Was seinerzeit der inzwischen geschasste Carlos Ghosn (66) einleitete, setzt der neue Renault-Boss Luca de Meo (53) fort. Der französische Autobauer steigt konsequent auf Elektromobilität um. So kündigt der ehemalige Seat-Chef eine neue Renault-Elektrofamilie im Kompaktsegment auf einer eigens dafür entwickelten Plattform an. Das fertige Auto soll beim Verkaufsstart Ende 2021 zu 95 Prozent der Studie Megane E-Vision entsprechen.
Natürlich schielt Renault Richtung VW-Konzern. Der 4,21 Meter lange Megane E-Vision ist ähnlich gross wie VWs ID.3. Die weiteren neuen E-Modelle in der Megane-Familie dürften wie bei VW grössere im Stil von VW ID.4 und ID.5 werden. Und genau wie bei Volkswagen wird sich auch das Serienmodell des neuen Megane E-Vision seine modular entwickelte Elektroplattform mit weiteren Konzernmodellen von Renault, Nissan und vielleicht gar Mitsubishi teilen.
Megane wird zur Elektrofamilie
Der neue, rein elektrische Megane wird einen 60 Kilowattstunden (kWh) grossen Akku an Bord haben, 217 PS leisten und in weniger als acht Sekunden auf Tempo 100 sprinten. Die Batterie erlaubt Schnellladungen mit Gleichstrom bis zu 130 Kilowatt – «und ermöglicht so, das Fahrzeug während kurzen Kaffeestopps wieder aufzuladen», sagt Renault-Chef de Meo. Zur Reichweite bleibt er dagegen vage: «Man wird weite Strecken ohne Ladestopp bewältigen können.» Die neue Plattform erlaubt aber nicht nur Fronttriebler wie den Megane E-Vision, sondern auch immer wichtiger werdende 4x4-Crossover-Modelle mit einem zweiten Elektromotor an der Hinterachse. Wie so etwas ausschauen könnte, zeigte Allianzpartner Nissan ja bereits mit dem Ariya.
Endlich kommt der Twingo Electric
Noch vor der Megane-Familie startet schon im Dezember mit dem Twingo Electric das nächste rein elektrische Renault-Modell. Es dauerte zwar lange, bis die Franzosen auch ihren Kleinsten elektrisierten – vor allem, weil es den technischen Zwilling Smart Forfour längst elektrisch gibt. Aber mit 82 PS und 160 Nm macht der 3,61 Meter kurze Viertürer Laune und fährt sich dank Heckantrieb und nur 8,60 Meter Wendekreis sehr agil und handlich. Mit einem Normverbrauch von 16 kWh schafft der Twingo Electric im Schnitt 190, in der City gar bis 270 Kilometer Reichweite. Mit aktuell 2000 Franken Elektrobonus startet der günstigste Twingo Z.E. in der Schweiz ab 18’900 Franken.
Renault sagt dem Diesel Adieu
Die fortschreitende Elektrisierung im Renault-Nissan-Konzern geht allerdings auf Kosten der Dieseltechnik. «Wir werden zwar weiterhin Dieselvarianten im Angebot haben, aber unser Angebot stark zurückfahren und vor allem keine neuen Dieselmotoren mehr entwickeln»,verrät Entwicklungschef Gilles Le Borgne. Er sagt gar, dass Renault nach 2025 nur noch Verbrennungsmotoren kombiniert mit einer Hybridkomponente anbieten wird. Bis 2025 soll der Anteil sogenannter «Stecker»-Fahrzeuge (Elektro und Plug-in-Hybride) 15 Prozent, bis 2030 gar 30 Prozent der gesamten Renault-Produktion ausmachen.
Aus für Espace, Scenic und Talisman?
Vom Diesel-Aus sind fast alle wichtigen Baureihen betroffen. So werden der geliftete Scenic und der gerade lancierte Captur ab nächstem Jahr ohne Diesel-Option angeboten. Auch beim Kleinwagen Clio wird das Diesel-Angebot ab Werk halbiert. Und das Fachblatt «Automobilwoche» weiss von einem internen Papier, nach dem sich Renault schrittweise vom Diesel und von den nicht ertragreichen Segmenten C-MPV, D und E «desinvestiere». Mit anderen Worten: Dies könnte das Aus für die einst populären Familienvans Espace und Scenic, aber auch die Limousine Talisman bedeuten.
Direkt bestätigen will das Entwicklungschef Gilles Le Borgne nicht. Gegenüber der «Automobilwoche» druckst er herum: «Wir haben Entscheidungen getroffen über die künftigen Fahrzeuge der Marken der Renault-Gruppe. Wir werden Programme beschleunigen und andere einfrieren.» Zum Schluss sagt er dann aber doch: «Wir werden das Angebot von Renault rationalisieren und unsere Anstrengungen auf die wirtschaftlich erfolgreichsten Segmente konzentrieren.»