Das Prinzip der aktuell populärsten Social Media-Plattform ist schnell erklärt: Jeden Tag zu einer beliebigen Zeit sendet BeReal eine Push-Nachricht an seine Nutzer mit der Aufforderung, ein Foto zu schiessen. Gemäss einer Mitteilung von BeReal ist der Zeitpunkt der Push-Nachricht keinesfalls zufällig gewählt. Wie genau der Zeitpunkt bestimmt wird, will das Unternehmen aber nicht verraten. Die Nutzer haben danach zwei Minuten Zeit, ein BeReal mit der Front- und Selfiekamera aufzunehmen. Die Fotos der anderen sieht man nur, wenn man selber ein Foto gepostet hat.
Nach den zwei Minuten kann weiterhin ein BeReal gepostet werden – dann erscheint aber der Zusatz «late», also zu spät. Das Foto kann auch im «Discovery-Modus» geteilt werden, dann sehen es neben den Freunden auch andere Personen, weltweit. Auf die BeReals kann mittels Kommentaren oder RealMojis reagiert werden. RealMojis sind eine eigene fotografische Nachstellung der klassischen Emojis.
Alles echt?
Was ist das Erfolgsgeheimnis der App? Keine Filter, keine Influencer, alles soll so echt wie möglich wirken. «Die Unverfälschtheit ist das Interessante an der App», sagt Aldo Gnocchi (40), Dozent für digitales Marketing an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Bei Instagram und Tiktok werden die Bilder oft mit Tools wie «Facetune» bearbeitet und verschönert. Das ist bei BeReal nicht möglich.
Die Erfinder der App kommen aus Frankreich und waren an der Entwicklung der Sport-Kamera «Go Pro» beteiligt. Sie wollten eine Plattform kreieren, die Menschen wirklich verbindet. «BeReal wird dich nicht berühmt machen, wenn das dein Ziel ist, bleibe auf Instagram und Tiktok», schreibt das Unternehmen. Erste Unternehmen sind bereits auf BeReal vertreten. So hat Schweiz Tourismus einen Account auf BeReal. Auch die Blick-Gruppe ist präsent. Influencer erhalten auf der App aber weniger Raum, wie der Experte sagt.
Darin sieht Aldo Gnocchi gleichzeitig auch den grössten Wettbewerbsnachteil für BeReal. Denn die App könnte auf Dauer etwas langweilig sein. «Man sieht Schnappschüsse, aber das war es dann auch.»
Tiktok macht Konkurrenz
Ist BeReal trotzdem der nächste grosse Player im Social-Media-Bereich? Erst kürzlich erhielt das Unternehmen eine 30 Millionen Dollar-Finanzierung durch Investoren. Gemäss Statistiken nutzen rund zehn Millionen Menschen BeReal täglich.
Doch es gibt einen Punkt, der BeReal Sorgen bereiten dürfte: Tiktok hat die Funktion adaptiert und als neues, zusätzliches Feature mit dem Namen «Tiktok Now» direkt seiner Plattform lanciert. Aldo Gnocchi: «Es könnte sein, dass sich Tiktok Now besser etabliert, weil die Nutzer auf dieser App weitere Nutzungsmöglichkeiten haben.»
Ein ähnlicher Fall ist mit den Insta-Storys bereits eingetreten: Der Meta-Konzern kopierte die Funktion vor einigen Jahren von Snapchat. Inzwischen werden Storys hauptsächlich auf Instagram gepostet, Snapchat spielt in dem Bereich keine grosse Rolle mehr.