Auch 2021 müssen wir auf die global wichtigste Automesse verzichten: Es wird keinen Genfer Salon im kommenden Jahr geben. Das haben Komitee und Rat der Stiftung «Salon International de l’Automobile» entschieden.
Unmittelbar nach der Annullierung der Geneva International Motor Show (GIMS) im März 2020 bat die organisierende Stiftung den Kanton Genf um finanzielle Unterstützung. Um so die durch die Absage verursachten Verluste (rund 11 Millionen Franken) decken und den nächsten Autosalon vorbereiten zu können.
Der Grosse Rat sagte Anfang Juni der Stiftung ein Darlehen von 16,8 MillionenSchweizer Franken zu. Bedingung: Die Stiftung organisiert auch 2021 wieder einen Autosalon. Wegen dieser Auflage kams innerhalb der Stiftung zu einem Interessenkonflikt und Machtkampf zwischen Ausstellervertretern und jenen der Region Genf.
Die Aussteller befürchteten angesichts der unsicheren Weiterentwicklung wegen der Corona-Pandemie wieder eine kurzfristige Absage und dadurch erneute Verluste. Sie wünschten keine GIMS für 2021. Die Genf-Vertreter dagegen wollten unbedingt an der Veranstaltung 2021 festhalten. Denn die grösste Schweizer Veranstaltung überhaupt brachte der Region Genf bisher jährlich rund 200 Millionen Franken ein.
Stiftung zieht sich zurück
Gestern Abend hat der Stiftungsrat nun entschieden, dass die GIMS-Stiftung im Jahr 2021 keinen Autosalon organisieren wird. Zudem wird aufs Darlehen des Genfer Staates verzichtet. Dafür begrüsst die Stiftung einen Verkauf der GIMS an den Messebetreiber Palexpo SA. Mit dem Kauf der Vermögenswerte würden alle Rechte der Organisation der GIMS an die Palexpo übergehen. Als Verhandlungsbasis geht François Launaz, Vizepräsident des Stiftungsrats und Präsident der Schweizer Importeursvereinigung Auto Schweiz, von einem Preis von 15 Millionen Franken aus: «Grundlage sind die möglichen Erträge aus der GIMS in den kommenden fünf Jahren», sagt Launaz. Mit rund 35 Millionen Franken machte die GIMS bisher den Löwenanteil des jährlichen Palexpo-Umsatzes aus.
Und was passiert mit dem Geld? Launaz will die Aussteller für bereits geleistete Zahlungen für die ausgefallene Messe 2020 entschädigen, um so eine positive Grundstimmung für kommende Salons unter neuer Regie zu schaffen. «Wir wollen keinen Reibach mit den GIMS-Rechten machen», betont GIMS-Präsident Maurice Turrettini. Nach dem Verkauf der GIMS werde die Stiftung aufgelöst und ihr Vermögen in eine neue Stiftung übergehen, die sich zum Beispiel der Förderung der Zukunft des Automobils, dem autonomen Fahren oder neuer Technologie widmen könnte, so Launaz.
Inakzeptable Bedingungen
Der Stiftungsrat bedauert die Entscheidung. François Launaz: «Natürlich liegt uns die GIMS am Herzen. Aber die Bedingung, jetzt bereits eine Austragung des Salons für nächstes Jahr zu garantieren, konnten wir einfach nicht akzeptieren.» Eine Umfrage unter den Ausstellern ergab, dass eine Mehrheit an einem Salon 2021 nicht teilnehmen würde. Zudem befindet sich die Autobranche in einer schwierigen Phase und braucht Zeit, um sich von den Folgen der Corona-Pandemie zu erholen. «Darüber hinaus», so Launaz, «ist nicht sicher, ob die gesundheitliche Situation schon im nächsten Frühling wieder eine Veranstaltung mit über 600’000 Besuchern und 10’000 Journalisten aus aller Welt erlaubt.»
GIMS 2021 doch unter Palexpo-Regie?
Die bisherigen GIMS-Organisatoren würden der Palexpo SA nach der Übernahme jedenfalls Hand bieten und bei weiteren Salon-Austragungen mit Rat und Tat zur Seite stehen. «Zum Beispiel als Aussteller-Komitee und Link zu den internationalen Fahrzeugherstellern und Zulieferern», meint Launaz: «Unser Ziel ist es, den Bestand der GIMS langfristig zu sichern.»
Für 2021 ist eine Durchführung der Messe allerdings vom Tisch. Es sei denn, die Palexpo SA wagt unter Druck der regionalen Wirtschafts- und Interessenvertreter einen Kraftakt und versucht in eigener Regie, die Ausstellung schon nächstes Jahr auf die Beine zu stellen. Claude Membrez, Generaldirektor der Palexpo SA, lässt sich dazu noch nicht in die Karten blicken: «Im Moment ist noch nichts entschieden, wir analysieren die Situation.»