Revolution im Ohr
So machst du deine Airpods Pro zum Hörgerät

In einer Welt voller Geräusche und Gespräche kann das Verstehen für manche zu einer Herausforderung werden. Doch was, wenn die Lösung für Hörschwierigkeiten so nah liegt wie ein Paar Kopfhörer?
Publiziert: 28.10.2024 um 15:55 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2024 um 16:06 Uhr
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Die Airpods Pro 2 von Apple erhalten am 28. Oktober eine spannende neue Funktion.
Foto: Tobias Bolzern

Auf einen Blick

  • Apple Airpods Pro 2 sind ab sofort als Hörhilfe nutzbar
  • Funktion beeindruckt durch Konversationsverstärkung
  • Rund 1,3 Millionen Menschen in der Schweiz sind von Hörschwäche betroffen
  • Over-the-Counter-Hörgeräte als kostengünstige Alternative zu teuren Geräten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Tobias BolzernRedaktor Digital

«Hä?» Diese Frage habe ich in den letzten Monaten oft gestellt. Gesprächen zu folgen, fiel mir schwer, besonders in lauter Umgebung. Ein Tischgespräch in einem Restaurant? Das erfordert viel Konzentration oder ist schlimmstenfalls unmöglich.

So wie mir geht es vielen. Laut Pro Audito Schweiz leben hierzulande rund 1,3 Millionen Menschen mit einer Hörschwäche. Nur etwas weniger als die Hälfte trägt ein Hörgerät. Die Hauptursache für eine Hörschwäche ist das Alter, aber auch Lärmbelastung und genetische Faktoren spielen eine Rolle. Das hat Folgen: «Die Betroffenen fühlen sich in Gesprächen nicht mehr verstanden. Dies führt oft zu sozialem Rückzug bis hin zur Vereinsamung», erklärt Dorothe Veraguth. Sie ist leitende Ärztin für Audiologie am Universitätsspital Zürich.

Das Problem: Professionelle Hörgeräte kosten oft mehrere Tausend Franken. Doch es gibt immer mehr sogenannte Over-the-Counter-Lösungen, die für Menschen mit beginnender Schwerhörigkeit gedacht sind. «Diese Geräte kann man mit den Lesebrillen von Drogerien und Kiosken vergleichen», sagt Veraguth. Hersteller wie Jaba, Sony und Sennheiser bieten beispielsweise solche an. Jetzt steigt auch Apple in den Markt ein.

Airpods: «Piep, Piep, Piep»

Apple macht die Airpods Pro 2 jetzt per Update zur Hörhilfe. Wer die Kopfhörer als Hörgerät nutzen will, braucht ein iPhone oder iPad mit dem neuesten System und die Kopfhörer mit Firmware 7A305. Dieses Update kann nicht manuell ausgelöst werden, sondern erfolgt nur automatisch, wenn die Kopfhörer in Reichweite des iPhones geladen werden und das Handy mit dem WLAN verbunden ist.

Blick konnte die neuen Funktionen vorab testen. Nach der Installation kann man über die Health-App oder die Airpods-Einstellungen einen Hörtest starten. Zuerst prüft die App, ob die Kopfhörer samt Silikondichtungen richtig sitzen und die Umgebung ruhig genug ist. Im Gegensatz dazu steht der Test im Labor: «Wir führen unsere Tests in einer schalldichten Kammer durch, testen dabei mehr Frequenzen und auch gesprochene Sprache und untersuchen zudem das Ohr», erklärt Veraguth.

Der Handy-Test ist simpel: Man hört verschiedene Frequenzen in Form von drei Pulsen und tippt auf den Bildschirm, wenn man sie wahrnimmt. Das dauert keine fünf Minuten. Apple diagnostiziert bei mir keine bis eine leichte Schwerhörigkeit. Das Ergebnis wird als Audiogramm dargestellt, und die Hörgerätefunktion kann danach aktiviert werden.

Die neuen Superohren

Plötzlich höre ich Geräusche, die ich zuvor kaum oder gar nicht wahrgenommen habe: das Klackern der Tastaturen im Büro oder das Zischen der Milchblasen im Cappuccino. Zu Beginn klingen viele Geräusche ein wenig metallisch und fast zu laut. Mich persönlich hat die Funktion «Konversationsverstärkung», die ich beim Zmittag in einem voll besetzten Restaurant testete, beeindruckt. Die Stimme meines Gegenübers wurde verstärkt, während andere Umgebungsgeräusche deutlich leiser wurden.

Doch wie schneiden die Kopfhörer als Hörgeräte ab, bei Personen, die im Alltag Hörgeräte tragen? Meine Mutter (79) hat sich zum Test bereiterklärt. Die Klarheit des Gesprächs mit den Airpods im Ohr findet sie vergleichbar mit ihren 5000-Franken-Hörgeräten. Begeistert ist sie davon, dass ihr persönliches Audioprofil direkt auf Anrufe, Videos und Musik angewendet wird, die übers iPhone stattfinden. «Wow! Ich kann wieder jedes einzelne Instrument hören», sagt sie, als ich ihr «Boléro» von Maurice Ravel in der Aufnahme der Wiener Philharmoniker auf Youtube abspiele. Lediglich zwei Dinge stören sie, nachdem sie 17 Minuten lange zu dem Lied mitgewippt hat: Dass es die Airpods nur in Weiss gibt (sie hätte sie lieber in Violett) – und dass es im Orchester zu wenig Frauen hat.

Das Apple-Hörgerät in den Airpods Pro wird über das iPhone-Kontrollzentrum gesteuert. Dort wird auch die derzeitige Lärmbelastung in Dezibel angezeigt.

Die Hörhilfe kann über das Kontrollzentrum angepasst werden. Dort kann man justieren, ob man die Konversationen um einen herum verstärken will oder wie fest Hintergrundgeräusche gedimmt werden sollen. Die Bedienung ist manchmal etwas kompliziert – vor allem mit Blick auf ältere Menschen, die zur Zielgruppe gehören. Einfacher wäre es wohl gewesen, das Ganze als Widget direkt auf dem Homescreen zu integrieren und mit einfachen Piktogrammen zu arbeiten, da müsste Apple aber noch nachliefern.

Nachteile der Airpods als Hörgerät

Allerdings gibt es auch bedeutende Nachteile: So trägt man einerseits ständig Kopfhörer im Ohr, was gerade in einem Restaurant Blicke auf sich zieht. Denn eigentlich signalisieren Kopfhörer das Gegenteil von Gesprächsbereitschaft.

Und: Der Akku hält nur rund vier bis fünf Stunden, während teurere Hörgeräte mindestens 12 oder 24 Stunden oder sogar mehrere Tage durchhalten. Auch fehlen den Airpods gängige Funktionen für stärker schwerhörige Personen, wie etwa die Induktionsspule, die in regulären Hörgeräten existiert. Diese ermöglicht es, sich etwa bei Veranstaltungen, etwa in der Kirche, direkt in das Lautsprechersystem einzuklinken und den Ton des Redners direkt ins Ohr zu bekommen.

Hörverbesserung wissenschaftlich getestet

Die Wirksamkeit des Hörtests und der Hörgerätefunktion der Airpods Pro 2 wurde vom Hersteller wissenschaftlich überprüft. In einer klinischen Studie wurde der Hörtest der Airpods Pro 2 mit traditionellen Hörtests verglichen. Ergebnis: Es gab eine Übereinstimmung von 86,4 Prozent. Bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit stärkerem Hörverlust gab es grössere Unterschiede zwischen den Ergebnissen des Hörtests der Airpods Pro 2 und den Ergebnissen traditioneller Hörtests.

Die Studie zeigte auch, dass Personen mit selbst angepassten Airpods Pro 2 eine ähnliche subjektive Verbesserung des Hörvermögens wahrnahmen wie diejenigen, deren Hörgeräte von einem Hörgeräteakustiker angepasst worden waren. Laut der Validierung verbesserten die Airpods die Sprachverständlichkeit in geräuschvoller Umgebung im Vergleich zum Hören ohne Hörhilfe. Die Leistung der AirPods als Hörhilfe war vergleichbar mit der Leistung professionell angepasster Hörgeräte. Es ist wichtig zu betonen, dass die Airpods Pro 2 nicht für jeden mit Hörproblemen geeignet sind und nicht den gleichen Funktionsumfang wie traditionelle Hörgeräte bieten.

Die Wirksamkeit des Hörtests und der Hörgerätefunktion der Airpods Pro 2 wurde vom Hersteller wissenschaftlich überprüft. In einer klinischen Studie wurde der Hörtest der Airpods Pro 2 mit traditionellen Hörtests verglichen. Ergebnis: Es gab eine Übereinstimmung von 86,4 Prozent. Bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit stärkerem Hörverlust gab es grössere Unterschiede zwischen den Ergebnissen des Hörtests der Airpods Pro 2 und den Ergebnissen traditioneller Hörtests.

Die Studie zeigte auch, dass Personen mit selbst angepassten Airpods Pro 2 eine ähnliche subjektive Verbesserung des Hörvermögens wahrnahmen wie diejenigen, deren Hörgeräte von einem Hörgeräteakustiker angepasst worden waren. Laut der Validierung verbesserten die Airpods die Sprachverständlichkeit in geräuschvoller Umgebung im Vergleich zum Hören ohne Hörhilfe. Die Leistung der AirPods als Hörhilfe war vergleichbar mit der Leistung professionell angepasster Hörgeräte. Es ist wichtig zu betonen, dass die Airpods Pro 2 nicht für jeden mit Hörproblemen geeignet sind und nicht den gleichen Funktionsumfang wie traditionelle Hörgeräte bieten.

Airpods – «eine gute Brücke»

Die Airpods Pro 2 (249 Franken) sind denn laut Hersteller auch nur für Menschen mit leichter bis mittlerer Schwerhörigkeit gedacht. Der Vorteil liegt auf der Hand: Sie sind einfach zu bedienen, verursachen keine zusätzlichen Kosten, wenn man die Geräte bereits hat, und sie lassen sich an individuelle Bedürfnisse anpassen, auch wenn das Gehör schlechter wird.

So sind die Airpods Pro eine niederschwellige Lösung für Leute, die nur punktuell auf eine Verbesserung des Gehörs angewiesen sind. Und vielleicht hilft Apple hier auch, das Stigma weiter abzubauen und in Zukunft sogar Kopfhörern als Hörhilfe mehr Akzeptanz zu schaffen. «Meiner Meinung nach ist es eine gute Brücke zum echten Hörgerät. Ich sehe klar das Potenzial und dass man damit den Leuten die Angst und den Schritt zu einem Hörgerät nimmt», sagt denn auch Veraguth.

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