Uhr im Gemeinschaftszentrum Zürich-Oerlikon. Weitere Termine und Infos auf seiner Homepage.

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