SsangYong: Neuer Partner, neue Modelle, neue Hoffnung
Vom Design-Tief zum Elektro-Hoch

Der südkoreanische Autobauer SsangYong ist in Europa nur echten Szene-Kennern ein Begriff. Nachdem die Marke letztes Jahr fast pleiteging, will sie jetzt mit neuem Partner und neuen Modellen zum echten Konkurrenten im Elektroauto-Segment werden.
Publiziert: 20.03.2022 um 18:06 Uhr
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Was waren das nur für optische Missgeburten auf Rädern, die SsangYong einst bei uns lancierte! Darüber kann selbst das Lächeln der Dame nicht hinwegtäuschen.
Foto: zVg
Andreas Engel

Auto-Fans erinnern sich noch mit Schrecken: Was waren das nur für optische Missgeburten, die der südkoreanische Autobauer SsangYong zur Jahrtausendwende bei uns lancierte! Mit Modellen wie Actyon, Korando oder Rodius mischten die Südkoreaner bei Rankings der hässlichsten Autos aller Zeiten stets ganz oben mit.

Doch nicht nur punkto Design war SsangYong (koreanisch für Zwillingsdrache) des Öfteren im Tiefflug. 1997 kaufte erst Daewoo den von Mercedes unterstützten Autobauer, ehe der Konzern drei Jahre später selbst in finanzielle Schwierigkeiten geriet und 2002 in Konkurs ging. Es folgte die Übernahme durch den chinesischen Hersteller SAIC, der aber 2009 bereits wieder absprang. Nach Liquiditätsengpässen und einer vorübergehenden Produktionseinstellung in den Werken Pyeongtaek und Changwon wurde SsangYong 2011 schliesslich vom indischen Grosskonzern Mahindra aufgekauft.

Wandel in die Moderne

Was dann folgte, war so etwas wie eine Rehabilitation – auch was die Optik der Fahrzeuge betraf. Zuerst kam kurz nach der Übernahme die Neuauflage des Kompakt-SUVs Korando auf den Markt. Danach war der bis dahin gruselig anzuschauende Familienvan Rodius an der Reihe. Den endgültigen Wandel zum modernen Autobauer vollzog SsangYong mit den darauffolgenden SUV-Modellen Tivoli, XLV und Rexton. 2019 stellten die Südkoreaner bereits die vierte Auflage ihres Bestsellers Korando am Genfer Autosalon vor – die Zukunft des viertgrössten koreanischen Autobauers (nach Hyundai, Kia und Renault Samsung Motors) sah trotz bescheidenen Absatzzahlen in Europa ungetrübt aus.

Doch wie so oft in der Geschichte SsangYongs zogen bald wieder dunkle Wolken am Horizont auf – in Form der Corona-Pandemie. Diese stürzte ab Anfang 2020 die gesamte Weltwirtschaft in eine tiefe Krise. Wohl als Folge davon war Mahindra nicht mehr bereit, frisches Kapital nach Südkorea zu überweisen. Die Inder versuchten vergeblich, SsangYong gewinnbringend zu verkaufen. Schliesslich stiess der ehemalige Mutterkonzern die darbende Marke ab – und am 21. Dezember 2020 meldete SsangYong 66 Jahre nach der Gründung Insolvenz an.

Schweiz mit Verkaufs-Stopp

In der Schweiz wurde die Situation für die Südkoreaner im darauffolgenden Jahr noch prekärer als im Rest Europas: 2021 durfte SsangYong bei uns offiziell kein einziges Auto verkaufen – wegen des strenger gewordenen CO₂-Grenzwertes hätte der Hersteller sonst für jedes Fahrzeug eine Öko-Busse zahlen müssen. In der Firmenzentrale in Pyeongtaek versuchte man derweil, die endgültige Pleite irgendwie noch abzuwenden. Ein Konsortium um den ebenfalls südkoreanischen Elektrobus-Hersteller Edison Motors erklärte sich im letzten Herbst bereit, SsangYong für umgerechnet rund 230 Millionen Franken zu übernehmen und frisches Kapital in den Autobauer zu stecken. Vor zwei Monaten wurde eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Nun müsste einzig noch die Mehrheit der Gläubiger SsangYongs den Plänen zur Schuldenbereinigung zustimmen, heisst es von Unternehmensseite. Ende Mai soll es so weit sein.

Was Edison mit der angeschlagenen Marke vorhat, daraus machen die Südkoreaner mit dem Namen des weltberühmten US-Erfinders kein Geheimnis: SsangYong soll zum E-Auto-Hersteller umgebaut werden. Und das erste Fahrzeug steht auch schon bereit. Auf den bereits 2019 angekündigten e-Motion auf Basis des aktuellen Korando hatte Edison Motors aber noch keinen Einfluss. Die Good News für die neuen Besitzer: In einem ersten Test konnte der kompakte Elektro-SUV durchaus überzeugen. In Zukunft könnte SsangYong dann aber auch direkt von Edison profitieren – etwa in Form elektrischer Antriebskomponenten. Wie genau die Zusammenarbeit aussehen wird, darf aufgrund des laufenden Verfahrens momentan noch nicht gesagt werden.

So fährt sich der neue Korando e-Motion

Noch vor dem Verkaufsstart konnte SonntagsBlick den neuen Korando e-Motion Probe fahren. Und dabei konnte der Elektro-SUV überzeugen: Optisch zeigt der Stromer Kante und unterscheidet sich nur durch die geschlossene Frontpartie und blauen Akzente vom Verbrenner-Modell. Im gut verarbeiteten Cockpit treffen wir auf moderne Digitalinstrumente und ein übersichtliches Infotainmentsystem. Und obwohl der Korando nicht nur als reines E-Modell konstruiert wurde, gibts sowohl im Laderaum (551–1248 l) als auch besonders auf der Rückbank richtig viel Platz.

Zügig wuselt der 1,9 Tonnen schwere Korando mit seinem 190 PS starken E-Motor an der Vorderachse durch den Stadtverkehr und lässt auch auf schlechten Strassen den Komfort nicht vermissen. Auf der deutschen Autobahn beschleunigt der SUV bis maximal 156 km/h (0–100 km/h in 8,5 s). Der 62-kWh-Akku im Unterboden macht den Korando allerdings nicht zum Langstrecken-König: Laut Norm sind es 339 Kilometer Reichweite, in der Stadt theoretisch bis zu 474, aber auf der Autobahn dürfte die Reichweite unter 300 Kilometer fallen. Geladen wird mit maximal 80 kW, was den Akku in 33 Minuten von 20 auf 80 Prozent erstarken lässt. Der Preis ab 39'190 Franken macht den e-Motion zum echten Geheimtipp unter den Elektro-SUVs. Wer jetzt bestellt, muss aber bis Ende Jahr auf seinen Neuwagen warten.

zVg

Noch vor dem Verkaufsstart konnte SonntagsBlick den neuen Korando e-Motion Probe fahren. Und dabei konnte der Elektro-SUV überzeugen: Optisch zeigt der Stromer Kante und unterscheidet sich nur durch die geschlossene Frontpartie und blauen Akzente vom Verbrenner-Modell. Im gut verarbeiteten Cockpit treffen wir auf moderne Digitalinstrumente und ein übersichtliches Infotainmentsystem. Und obwohl der Korando nicht nur als reines E-Modell konstruiert wurde, gibts sowohl im Laderaum (551–1248 l) als auch besonders auf der Rückbank richtig viel Platz.

Zügig wuselt der 1,9 Tonnen schwere Korando mit seinem 190 PS starken E-Motor an der Vorderachse durch den Stadtverkehr und lässt auch auf schlechten Strassen den Komfort nicht vermissen. Auf der deutschen Autobahn beschleunigt der SUV bis maximal 156 km/h (0–100 km/h in 8,5 s). Der 62-kWh-Akku im Unterboden macht den Korando allerdings nicht zum Langstrecken-König: Laut Norm sind es 339 Kilometer Reichweite, in der Stadt theoretisch bis zu 474, aber auf der Autobahn dürfte die Reichweite unter 300 Kilometer fallen. Geladen wird mit maximal 80 kW, was den Akku in 33 Minuten von 20 auf 80 Prozent erstarken lässt. Der Preis ab 39'190 Franken macht den e-Motion zum echten Geheimtipp unter den Elektro-SUVs. Wer jetzt bestellt, muss aber bis Ende Jahr auf seinen Neuwagen warten.

Jedes Jahr ein neues E-Auto

Doch ein Autobauer lebt vom Verkauf seiner Autos – und da muss SsangYong schnell zurück in die Spur finden. 2021 wurden weltweit nur knapp 84'000 Fahrzeuge verkauft. Für dieses Jahr rechnet Europachef Johan Vanden Bergh (48) mit rund 13'500 Neuzulassungen auf dem so wichtigen europäischen Markt – knapp ein Fünftel davon entfällt auf den nun erhältlichen Korando e-Motion. «Ab sofort wollen wir jedes Jahr ein neues E-Auto auf den Markt bringen», gibt Vanden Bergh die künftige Richtung vor.

Ab 2023 soll der Elektro-SUV U100 für weiteren Aufschwung sorgen. Erste Skizzen zeigen einen rustikalen, aber ansehnlichen Offroader, der einst gegen Rivalen wie Hyundai Ioniq 5 oder VW ID.4 antreten soll. Auch Zeichnungen eines möglichen Korando-Nachfolgers hat SsangYong unter dem Projekt-Namen X200 bereits veröffentlicht. Die robust ausgerichtete Designvision sollen alle künftigen Modelle tragen, verraten die Südkoreaner. Optische Tiefflüge sollte es in Zukunft also nicht mehr geben. Und die Voraussetzungen sind gut, dass SsangYong nach Jahren der Krise endlich zum Höhenflug ansetzen kann.

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