Leser Fabian Holzer (53) erzählt seinen liebsten Mythos
Kennst du die Geschichte vom Rollibock schon?

Wir haben unsere Leserinnen und Leser nach ihren liebsten Sagen und Mythen gefragt. Leser Fabian Holzer (53) hat sich gemeldet und eine Geschichte aus dem Wallis mitgebracht. Sie heisst «Rollibock, der Gehörnte am grossen Aletschgletscher».
Publiziert: 23.05.2023 um 12:46 Uhr
1/8
Leser Fabian Holzer (53) hat sich bei uns gemeldet und eine Geschichte aus dem Wallis mitgebracht.
Foto: zVg
Belina Rohner

«Vor langer Zeit wollte ein wilder Jäger im Gebiet des Märjelensees am Grossen Aletschgletscher Kristalle sammeln. Er fand auch beim Eggishorn eine Menge Edelsteine und füllte sich seine Taschen damit voll. Er zerstörte in seiner Gier viele Kristalle.

Am nächsten Morgen machte sich der Jäger auf die Jagd. Schon nach kurzer Zeit erblickte er einen prächtigen Bock und schoss ihn. Als er mit dem Ausweiden des Tieres beschäftigt war, erblickte er unweit von seinem Standort eine Gams, welche trauernd neben ihrem Zicklein mit gebrochenem Lauf stand. Da wurde der Jäger erneut von seinem Jagdtrieb gepackt. Er schoss erst das Muttertier und tötete anschliessend auch das wehrlose Zicklein ohne Erbarmen.

Auf einmal deckte sich der Himmel mit dunkeln Wolken zu und ein beissender Sturm fegte über die Gegend der Märjela. Der Wilderer zog erneut gegen den Märjelensee. Hier wartete ein Fährmann, ein altes Männchen mit langem grauen Bart und forderte den Jäger auf, zu ihm ins Boot zu steigen, um ihn anschliessend an das rettende Ufer des Grossen Aletschgletschers zu bringen. Das kam dem Jäger gerade recht und er nahm das Angebot des Fährmanns dankend an.

Doch der alte Fährmann fuhr nicht ans rettende Ufer, sondern steuerte geradewegs in den Gletscher hinein. Der Jäger forderte den Fährmann auf, sofort umzukehren, doch der Sturm wehte so stark und es regnete nun derart in Strömen, dass der Jäger nicht einmal mehr seine eigene Stimme hörte.

Das sagt Fabian Holzer zu der Geschichte

«Die Geschichte vom Rollibock habe ich vor einigen Jahren in einem alten Märchenbuch entdeckt. Ich finde es eine besonders schöne Geschichte, weil sie uns daran erinnert, dass wir behutsam mit der Natur umgehen sollten. Tun wir das nicht, drohen Katastrophen. Ich bin Hotelier und versuche, meine Besucher auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Deshalb habe ich eine Figur vom Rollibock aufgestellt. Es gibt auch ein Kinderbuch und ein Lied über die Geschichte.»

zVg

«Die Geschichte vom Rollibock habe ich vor einigen Jahren in einem alten Märchenbuch entdeckt. Ich finde es eine besonders schöne Geschichte, weil sie uns daran erinnert, dass wir behutsam mit der Natur umgehen sollten. Tun wir das nicht, drohen Katastrophen. Ich bin Hotelier und versuche, meine Besucher auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Deshalb habe ich eine Figur vom Rollibock aufgestellt. Es gibt auch ein Kinderbuch und ein Lied über die Geschichte.»

Als das Boot nun den Gletscher erreichte, legte der Fährmann sein Ruder nieder, richtete sich auf, wuchs aus sich heraus und war plötzlich riesengross. Er hatte die Gestalt eines Bocks mit grossen Hörnern und feurigen Augen angenommen und sein ganzer Leib war statt mit Haaren mit Eiszapfen behängt, welche ein furchtbares Klingeln verursachten. Mit tieftrauriger Miene blickte der Rollibock den Jäger an und sprach mit hallender Stimme: ‹Warum zerstörst du mein Reich? Was habe ich dir getan? Du kannst alles haben, was du benötigst, aber warum zerstörst du mein Gestein und tötest meine Kinder?› Der Jäger verstummte voller Angst. Scham über sein Handeln ergriff ihn. Da öffnete sich der Gletscher und das Boot versank im eisigen Wasser des Märjelensees.

Der Jäger wurde seitdem nicht mehr gesehen. Nur bei stürmischem Wetter wollen Hirten am Märjelensee früher oft einen Mann bemerkt haben, in alten Gewändern, mit Waffe und Provianttasche. Er soll noch immer auf der Suche nach einem Fährmann sein, welcher ihn an das rettende Ufer des Gletschers bringt.

Wenn es Mutige gab, die den Rollibock herausgefordert oder über ihn gespottet hatten, so brach er plötzlich aus und trat mit schrecklichem Getöse aus dem Grossen Aletschgletscher hervor, sodass auch der Schnellste ihm kaum entfliehen konnte. Rettung gelang nur denen, die rechtzeitig eine Kapelle oder ein gesegnetes Haus aufsuchen konnten. Wer aber vorher von ihm ergriffen wurde, den zermalmte er.»

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?