Schon die Aussprache ist weit weg von dem, was man sonst aus der Autoindustrie kennt. Lynk & Co – wie bitte? «Lünk and Company», versuchts ein Kollege. «Bitteeee», spielt CEO Alain Visser (56) den Genervten: «Link and Ko! Ganz einfach.»
Ganz einfach solls auch sein, wenn man ein Modell der chinesischen Marke fahren möchte, die ab Ende 2020 im belgischen Antwerpen in Europa starten will. Bei der Tochter des Geely-Konzerns gibts nur ein Modell, zwei Antriebe, eine Handvoll Farben. Aber keine Optionen, keine Händlerbesuche, kein Schachern um Rabatt und Winterpneus. Service, Reifenwechsel, Reparaturen – um alles kümmert sich Lynk & Co. Nur tanken muss der Kunde.
Alles läuft online
«Wir eliminieren alles, was am Autokauf nervt», sagt Visser. «Wir sind das Netflix und Spotify der Autoindustrie.» Lynk & Co sehe sich nicht einmal als Autounternehmen, sondern verkaufe Mobilität und sei eine Community: «Mitgliedschaft statt Autokauf.» Man wählt online nur Antrieb und Farbe und schliesst mit wenigen Klicks ein Auto-Abo für das erste und noch einzige Modell, den 01 ab («01 – Oh eins? Null-eins?» «Zero One», sagt Visser).
Damit werde man Teil der Lynk-Community, bekomme Zugang zu Events, Konzerten, Vergünstigungen. Gekündigt werden kann monatsweise. «Brutal einfach!», sagt Visser. Schauräume? Einen, höchstens zwei pro Land und immer in den Städten werde es geben; dazu ein paar herumziehende Pop-up-Stores – mit nur je einem Auto drin. Auf dem Rest der Fläche will Visser Party machen, mit Events für die Community. Ausserdem kann jedes Community-Mitglied sein Auto für andere zur Nutzung freigeben. Dazu gibt es in der Lynk-App eine Funktion fürs Social Rating, also die Bewertung, wie man das Auto nach der Ausleihe hinterlassen hat. China lässt grüssen.
Sitze aus Recycle-Plastik
Bis Ende 2023 will Visser in ganz Europa voll präsent sein. Zum Start gibt es nur das Modell 01, das auf der Technik des Kompakt-SUV XC40 der schwedischen Schwestermarke Volvo aufbaut. Seit 2018 wird es schon in China angeboten, bekommt für Europa aber eine neue Front und ein neues Heck nach hiesigem Geschmack. Jeder 01 kommt voll ausgestattet; inklusive Infotainment und Sitzbezügen aus Mikroplastik aus dem Meer. Der Kofferraum fasst 532 Liter.
Geely ist die Konzernmutter von Lynk & Co, Volvo, deren Elektromarke Polestar und dem britischen Sportwagen-Leichtgewicht Lotus. Ausserdem baut das 1986 gegründete chinesische Unternehmen die typischen London-Taxis und hat ein paar China-Automarken unterm Schirm, von denen wir noch nie gehört haben. Seit 2018 gehören ihm 9,7 Prozent vom Daimler-Konzern. Im Jahr 2023 setzte Geely mit 120'000 Mitarbeitenden umgerechnet über 22,4 Milliarden Franken um.
Geely ist die Konzernmutter von Lynk & Co, Volvo, deren Elektromarke Polestar und dem britischen Sportwagen-Leichtgewicht Lotus. Ausserdem baut das 1986 gegründete chinesische Unternehmen die typischen London-Taxis und hat ein paar China-Automarken unterm Schirm, von denen wir noch nie gehört haben. Seit 2018 gehören ihm 9,7 Prozent vom Daimler-Konzern. Im Jahr 2023 setzte Geely mit 120'000 Mitarbeitenden umgerechnet über 22,4 Milliarden Franken um.
Zwei Antriebe stehen zur Wahl: Einmal ein Hybrid mit 1,5-Liter-Benziner mit drei Zylindern und 153 PS; dazu Siebengang-Doppelkupplung und 50-PS-E-Motor. Und ein Plug-in-Hybrid (PHEV) zum Laden an der Steckdose mit gleichem Benziner, aber 180 PS und einem 75-PS-Elektromotor. Rein elektrisch soll der PHEV bis zu 70 Kilometer schaffen. Ausserdem werden für Europa Fahrwerk, Lenkung und Bremsen neu abgestimmt, sagt Chefentwickler Mats Fägerhag. Alle Autos sind permanent dank interner SIM-Karte vernetzt und sollen per Software-Update übers Mobilfunknetz («Over the air») permanent auf neustem Stand der Technik gehalten werden.
Volvo kümmert sich um die Wartung
Service und Reparaturen? Das Auto wird abgeholt und durch einen gleichen Ersatzwagen ersetzt – der Kunde werde davon je nachdem nicht einmal etwas merken, erklärt Visser. Die Wartung übernehmen die Werkstätten der Geely-Marke Volvo. Allgemein kann Lynk & Co auf Technik und Design der schwedischen Schwester zurückgreifen. Weitere Modelle? Die sind durchaus denkbar, aber es sollen immer wenige bleiben.
Man wird den Lynk & Co 01 auch ganz normal kaufen können, aber Visser glaubt, dass in Europa die Kunden vor allem abonnieren werden. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass man Geld und Ressourcen vernünftiger einsetzen könne als für ein eigenes Auto, das zu 95 Prozent der Zeit sowieso nur herumstehe. Ausserdem sei die Hemmschwelle, das Abo mal für einen Monat auszuprobieren deutlich tiefer als die zum Autokauf. Und wenn doch mal einer nach nur einem Monat das Auto wieder zurückgibt? «Dann werden wir es zum speziellen Occasionstarif weitervermarkten», sagt Visser.
Preise erst ab Ende Jahr
Und was kostet das Abo bei Lynk & Co? Visser mag noch nicht damit herausrücken: «Aber wir haben kein teures Händlernetz, müssen keine Werkstätten bauen – damit haben wir weniger Kostendruck.» Ende Jahr solls die Preise geben.
Mitgliedschaft statt Autokauf – lässt sich damit wirklich Geld verdienen, wenn man all die Autos erst selbst bauen muss? Visser mag nicht sagen, wie viele Abonnenten Lynk & Co braucht, um profitabel zu sein: «Wir glauben an unser Konzept – aber wir wissen nicht, wie es laufen wird.» In China startete die Marke zwar vor zwei Jahren – aber mit normalem Autoverkauf. «Die allermeisten Chinesen kaufen noch immer ihr erstes Auto! Die sind stolz darauf, sich endlich eins leisten zu können und wollen nicht mieten. Aber so langsam ziehen auch die Abo-Zahlen an.»
Rund 250'000 Autos hat Lynk & Co in China abgesetzt. Vielleicht ist es doch eine Automarke wie jede andere auch? Spätestens 2023 wissen wirs.
Mobilität statt Autos – dieses Geschäftsmodell ist längst in der Schweiz verbreitet. Unter anderem Marken wie Cadillac, Toyota oder Volvo bieten ihre Modelle im Rundum-Sorglos-Paket an, bei dem sich Fahrerinnen und Fahrer bloss noch um Sprit oder Strom kümmern müssen. Auch Versicherungen oder die SBB sind im Markt unterwegs; letztere mit Stromern. Die Etablierten bekommen aber Konkurrenz: Neue Startups wie beispielsweise Carvolution, Carify, Juicar oder Vive La Car organisieren über digitale Schnittstellen zwischen Kunde und Markenimporteur die Abo-Abwicklung. Grosse Garagisten haben ebenfalls eigene Abo-Angebote – Cabrios im Sommer, Allradler im Winter. Und auch die Amag hat mit Clyde einen Abo-Dienst eingerichtet und bestückt ihn mit jungen Occasionsautos.
Mobilität statt Autos – dieses Geschäftsmodell ist längst in der Schweiz verbreitet. Unter anderem Marken wie Cadillac, Toyota oder Volvo bieten ihre Modelle im Rundum-Sorglos-Paket an, bei dem sich Fahrerinnen und Fahrer bloss noch um Sprit oder Strom kümmern müssen. Auch Versicherungen oder die SBB sind im Markt unterwegs; letztere mit Stromern. Die Etablierten bekommen aber Konkurrenz: Neue Startups wie beispielsweise Carvolution, Carify, Juicar oder Vive La Car organisieren über digitale Schnittstellen zwischen Kunde und Markenimporteur die Abo-Abwicklung. Grosse Garagisten haben ebenfalls eigene Abo-Angebote – Cabrios im Sommer, Allradler im Winter. Und auch die Amag hat mit Clyde einen Abo-Dienst eingerichtet und bestückt ihn mit jungen Occasionsautos.