«Der Russe hört mit», sagt der Kontingentführer der Nato-Luftraumüberwachung im Baltikum, Swen Jacob, diese Woche der Nachrichtenagentur dpa. Zur Aussage kam es nach dem Bekanntwerden des Abhörskandals in Deutschland.
Der russische Geheimdienst FSB hat eine Videokonferenz von deutschen Offizieren über eine Waffenlieferung an die Ukraine infiltriert. Ein Mitschnitt landete später im Netz. Die Kommunikation fand über den Dienst Webex statt. Der Vorfall unterstreicht die potenzielle Verwundbarkeit von digitaler Kommunikation – selbst wenn sie im professionellen Umfeld stattfindet. Denn Webex ist ein kostenpflichtiger Dienst der US-Firma Cisco. Doch wie steht es um die Sicherheit meiner eigenen Chats und Anrufe?
Mehr rund um Messenger
Whatsapp ist der weltweit beliebteste Messenger, gehört Meta (ehemals Facebook) und finanziert sich durch Werbung. Nachrichten, die über Whatsapp verschickt werden, sind Ende-zu-Ende verschlüsselt, sodass nur der Sender und Empfänger die Inhalte sehen können sollten. Laut einem Bericht der «New York Times» von 2023 hat der russische Geheimdienst FSB jedoch mehrere Möglichkeiten, um zu spionieren. So kann der Staat beispielsweise sehen, wenn jemand Sprachanrufe tätigt oder Dateien über verschlüsselte Chats sendet. Auch die Überwachung des Standorts von Handys oder die Identifizierung anonymer Nutzer in sozialen Medien ist möglich. Bestimmte Nachrichten abzufangen, ist jedoch laut der «New York Times» nicht möglich. Die Schweizer Armee hat aus Sicherheitsbedenken Whatsapp im Jahr 2022 verboten.
Threema
Threema bietet einen der höchsten Sicherheitsstandards aller Messenger und verschlüsselt Chats und Anrufe ebenfalls Ende-zu-Ende. In der Schweiz wird der Dienst sogar von der Armee genutzt. In Russland hingegen wurde Threema zusammen mit anderen Messengern verboten. Threema wurde 2022 zudem mit einer Geldstrafe belegt, da es gegen das russische Antiterrorgesetz verstossen haben soll. Laut diesem Gesetz müssen Telekommunikationsunternehmen Daten zu Anrufen, SMS, E-Mails usw. bis zu einem halben Jahr auf Servern speichern und dem FSB auf Anfrage zur Verfügung stellen. Threema erklärte damals: «Selbstverständlich werden wir unter gar keinen Umständen irgendwelche Daten an russische Behörden liefern.» Die Schweizer App zeichnet sich durch die Sammlung möglichst weniger Informationen über seine Nutzer aus und hat einen offenen Code, der unabhängig überprüft werden kann.
Telegram
Die Nachrichten des russischen Anbieters Telegram sind standardmässig nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt, was bedeutet, dass sie von Dritten mitgelesen werden können. Moxie Marlinspike, Kryptograf und Mitgründer von Signal, warnte im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine vor der Nutzung der App. «Telegram ist standardmässig eine Cloud-Datenbank mit einer Klartextkopie jeder Nachricht, die jeder jemals gesendet und empfangen hat.» Es gibt zwar eine Verschlüsselung für bestimmte Teile der App, diese muss jedoch manuell aktiviert werden. Der FSB fordert seit mehr als sechs Jahren von Telegram die Entschlüsselung entsprechender Chats. Der Messenger weigerte sich und erhielt im Februar 2024 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte recht.
Signal
Hinter dem Messenger Signal steht eine gemeinnützige Stiftung aus den USA. Alle Nachrichten und Gespräche sind auch hier Ende-zu-Ende verschlüsselt, und der Quellcode ist ebenfalls offen. Die App ist kostenlos und wird unter anderem von Whistleblower Edward Snowden empfohlen. Im letzten Jahr gab es Gerüchte, dass Signal gehackt worden ist, was sich jedoch als falsch erwies. Die «New York Times» berichtet jedoch von einem anderen Tool, das verwendet werden kann, um die Kommunikation mit verschlüsselten Apps auf einer Metaebene zu überwachen. Obwohl keine Inhalte einsehbar sind, erhält der FSB Zugang zu wichtigen Metadaten wie den Kommunikationspartnern, Zeitpunkt und Ort.
Globale Überwachung
In einer Zeit, in der digitale Überwachung nicht mehr nur in Spionagethrillern vorkommt, sondern Realität ist, sind Datenschutz und digitale Sicherheit unverzichtbar für die persönliche Freiheit. Enthüllungen von Whistleblowern wie Edward Snowden und fortlaufende Untersuchungen zeigen, dass niemand, weder Zivilpersonen noch staatliche Akteure, vor den wachsamen Augen globaler Überwachungsnetzwerke sicher ist. Für Schlagzeilen sorgt seit 2016 auch die Spionagesoftware Pegasus, die von der israelischen Firma NSO Group entwickelt worden ist. Sie kann dazu verwendet werden, umfangreiche Daten von Smartphones zu extrahieren, ohne dass der Benutzer davon Kenntnis hat. Recherchen des «Republik»-Magazins im Januar 2024 zeigen, dass der Bund uns alle überwacht. Seit dem Inkrafttreten des Nachrichtendienstgesetzes im Jahr 2017 liest der Schweizer Nachrichtendienst (NDB) den Internetverkehr von Schweizer Bürgern in grossem Umfang mit und wertet Daten zu bestimmten Suchbegriffen aus. Der NDB wies die Vorwürfe der Massenüberwachung zurück.