Blick erklärt, wann Sie Bussen zahlen sollten
Lohnt es sich für Autofahrer, gegen Bussen vorzugehen?

TCS-Jurist Yves Alain Moor erklärt, warum gebüsste Autofahrer gegen die Aussagen von Polizisten kaum eine Chance haben und in welchen Fällen sich eine Einsprache dennoch lohnen kann.
Publiziert: 11.07.2022 um 19:35 Uhr
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Aktualisiert: 12.07.2022 um 13:18 Uhr
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Werden Autofahrer in der Schweiz für einfache Delikte wie Fahren ohne Gurt gebüsst, haben sie in den meisten Fällen kaum Chancen, dagegen juristisch erfolgreich vorzugehen.
Foto: Keystone
Andreas Engel

Unser Artikel «Vor der Polizei sind Autofahrer machtlos» schlug hohe Wellen. Darin berichtete Blick-Autoredaktor Andreas Engel (37) von einer Busse in Höhe von 60 Franken, die er wegen Nichttragens des Sicherheitsgurts erhalten hatte – obwohl er angeschnallt war. Blick erhielt daraufhin Hunderte Einsendungen von Leserinnen und Lesern, die ganz ähnliche Erfahrungen im Schweizer Strassenverkehr mit der Polizei gemacht haben wie Redaktor Engel.

Was die meisten dieser Fälle gemeinsam haben: Bei ihnen handelt es sich um einfache Verkehrsregelverstösse, die von Polizisten vor Ort gesehen worden seien – und bei denen eine Einsprache kaum lohne, wie TCS-Jurist Yves Alain Moor erklärt: «Polizeibeamte sind sogenannte Personen höheren Vertrauens. Gemäss Bundesgericht gelten die Feststellungen der Polizei vor Ort in der Regel als starke Beweise, da die Polizei gesetzlich der Objektivität verpflichtet ist.»

Falschaussagen sind strafbar

Ferner berücksichtige das Bundesgericht, dass Falschaussagen strafbar seien. Bei Polizeibeamten würde insbesondere beachtet, dass diese sich zusätzlich in Gefahr brächten, ihren Job zu verlieren. Schliesslich stelle das Bundesgericht auch darauf ab, dass Polizisten aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung etwa Abstände richtig einschätzen könnten und bei Verkehrskontrollen oder auf Patrouille darauf fokussiert seien, Verkehrsregelverstösse festzustellen, wie Experte Moor weiter erklärt. Im Gegensatz dazu gehe das Bundesgericht bei der Beurteilung der Aussagen der beschuldigten Fahrzeuglenker davon aus, dass diese ein Interesse daran hätten, nur entlastende Angaben zu machen.

«Besteht kein Anlass, an der Glaubwürdigkeit der unter Strafdrohung bei Falschaussagen einvernommenen Polizeibeamten als Zeugen zu zweifeln, so wird eine Berufungsinstanz oder ein Gericht die Aussagen der beiden Beamten schützen. Somit raten wir, die Ordnungsbusse – wie im Fall von Herrn Engel beschrieben – nicht weiterzuziehen, da die Aussicht auf Erfolg bei Aussage Beschuldigter gegen Aussage Polizeibeamte ohne weitere Zeugen oder Tatbestandsmerkmale äusserst gering ist», führt Moor aus. Und schätzt: Bei Einsprache hätte Engel mit Kosten von 400 bis 500 Franken rechnen müssen. Anders gesagt: Gegen «kleinere» Bussen ist man im Zweifel machtlos.

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Droht Ausweisentzug, kann sich Einsprache lohnen

Ganz anders sehe es aber im Falle eines Strafbefehls aus, wenn Ausweisentzug drohe (z. B. exzessives Tempo, Vortrittsmissachtung oder Nichtbeherrschen des Fahrzeugs). Denn ist der Strafbefehl erst einmal rechtskräftig, weil die Beschuldigten aufgrund der drohenden hohen Kosten auf eine Überprüfung durch das Strafgericht verzichten, flattert Post vom Strassenverkehrsamt ins Haus – mit der Androhung des Ausweisentzugs. Viele Beschuldigte sind sich nicht bewusst, dass das Strassenverkehrsamt an die Feststellungen im Strafbefehl grundsätzlich gebunden ist. Vor Erlass eines Strafbefehls muss der Beschuldigte nicht angehört werden und es wird somit ausschliesslich aufgrund der polizeilichen Feststellungen entschieden.

Wenn aber Einsprache erhoben wird, ist es wichtig, Chancen und Risiken abzuwägen: Wenn das Gericht nach der Einsprache an der Verurteilung festhält, kann dies 1000 Franken oder viel mehr kosten. Eine Einsprache ist deshalb nur sinnvoll, wenn es Beweise gibt, die den Beschuldigten von den Vorwürfen befreien. Etwa ein Alibi oder eben begründete Zweifel an Zeugenaussagen – auch jenen der Polizei. Ist man unsicher, ob sich eine Einsprache lohnt, kann in der zehntägigen Frist Einsicht in Akten genommen werden. Eine Rechtsschutzversicherung lohne sich in so Fällen immer, sagt Moor – wie sie beispielsweise auch der TCS anbietet.

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