Bei Bentley rollt so langsam die Elektrowelle auf die verwöhnte Kundschaft zu. In vier Jahre, also ab 2026, will die britische Nobelmarke nur noch Plug-in-Hybride sowie Elektroautos verkaufen, ab 2030 fallen dann auch die Hybrid-Modelle aus dem Programm.
Der Bentayga Hybrid machte letztes Jahr den Auftakt. Jetzt legen die Briten die Luxuslimousine Flying Spur als Plug-in-Hybrid nach. Mit einer kombinierten Gesamtreichweite aus Benzin und Strom von über 700 Kilometern ist es der Bentley mit der längsten Ausdauer. Das passt, denn der Flying Spur ist der Langstrecken-Bentley.
PS-Spritze für V6-Turbo
Wie praktisch die gesamte Technik der Luxus-Limousine stammt auch der Hybrid-Antrieb von der sportlichen Schwester-Marke aus dem VW-Konzern, von Porsche: Ein 2,9-Liter-V6-Turbo wird mit einem Elektromotor gekoppelt. Im Bentayga leistet der V6 340 PS (250 kW); auf Testfahrt war der Antrieb mit dem rund 2,6 Tonnen schweren SUV denn auch hin und wieder überfordert.
Für die nicht viel leichtere Limousine hat Bentley dem V6 mehr Dampf spendiert. Der Benziner kommt nun auf 416 PS (306 kW), was zusammen mit dem 136 PS (100 kW) starken Elektromotor für eine satte Systemleistung von 544 PS (400 kW) und 750 Nm sorgt. Damit sprintet der 2,5 Tonnen schwere Allradler in 4,3 Sekunden auf Tempo 100 und schafft 285 km/h Spitze.
Die Krux mit dem Platz
Etwas klein mutet hingegen der Akku mit seiner Kapazität von 18,9 kWh an. Chefingenieur Steve Jones erklärt: «Einen grösseren Akku bekomme ich nicht unter.» Die elektrische Reichweite dürfte bei rund 40 Kilometern liegen, aber offizielle Zahlen stehen noch aus. Klar ist jedoch: Mit einem V8 statt des V6 wäre die Reichweite noch kleiner ausgefallen. Der Vorteil des kleinen Akkus: An einer 7,2-kW-Wallbox ist er in zweieinhalb Stunden wieder voll geladen.
Solange die Batterie über Energie verfügt, sind die Verbrauchswerte durchaus beeindruckend. Beim Mix aus Stadtfahrt und Autobahn mit maximal 130 km/h meldete der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 3,35 l/100 km. Wenn der V6 aber ohne E-Power für Vortrieb sorgt, klettert der Durst den Flying Spur auf 10,3 Liter, was immer noch sehr ordentlich ist. Das liegt auch daran, dass die E-Maschine rekuperiert und sich wann immer möglich am Vortrieb beteiligt.
Leise durch die Stadt gleiten
In der Stadt reicht die Kraft des Elektroherzens locker aus, um die 5,32 Meter lange Asphalt-Luxusjacht majestätisch durch die Strassen zu schieben. Dabei begeistert uns im reinen E-Modus vor allem das Geräuschniveau im Innenraum. Man würde eine Stecknadel fallen hören, wären da nicht die weichen Teppiche im Fussraum. Im Elektrobetrieb entschleunigt der Flying Spur noch mehr, als er es ohnehin schon tut – und wir bewundern das feine Interieur.
Das ändert sich jenseits der Stadtgrenzen. Sobald es leicht bergauf geht, muss der Verbrennungsmotor helfend eingreifen und das Geräuschniveau steigt hörbar an. Der Grund für dieses unsouveräne Fahrverhalten: Im Technikspender Panamera muss der E-Motor selbst bei der Langversion 500 Kilogramm weniger bewegen. Dazu wird in einem Porsche ein sportlicher Motorensound erwartet, während er im Bentley stört.
Etwas an Sänfte verloren
Bei ebenem Asphalt entspricht der Komfort des elektrifizierten Flying Spur genau den Erwartungen. Doch bei schlechten Strassen erweist sich die Kombination des Fahrzeuggewichts und der mächtigen 22-Zoll-Räder trotz des Dreikammer-Luftfederfahrwerks als nicht optimal. Lange Wellen verarbeitet der Flying Spur ganz entspannt, doch Querrinnen und Schlaglöcher steckt das Reifen-Dämpfer-System bei Weitem nicht so gut weg, was auch die Passagiere spüren.
Der neue Bentley Flying Spur Hybrid wird im Verlauf dieses Jahres in die Schweiz rollen. Die Preise dürften bei mindestens 220'000 Franken starten.