Das Büsi ist klein, schwarz und flauschig. In dem Video, das derzeit in den sozialen Medien kursiert, stampfen mehrere Männer auf das Kätzchen ein, werfen es über die Strasse und lassen einen Hund drauflos.
Die Männer, die teilweise in Zürcher Dialekt sprechen, lachen, während sie das Tier zu Tode quälen. Schlussendlich halten sie das leblose Büsi in die Handykamera. Unzählige Userinnen und User haben sich das verstörende Video bereits angesehen. Der Beitrag schockierte die Schweiz und verbreitete sich wie ein Lauffeuer.
Für Follower und Likes wird fast alles getan
Dass solche abscheulichen Videos leider keine Ausnahmen sind, bestätigt Janine Cirini von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten auf Anfrage: «Jede Sekunde werden Instagram, Tiktok, Youtube oder Facebook mit neuen Tiervideos geflutet.»
Viele der Beiträge seien harmlos und manchmal auch informativ, sagt Cirini. Ob Pferde, Hunde oder Katzen – die Tierli liefern Klicks und gehören für gewöhnlich zu den absoluten Stars der sozialen Medien. Manche von ihnen haben Millionen von Follower. Doch gebe es auch sehr viele Beiträge, in denen Tiere misshandelt oder zumindest in für sie sehr unangenehme Situationen gebracht werden.
Das Problem der Clips: «Viele zielen auf Empörung der Allgemeinheit ab», so Cirini. «Sie spekulieren auf möglichst viele Klicks, Likes, aufgebrachte Kommentare oder hoffen, dass der Inhalt geteilt wird.» Vier Pfoten warnt deshalb davor, kritische Inhalte mit Views oder Klicks zu unterstützen.
Aufgepasst bei Fake-Rettungen
Neben grausamen Tierqualszenen gebe es zahlreiche weitere kritische Arten von Tiervideos, fährt Cirini fort. Zwar sei es grundsätzlich in Ordnung, Fotos vom eigenen Haustier zu zeigen – solange das Tier nicht gestresst oder missbraucht werde.
Aber genau das geschieht häufiger, als man meinen könnte: Zum Beispiel mit verkleideten Hunden, absichtlich erschreckten Katzen oder bockigen Pferden. Cirini sagt: «Auch Szenen, in denen Kindern mit offensichtlich total gestressten Tieren spielen, werden immer wieder gepostet.» So entstünden immer wieder Tiktok-Trends, wie zum Beispiel der, bei dem eine Gurke hinter die ahnungslose Katze gelegt wird – sie erschrickt, springt weg. Und die Follower lachen.
Auch sogenannte inszenierte Rettungsvideos bereiten der Tierschützerin Sorgen: Das Häsli wird vom Hund angegriffen, die Katze versinkt im tiefen Morast – die Tiere werden absichtlich in eine missliche Lage gebracht und in letzter Sekunde «gerettet». Und daraufhin belohnt mit zahlreichen Klicks und Views von Menschen, die sich über das Happy End freuen.
«Wildtiere werden ihres natürlichen Lebensraumes beraubt»
«Solche Videos sind ebenfalls pure Tierquälerei und haben nichts mit Tierschutz zu tun», sagt Cirini. Denn auch wenn die Tiere schlussendlich gerettet werden, seien sie zuvor extremem Stress und Todesangst ausgesetzt. Gemäss Cirini erkenne man solche Fake-Rettungen meist daran, dass sie aus verschiedenen Blickwinkeln gefilmt oder die Anbieter mehrere solcher Rettungen auf ihren Profilen zeigen.
Aufpassen sollte man auch bei Home-Videos von Fischottern, Eulen, Igeln oder Jaguaren: «Wildtiere können in Privathaltung nicht artgemäss gehalten werden», so Cirini. «Es ist sehr wichtig, dass solche Videos auf keinen Fall mit Likes unterstützt werden.»
Endecke man problematische Videos im Internet oder auf Social Media, könne man etwas dagegen tun, indem man nicht wegschaue, sondern diese mit möglichst vielen Informationen (Screenshots, Profilname, Link) melde.