Die kleine norwegische Reederei Havila Kystruten bleibt ein Einzelfall. Letzten Monat sorgte sie für Aufsehen, weil sie Elektroautos, aber auch Hybrid- und Wasserstofffahrzeuge, an Bord ihrer vier Fähren verbot. Nun geben die führenden Fährbetreiber in der Nord- und Ostsee Entwarnung. Sie planen kein ähnliches Verbot, wie sie gegenüber dem Branchenblatt Automobilwoche erklären.
Ganz alleine ist Havila Kystruten allerdings nicht. Die deutlich grössere und ebenfalls norwegische Reederei Höegh hat beschlossen, nur noch fabrikneue Elektroautos zu befördern. Gebrauchte Stromer kommen nicht mehr an Bord. Höegh transportiert unter anderem Fahrzeuge für BMW und Volkswagen und begründet den Entscheid ebenfalls mit Sicherheitsbedenken.
Gasmelder und Patrouillen
Die drei Reedereien Color Line, Stena Line und Scandlines lassen auf ihren Fähren in der Nord- und Ostsee weiterhin Elektroautos zu. Die norwegische Color Line hat als einzige Beschränkung beschlossen, dass an Bord nicht geladen werden darf. Geschäftsführer Dirk Hundertmark erklärte gegenüber der Automobilwoche: «Die häufigste Brandursache ist der Ladevorgang.» Dazu gibts weitere Sicherheitsmassnahmen: «Wir haben die Autodecks mit Gasüberwachungsgeräten ausgestattet, die gefährliche Gase aus einer Überhitzung frühzeitig erkennen. Eine Feuerwache patrouilliert regelmässig auf dem Autodeck, um ungewöhnliche Vorkommnisse festzustellen.»
Die Routen in der Ost- und Nordsee unterscheiden sich aber auch stark von der Überquerung eines Ozeans. Bei einer solchen war auf dem Autofrachter «Felicity Ace» im März 2022 ein Feuer ausgebrochen. Die Brandursache ist noch nicht bekannt, aber die Elektroautos an Bord erschwerten die Löscharbeiten massiv. In den Gewässern zwischen Europa und Skandinavien ist das Festland meist nicht weit. Die dänische Reederei Scandlines betont, ihre Fähren würden im Brandfall den nächsten Hafen anlaufen, der maximal 45 Minuten entfernt sei.