Qualitätsreport des ADAC zeigt
Unsere Autos werden immer schlechter

Der deutsche Verkehrsclub ADAC untersuchte 580 Autos auf ihre Material- und Verarbeitungsqualität. Ernüchterndes Resultat: Viele Modelle lassen zu wünschen übrig – auch von deutschen Premiummarken.
Publiziert: 27.08.2022 um 08:00 Uhr
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Aktualisiert: 27.08.2022 um 09:57 Uhr
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Der ADAC untersuchte 580 Autos auf ihre Material- und Verarbeitungsqualität. Ernüchterndes Resultat: Viele Modelle lassen zu wünschen übrig.
Foto: Kai-Uwe Knoth
Wolfgang Gomoll

Die Autoindustrie befindet sich mitten in der Transformation zur Elektromobilität. Milliardenbeträge werden in die neue Technik investiert. Dazu will man bei Kundinnen und Kunden die Kauflust wecken – aktuell gefragt sind möglichst viel elektrische Reichweite, digitale Services und grosse Bildschirme. Auch das kostet Geld. Viel Geld. Und dieses muss irgendwo herkommen. Die Folge: Es wird an allen Fronten gespart. Oder wie es Peter Fintl, Leiter Technologie und Innovation beim globalen Beratungsunternehmen Capgemini Engineering subtiler formuliert: «Im Zuge dieser Entwicklungen wurden andere Komponenten entfeinert.»

Trotz ihrer grossen Investitionen wollen die Autohersteller mit ihren Produkten weiterhin Geld verdienen. Und um möglichst viel Geld zu verdienen, wird auch an der Qualität gespart. Dies zeigt der diesjährige Qualitätstest des deutschen ADAC, bei dem 580 Autos auf ihre Material- und Verarbeitungsqualität untersucht wurden. «Bei vielen Modellen wird die Qualität schlechter. Selbst teure Autos sind oft nicht sonderlich hochwertig», lautet das ernüchternde Fazit des deutschen Automobilclubs.

VW-Konzern wird hart kritisiert

Vor allem mit dem Wolfsburger VW-Konzern gehen die ADAC-Tester hart ins Gericht. «Der Volkswagen-Konzern befindet sich aktuell auf dem absteigenden Ast», lautet ihr vernichtendes Urteil. Als unrühmliches Beispiel führen die Experten den Audi A3 an, bei dem gegenüber dem Vorgänger an allen Ecken und Enden gespart wurde.

Die Mängelliste ist lang: Hebt man den Kofferraumboden an, blickt man auf nacktes Blech. Auch Türrahmenverkleidungen sucht man vergebens. Noch viel mehr ins Gewicht fallen Nachlässigkeiten im Innenraum, früher eine Domäne von Audi. Mässig entgratete und nachgiebige Kunststoffe entsprechen nicht dem Qualitätsanspruch der Marke mit den vier Ringen.

Aber auch beim VW Golf 8 machten die Tester Rückschritte in der Anmutung gegenüber dem Vorgänger aus – sei es fehlender Filz im Handschuhfach oder die weggelassene Stoffverkleidung an der vorderen A-Säule. Wie man es besser macht, zeigt Volvo mit dem XC40, der bei den Kompakten (im ADAC-Duktus «Untere Mittelklasse») am besten abschneidet.

Mercedes-C-Klasse enttäuscht

Aber nicht nur bei VW-Edeltochter Audi hat der Rotstift fatale Auswirkungen. «Besonders enttäuscht sind die ADAC-Tester von der aktuellen Mercedes C-Klasse», heisst es wortwörtlich im Report. Ganz im Gegensatz zum Vorgängermodell, das die Tester punkto Verarbeitung noch beeindruckte, fällt jetzt beim Brot-und-Butter-Modell von Mercedes ein beliebter Trick aus der Interieuranmutung auf. Man verwendet im oberen Bereich, der besonders häufig angesehen und angefasst wird, hochwertigen, unterschäumten Kunststoff. Darunter aber werden weniger wertige Materialien verwendet. So sind zum Beispiel anders als noch beim Vorgänger die Türfächer aus hartem Plastik.

Ist Qualität doch eine Preisfrage?

Bei den Klein- und Kleinstwagen ist der Kostendruck besonders hoch und die Gewinnmarge klein. Toyota spricht man generell eine solide Verarbeitung zu. Aber obwohl der aktuelle Aygo X jetzt fast 6000 Franken mehr als sein Vorgänger kostet, weist der kleine Japaner weiterhin die fast identischen Materialschwächen auf und belegt den letzten Platz in seiner Klasse. Aber auch der VW Up und der Hyundai i10 erzielen dort keine besonders gute Wertung. Gerade die kleineren Modelle i10 und i20 des koreanischen Herstellers lassen in letzter Zeit bei der Verarbeitungsqualität zu wünschen übrig.

Dagegen registrieren die ADAC-Tester beim elektrischen Renault Zoe eine Verbesserung gegenüber dem Vorgänger. Und dass sich ein deutlich höherer Preis auch in verbesserter Qualität niederschlagen kann, dafür stehen bei den Kleinen die bestplatzierten BMW i3, Mini Cooper S Fünftürer und Honda e.

Bei den teureren und luxuriöseren Modellen sind die Margen grösser. Da sollte man eigentlich erwarten, dass der Sparzwang nicht ganz so ausgeprägt ist. Dennoch machten die ADAC-Tester auch dort «schwarze Schafe» aus. Zum Beispiel bei den allerdings hauptsächlich für den bezüglich Anmutung nicht so anspruchsvollen US-Markt gebauten Toyota Highlander oder die US-Modelle Ford Mustang und Chevrolet Camaro. Enttäuschend aber das Abschneiden des alles andere als günstigen VW T6.1. Dass es auch anders geht, beweisen hier mit Top-Noten die deutschen Premium-Autobauer Porsche, BMW, Mercedes und Audi mit den Modellen Taycan, Panamera, 5er und 7er, E-Klasse sowie Q7.

Übrigens: Der regelmässige Qualitätstest des deutschen Automobilclubs hat durchaus Einfluss auf die Fahrzeugfertigung. So machte der ADAC die Erfahrung, dass bei zuvor schlecht bewerteten Modellen aufgrund der negativen Test-Resonanz bei den Nachfolgern wieder mehr Wert auf die Verarbeitungsqualität gelegt wurde. Wir sind gespannt, ob dies auch im Zeitalter der Transformation zur Elektromobilität so bleibt.

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