Wer hat nicht schon davon geträumt? An der engen Einfahrt zum Parkhaus einfach aussteigen – und das Auto sucht sich von alleine eine freie Parkbucht. Genau dies ermöglicht jetzt der TÜV Rheinland zusammen mit Bosch und Mercedes. Ihr sogenanntes «Automated Valet Parking»-System ist ein automatisierter Parkservice, der Autos in Parkhäusern völlig autonom ohne Fahrer oder Fahrerin am Steuer parkieren lässt.
Das kürzlich in Stuttgart (D) gestartete Projekt des gemeinsam von Bosch und Mercedes entwickelten Systems ist das weltweit erste für den Serieneinsatz von Fahrzeugen mit Automatisierungsstufe 4 genehmigte Parkiersystem. Das heisst, es besteht keine Anforderung mehr, dass ein Fahrer oder eine Fahrerin jederzeit eingreifen können muss. Automated Valet Parking ist also ein weiterer Meilenstein im Bereich des autonomen Fahrens – sowohl was Technik, als auch Zulassungsverfahren betreffen. Nach vielen Jahren probieren und verbessern wurde das System 2023 erstmals vom Kraftfahrt-Bundesamt Deutschland (KBA) rechtlich genehmigt. Bisherige Versuche, ein solches System bei den zuständigen Behörden autorisieren zu lassen, scheiterten am fehlenden Rechtsrahmen für den fahrerlosen Betrieb von Fahrzeugen.
TÜV Rheinland als Bindeglied
«In einem siebenjährigen Prozess hat Sicherheitspartner TÜV Rheinland als Bindeglied zwischen den Entwicklern Bosch und Mercedes sowie den Genehmigungsbehörden jetzt den Weg für ein sicheres und genehmigungsfähiges Konzept für eine fahrerlose Parktechnologie für Level 4 geebnet», erklärt Sicherheitsexperte Andreas Kohlhas vom TÜV Rheinland stolz. Damit gelten sowohl das Technikkonzept als auch der Gesetzgebungsrahmen für Automated Valet Parking als Vorlage und Vorgabe für weitere Projekte auf der ganzen Welt.
So funktioniert die Bosch-Technik
Bosch entwickelte ein grossflächiges Sensorik-System, bei dem eine Vielzahl von Kameras und Sensoren im Parkhaus installiert wurden. Diese erstellen eine Art 3D-Umgebungsbild. Die entsprechenden Daten werden an die fahrzeugintegrierte Software im Auto gesendet. Dort werden alle Daten miteinander verknüpft. So ist es möglich, das Fahrzeug autonom und ohne Fahrerin oder Fahrer barrierefrei und sicher zu navigieren. «Selbst plötzliche Hindernisse erkennt das Überwachungs-System und reagiert zuverlässig. Das Auto hält selbstständig an und fährt weiter, sobald die Strecke wieder frei ist», erklärt Andreas Kohlhas. Das Unvorhersehbare war und ist natürlich die grosse Herausforderung: «Wir mussten damals bereits mögliche Risikoszenarien antizipieren, für die es erst Jahre später relevante Anwendungsfälle geben würde.»
Bislang nur für Mercedes
Bisher sind einzig die Level-4-fähigen Modelle von Mercedes (S-Klasse und SUV EQS) dank ihrer optionalen Software Intelligent-Park-Pilot (Aufpreis rund 1100 Franken) mit dem Bosch-System kompatibel. Gemäss Bosch und Mercedes kann diese Technik aber bald auch auf weitere Fahrzeugklassen und -hersteller skaliert werden. Denn die dazu benötigte Hauptsensorik steckt vor allem in der Umgebung, also im Parkhaus, und nicht im Fahrzeug.
Autonome Parkiersysteme bieten nicht nur mehr Sicherheit (keine Rempler mehr) und Komfort (Zeitgewinn und kein Stress bei der Suche nach einer freien Parklücke), sondern sparen auch Platz. Dank effizienterer Parkraum-Nutzung durch die Elektronik passen bis zu 20 Prozent mehr Autos in ein Parkhaus. Das Stuttgarter Flughafenparkhaus ist übrigens erst der Anfang. Noch für dieses Jahr sind bereits 15 weitere Parkhäuser in Deutschland geplant. Und über 100 weitere sollen alleine in Deutschland in den nächsten Jahren dazukommen.