In New York ist vor wenigen Wochen ein Parkhaus eingestürzt. Die schlimme Bilanz: Ein Toter, mindestens vier Verletzte und massenhaft zerstörte Autos. Die Ursache ist noch nicht restlos geklärt. Vermutet werden aber schlechte Instandhaltung, mangelnde Wartung des Gebäudes und zu wenige statische Untersuchungen durch Experten.
Fakt ist: Nicht nur in den USA, auch in der Schweiz werden Neuwagen immer grösser und schwerer. Die Gründe dafür sind eine immer umfangreichere Sicherheits- und Komfortausstattung sowie der Boom von Elektroautos, die mit ihren massiven Batteriepaketen deutlich mehr Gewicht auf die Waage bringen als vergleichbare Autos ohne E-Antrieb.
Hoher Gewichtszuwachs
Wog ein Schweizer Neuwagen laut Datenexperte Statista 1996 im Schnitt 1309 Kilogramm, waren es 2021 schon 1723 Kilogramm – eine Zunahme von mehr als 30 Prozent oder satten 404 Kilogramm pro Fahrzeug! Während also 50 parkierte Neuwagen auf dem gleichen Stockwerk 1996 im Schnitt rund 65 Tonnen auf die Waage brachten, waren es 2021 über 86 Tonnen (auch interessant: Unsere Autos werden immer grösser)!
Es stellt sich deshalb die Frage: Sind die häufig alten Parkhäuser neuen Autos überhaupt noch gewachsen? Und könnten sie schlimmstenfalls sogar einstürzen?
Kein Handlungsbedarf
Auf Anfrage von Blick geben die Betreiber des Pfingstweid Parking neben der Hardbrücke Entwarnung: Da im Parkhaus selber keine Ladeplätze für Stromer vorhanden seien, würden ohnehin kaum Elektrofahrzeuge im Gebäude parkieren. Ob sich die Situation im geplanten Neubau des Pfingstweid-Parkhauses verändern werde, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.
Auch bei der Parking Zürich AG (PZAG), die Aussen- und Innenparkplätze in allen Kreisen der Stadt Zürich anbietet, sieht man aktuell keinen Handlungsbedarf: «Die PZAG überprüft ihre Parkhäuser regelmässig auf Sicherheit. Dabei werden nicht nur Fachleute des Amts für Hochbau herbeigezogen, sondern auch externe Spezialisten», teilt die Geschäftsleitung auf Anfrage von Blick mit.
Nutzlast ist genormt
Konkretere Informationen erhalten wir von Plácido Pérez (56). Der diplomierte Bauingenieur mit eigener Firma in Bonaduz GR ist seit 2017 Studienleiter Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Graubünden und doziert seit mehr als 20 Jahren in den Studiengängen Architektur und Bauingenieurwesen. Er erklärt: «Seit Jahrzehnten ist die Nutzlast von Park- und Verkehrsflächen in der Norm des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA definiert und vorgegeben. Für uns Bauingenieure bedeutet dies, dass wir Veränderungen im Nutzungsverhalten beobachten und entsprechend bei den Tragwerken berücksichtigen müssen.»
Wie die Norm in der Praxis umgesetzt wird, erklärt Pérez anhand eines Vergleichs zwischen einem Smart Fortwo und einem Tesla Model X: Der Smart benötigt eine Fläche von rund 4,4 Quadratmetern (m2) und wiegt leer 885 Kilogramm, was einer Flächenlast von 201 Kilogramm pro Quadratmeter (kg/m2) entspricht. Ein Tesla Model X hingegen wiegt leer zwar fast das Dreifache, nämlich 2415 Kilogramm, benötigt aber eine Fläche von etwa 11 m2. Die Flächenlast beträgt beim Familienstromer somit 220 kg/m2. Der Gewichtsunterschied pro Quadratmeter ist also viel geringer, als aufgrund der unterschiedlichen Leergewichte zu vermuten wäre.
Grosse Autos, grosse Fläche
«Die genormte Flächenlast in Schweizer Parkhäusern entspricht 200 kg/m2, wobei eine Sicherheitstoleranz mit Faktor 1,5 gilt. Die maximal zulässige Flächenlast liegt also bei 300 Kilogramm pro Quadratmeter», führt Pérez aus. Schwere Fahrzeuge würden aufgrund ihrer grösseren Dimensionen den Wert deshalb zumeist einhalten. Erst wenn das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs, das 3,5 Tonnen beträgt, überschritten würde, könnte es in unseren Parkhäusern problematisch werden. «Allerdings dürfte das mit den Leergewichten heutiger PW auch in Zukunft nicht der Fall sein», gibt Plácido Pérez Entwarnung.