Schaltet die Autobranche in Europa und Nordamerika über die Feiertage traditionsgemäss einen Gang zurück, wird in China Vollgas gegeben. Nicht nur die dortigen Tech-Konzerne nutzen das Jahresende jeweils für wichtige Produktvorstellungen, auch die Autobranche lässt es dann gerne nochmals krachen. So veranstaltet Nio stets kurz vor Weihnachten seinen grossen Nio-Day mit wichtigen Neuheiten. Und jetzt sorgt Tech-Gigant Xiaomi, der mit seinen Produkten die etablierten Konzerne wie Sony, Apple oder Google in vielen Bereichen bereits überholt hat, für Aufsehen – mit einem Primeur auf vier Rädern.
Anders als die Modellbezeichnung SU7 es vermuten lässt, ist das erste Fahrzeug des chinesischen Tech-Giganten Xiaomi kein SUV, sondern eine elegante Coupé-Limousine. Sie soll voraussichtlich ab Ende Jahr gegen Modelle wie Audi E-Tron GT, Porsche Taycan oder Tesla Model S antreten.
Xiaomi will in die Top-Five
Für Xiaomi-Gründer und -CEO Lei Jun (54) ist der Einstieg seines Konzerns in die Autoindustrie ein bedeutender Schritt: vom blossen Smartphone hin zur Verbindung von Mensch, Auto und Haus. «Xiaomi hat sein Entwicklungsbudget verzehnfacht – angefangen bei der Entwicklung grundlegender Kerntechnologien, um ein herausragendes Fahrzeug zu bauen. In 15 bis 20 Jahren will Xiaomi zu einem der fünf grössten Autohersteller der Welt aufsteigen.»
Lei Juns Worte sind schon deshalb ernst zu nehmen, weil Xiaomi inzwischen einer der grössten Hersteller von elektronischen Hausgeräten und Smartphones ist – gerade mal 13 Jahre nach der Gründung des Unternehmens. Aktuell forschen und entwickeln für den Konzern 3400 Ingenieure und mehr als tausend technische Experten aus den verschiedensten Bereichen. Viele hatten mit Autos bislang nichts zu tun.
Obwohl Xiaomi es nicht so klar sagt wie mancher Konkurrent, soll der SU7 ein Smart-Device auf Rädern sein – maximal vernetzt, um eine zentrale Rolle im Alltag seiner Besitzer zu spielen. Das Fahrzeug wurde unter Mithilfe bekannter Zulieferer entwickelt und wird bei Auftragsfertiger BAIC in China gefertigt.
Viel Leistung und Reichweite
Der SU7 sieht nicht nur elegant aus, sondern soll auch fahrtechnisch brillieren. Der Elektroantrieb des Topmodells leistet 578 PS (425 kW) und 635 Nm. Aus dem Stand beschleunigt der elektrische Viertürer in 2,8 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht eine Spitze von 265 km/h. Nach Aussagen von Xiaomi handelt es sich beim «Hyper-Engine-V8» genannten Elektroantrieb um ein wahres Hightech-Triebwerk. Bei der Kühlung setzen die E-Motoren auf ein spezielles System, das bis zu 30 Grad Celsius Kühlwirkung erreichen soll.
Weitere Varianten kommen als Hyper-Engine-V6 oder V6s mit 299 PS (220 kW) oder 374 PS (275 kW). Die Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse werden bei allen Modellen von einem eigens entwickelten Batteriepaket mit Energie versorgt. Das besonders flache Akkupaket verspricht bei einer Batteriekapazität von 150 kWh zumindest im China-Verbrauchszyklus eine theoretische Reichweite von über 1200 Kilometern.
Schrittweise sollen die Xiaomi-Modelle auch für hochautomatisiertes und später autonomes Fahren vorbereitet werden. Davon merkt man im Innenraum des SU7 jedoch wenig. Man blickt am Steuer des Fahrzeugs auf ein nur 7,1 Zoll grosses Digitaldisplay hinter dem Lenkrad, das von dem darüberliegenden 56 Zoll grosses Head-up-Display geradezu erschlagen wird.
Für Komfortfunktionen und Navi gibts ein weiteres 16,1 Zoll grosses Zentraldisplay sowie zwei Halterungen an den Rückenlehnen für Displays. Über einen Chip mit hoher Rechenleistung können alle fünf Bildschirme miteinander verknüpft werden. Beim Aufstarten sollen alle Funktionen auf den Bildschirmen in 1,5 Sekunden nach Öffnen der Türen verfügbar sein – das wäre Benchmark.