Bademode-Trend kommt jetzt auch in der Schweiz an
«Hierzulande hat sich das bis jetzt kaum jemand getraut»

Die Badehose rutscht hoch: Ob nur eine dünne Schnur zwischen Pobacken oder ein Badeanzug mit hochgeschnittenem Bein, in der Schweiz wird mehr Haut gezeigt – am Hintern! Das ist Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins.
Publiziert: 26.08.2023 um 20:02 Uhr
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Aktualisiert: 26.08.2023 um 20:16 Uhr
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Der Po darf an die Sonne: Hochgeschnittene Badehosen sind wieder hip.
Foto: MELODY TIMOTHEE/The New York Times/Redux/Redux/laif
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Da steht er direkt vor mir, in der Badi an der Schlange vor dem Kiosk: ein Po, die Backen kaum bedeckt, aber perfekt verpackt in eine hochgeschnittene Badehose, die bis zur Taille reicht. Der Bund ist etwas breiter, über den Bauchnabel windet sich ein Bändeli bis zum Bikini-Oberteil. Die junge Frau trägt, was sich diesen Sommer zumindest bei einer gewissen Altersgruppe klar als Trend durchgesetzt hat: der Brazilian Cut beim Bikini oder Badeanzug. 

So viel vom Füdli, in der Schweiz ist das ein ziemlich neuer Anblick. «Auf Ibiza, Capri oder in St-Tropez sieht man das häufiger, aber hierzulande hat sich das bis jetzt kaum jemand getraut», sagt Patrizia Hermann (51). Sie ist Einkäuferin für Lingerie und Bademode bei Jelmoli und hat 25 Jahre Erfahrung in der Branche. «Der Po musste immer bedeckt sein», sagt sie. Verändert hat sich das erst langsam über die letzten drei Jahre. «Weniger ist heute mehr. Vor allem bei den Jungen, egal ob schlank oder weniger schlank. Sie haben ein neues Selbstbewusstsein für ihren Körper entwickelt und stehen zu ihren Formen, auch wenn sie nicht perfekt sind.»

Model Bella Hadid im String-Tanga.
Foto: Instagram

Retro-Look aus «Baywatch»

Ein Trend, der sich nicht nur in der Bademode zeigt, sondern auch bei der Unterwäsche. Was in den 2000er-Jahren zu Zeiten der tiefsitzenden Hüfthose modisch war, tut Frau jetzt wieder: den Tanga oder G-String hervorschauen lassen. In einer Zeit, in der es keine neuen Modeströmungen mehr gibt, sondern alles wiederholt wird, boomt auch gerade der Look der 1990er-Jahre.

Und wer erinnert sich nicht an die berühmteste Rettungsschwimmerin aller Zeiten? Richtig, Pamela Anderson (56) in der Kultserie «Baywatch». Damals verlief der Beinausschnitt beim knallroten Badeanzug sogar über dem Hüftknochen. Das italienische Bademodelabel Reina Olga hat aktuell Badeanzüge in der Kollektion, die genauso hochgeschnitten sind wie damals. Und sogar einen Badeanzug mit seitlichem Cut-out, der genau so aussieht wie das knappe Kleid von Julia Roberts (55) im Film «Pretty Woman» vor 33 Jahren. 

Bademoden spiegeln den Zeitgeist. In den 1950er-Jahren war es schon skandalös, einen Bikini zu tragen, der Bauchnabel blieb bedeckt, der Po sowieso, Stilikone war damals Marilyn Monroe (1926–1962). Ein Jahrzehnt später rutschte die Badehose auf die Hüfte runter, damals noch mit breitem Bund. Je weiter die sexuelle Befreiung voranschritt, desto schmaler das Höschen – der Tanga knapp über der Schamgrenze mit Schnürchen auf der Seite war lanciert.

Der Po schaffte es erst mit dem Fitness- und Körperkult der 1980er-Jahre an die Sonne, die Taille von Bikinis und Badeanzügen rutschte in die Höhe, genauso wie der Beinausschnitt. Damals wollte man noch richtig braun werden, möglichst nahtlos – auch oben ohne war damals in. Dann kamen das Ozonloch und das Bewusstsein, dass zu viel Sonne schadet, die Haut vorzeitig altern lässt und man an Hautkrebs erkranken könnte. 

Marilyn Monroe im Bikini, Bauchnabel und Po blieben bedeckt.
Foto: Getty Images

Niemand brätelt heutzutage noch stundenlang in der prallen Sonne. Aber wenn sie mal da ist, tankt man bewusst eine Runde Vitamin D auf. So wie die Schweizer Influencerin Zoë Pastelle (24): «Wir haben so wenige Sonnentage im Jahr, da möchte ich so viel wie möglich Sonnenstrahlen auf meiner Haut einfangen, das geht mit dem String-Bikini am besten.» Und auch wer keine Modelfigur wie Pastelle hat, kann sich die Sonne auf den Hintern scheinen lassen. Das ist der Body Positivity zu verdanken, berühmteste Aushängeschilder dafür sind Plus-Size-Model Ashley Graham (35) mit 21 Millionen Followern auf Social Media oder Denise Bidot (37) – sie zeigen, dass auch eine Frau ohne Modelmasse einen String-Tanga tragen kann. 

Beinausschnitt über den Hüften: Zoë Pastelle im hochgeschnittenen Badeanzug.

«Jede Frau will sich schön fühlen», sagt Paula Lambert (49). Die deutsche Autorin setzt sich mit Seminaren für die Stärkung des Selbstbewusstseins von Frauen ein. «Das darf sie auch mit Cellulite und Speckrollen. Wichtig ist, dass sie selber darüber bestimmt, wie viel Haut sie zeigt und wo sie das tut.» Wer sich daran stört, sei selber schuld: «Wer eine Frau deswegen sexualisiert, hat ein Problem und nicht umgekehrt.» 

Für den Look gibt es auch keine Altersgrenze. «Natürlich sind es eher junge Frauen, die punkto Figur dieses neue Selbstvertrauen verkörpern», sagt die Bademode-Spezialistin Patrizia Hermann. Aber auch als über 40- oder 50-Jährige passe ein höherer Beinausschnitt: «Wenn das nicht nur ein Schnürchen ist, schmeichelt das jeder Figur.»

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