Auf Russisch begrüsst Unternehmer Eugen von Rubinberg (33) den Digitalredaktor, das Handy auf dem Tisch übersetzt direkt auf Deutsch. Aber nicht nur als Text auf dem Bildschirm, sondern auch gleich gesprochen. Die Antwort auf Deutsch wird ebenfalls in Sekundenschnelle ins Russische übersetzt.
Möglich macht dies die neue Gratis-App Drotr, die in Zürich und Zug konzipiert wurde. Sie soll im Mai für Android erscheinen und etwas später auch fürs iPhone. «Wir wollen eine ernsthafte Konkurrenz für die etablierten Messenger wie Whatsapp sein», sagt von Rubinberg.
Sein Partner hat das gesamte Vermögen in das Start-up-Unternehmen gesteckt. Auch von Rubinberg engagiert sich seit dem Verkauf seiner Handelsgesellschaft voll für das Projekt. Rund 75 Leute arbeiten für die Firma an verschiedenen Projekten, neben der Schweiz wird in Kiew, Prag und St. Petersburg entwickelt.
Schneller als Google und Skype
«Ich glaube an den Erfolg, weil wir mehrere innovative Features in eine App packen», sagt von Rubinberg. Seit 2013 arbeitet das Team an dem Messenger. «Zuerst haben alle gesagt, die Echtzeitübersetzung sei nicht möglich.» Dann gab es für die Ideen und die Beta-Versionen der Anwendungen verschiedene Auszeichnungen. «Wenn wir im Mai starten, sind wir schneller als Google oder Skype. Das zeigt, dass Innovationen auch in der Schweiz möglich sind.»
Drotr soll ein umfassender Messenger sein, der 104 Sprachen versteht und spricht. Die Übersetzung geschieht vollautomatisch. Nicht nur geschriebener Text in Chats wird übersetzt, sondern auch gesprochene Sprache und sogar Gespräche über Videotelefonie. Praktisch: Wer will, kann die ganze Konversation danach als PDF abspeichern. Das ist auch für den Businessbereich spannend.
Wir probieren einige Sprachen aus. Die Übersetzung ist noch nicht perfekt, aber man versteht jeweils ohne Probleme, was gemeint ist. Drotr hat hier nicht alles neu erfunden, sondern stützt sich auf das frei zugängliche Google Translate. Das hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und wird vom US-Konzern laufend verbessert. Die Schweizer App verknüpft nun diese Sprachbasis mit praktischen Zusatzanwendungen.
Übersetzungs-Chat geht auch ohne App
Beispielsweise können nicht nur Drotr-Nutzer miteinander chatten. Hat jemand die App nicht installiert, erhält er den Text als übersetztes SMS und antwortet einfach in seiner Muttersprache. Im Messenger wird die Antwort dann zurückübersetzt. Zusätzlich kann man die App ganz nach seinen Wünschen personalisieren. Und sie soll laufend ausgebaut werden. «Die Spracherkennung kann bald Stimmen unterscheiden, sodass man etwa bei Videochats nicht mehr schön abwechselnd reden muss», sagt von Rubinberg. Die App kann so ein normales Gespräch simultan übersetzen.
Und wie verdient das Unternehmen Geld? Klar ist: Die App bleibt gratis und wenn möglich werbefrei. «Wir haben diverse Ideen für die Vermarktung, unter anderem über direkt in die App integrierte Partnerprogramme, bei denen wir eine Beteiligung erhalten», erklärt von Rubinberg. Doch zuerst einmal soll die Schweizer App die Welt erobern.