Teslas wuchtiger Cybertruck lässt keinen kalt. Die einen mögen das furchteinflössende Design und finden es jetzt schon kultig. Die anderen verteufeln den Pick-up als Stahlmonster und wünschen es sonst wohin – nur bitte nicht auf unsere Strassen.
Die Kritikerfraktion erhält jetzt weiteren Auftrieb. Grund ist das von Elon Musk während seiner Verkaufspräsentation gezeigte Video eines Crashtests mit dem Cybertruck. Dieser Crashversuch schockiert nicht nur die Gegner von Musks Monstertruck, sondern auch renommierte Unfallexperten, wie das deutsche Magazin «Spiegel» berichtet.
Warum? Bei einem Frontalaufprall mit umgerechnet 56 km/h (35 mph) verformt sich die laut Tesla aus ultrahartem Edelstahl geformte Karosserie des Monstertrucks kaum. Einzig die äusserste Frontpartie nimmt etwas Schaden. «Zudem biegt sich die Motorhaube in einem einzigen Bogen hoch, statt wie sonst üblich zusammenzuknautschen, um die Kräfte zu absorbieren», analysiert ein Tesla-Kritiker auf der Plattform Bluesky.
Das Prinzip der Knautschzone geht auf den Mercedes-Ingenieur Béla Barényi (1907–1997) zurück, der sie 1951 zum Patent anmeldete: Statt ein Auto steif und unverformbar zu konstruieren, werden beim Konzept der Knautschzone Karosseriestrukturen so konzipiert, dass sich Blechteile bei einem Unfall verformen und die auftretenden Aufprallkräfte zu einem möglichst grossen Teil absorbieren. Damit werden die Insassen des Autos geringeren Kräften ausgesetzt, das Verletzungsrisiko sinkt. Fehlen solche Verformungszonen im Blech, werden die Kräfte ungemindert auf die Insassen weitergegeben – ihre Körper werden mit der vollen Energie des Aufpralls nach vorne geschleudert.
Fussgängerschutz?
Bei den Bildern des Cybertruck-Crashtests erhalten Musks vermutlich witzig gemeinten Worte – «wenn Sie mit dem Cybertruck einmal in Streit mit anderen Autos geraten, werden Sie gewinnen» – einen schalen Nachgeschmack. Unfallexperten können nur den Kopf schütteln: «Der Cybertruck wird alles auf seinem Weg durchschneiden», sagen sie und warnen vorsorglich: «Fussgänger, passen Sie auf!»
Schon bei der Präsentation des ersten Cybertruck-Prototyps vor über vier Jahren warnten Sicherheitsexperten, das Design werde unsere Strassen deutlich gefährlicher machen. Jetzt scheinen sich diese Befürchtungen beim Serienmodell zu bestätigen. Auch wenn bis dato noch keine offiziellen Ergebnisse von Crashtests mit dem Cybertruck vorliegen. Und schon gar keine nach unseren europäischen Vorgaben, bei denen der passive Schutz von in den Unfall verwickelten Personen ausserhalb des Fahrzeugs eine grosse Rolle spielen.
Unheimliche Wucht
Doch die von Tesla genannten Daten lassen Experten die mögliche Wucht bei Unfällen abschätzen – und die dürfte verheerend sein. Vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass der 5,68 Meter lange und 2,41 Meter breite Monstertruck schon in der einfachen Allradversion knapp drei Tonnen auf die Waage bringt – und die bis 209 km/h schnelle Cyberbeast-Variante gar 3,1 Tonnen.
Das von Tesla entwickelte Metall für den Cybertruck sei so hart, dass deshalb die harten Kanten des in der Grundform dreieckigen Fahrzeugs nötig seien, erklärt Musk beim Verkaufsstart und blufft: «Man kann diese Karosserieteile nicht pressen, davon würde das Presswerk zerbrechen.» Um die Zerbrechlichkeit anderer Verkehrsteilnehmer hat sich der streitbare US-Milliardär aber offenbar weniger Gedanken gemacht.