Global gesehen ist Honda ein echtes Schwergewicht. Über vier Millionen Personenwagen verkauften die Japaner 2022, was weltweit Platz 8 unter den grössten Autobauern bedeutet. Bei den Motorrädern war Honda im letzten Jahr mit über 17 Millionen produzierter Töffs gar globaler Leader. Hinzu kommen jährlich rund 30 Millionen Motoren für Boote, Rasenmäher und andere Geräte.
In Europa ist Honda dagegen vergleichsweise eine kleine Nummer. In der Schweiz lag der Marktanteil 2022 bei mickrigen 1,1 Prozent – auf dem ganzen Kontinent sogar noch tiefer. Ein Grund dafür ist das äusserst bescheidene Modellportfolio. Besonders bei Elektroautos fährt Honda der Konkurrenz hinterher: Nur ein einziges Auto, der stylische, aber horrend teure Cityflitzer Honda e (ab 43'600 Fr., Reichweite 220 km), verzichtet an Bord ganz auf einen Verbrenner.
Drei neue SUVs für Europa
Um den Anschluss bei der Elektromobilität nicht zu verlieren, wird jetzt Geld locker gemacht: «Bis 2030 werden wir weltweit rund 64 Milliarden Dollar in die Elektrifizierung unserer Flotte und die Softwareentwicklung investieren», erklärte Hondas Europa-CEO Katsuhisa Okuda bei einer Präsentation in Hondas europäischem Forschungs- und Entwicklungszentrum in Offenbach (D). Dort zeigten die Honda-Verantwortlichen, wofür ein Teil des Geldes bereits konkret genutzt wurde: Drei neue, voll- oder wenigstens teilelektrifizierte SUVs, die noch dieses Jahr in Europa auf den Markt kommen.
Highlight ist dabei das zweite rein elektrische Modell der Marke: der e:Ny1. Hinter dem kryptischen Namen steht ein 4,39 Meter langer Elektro-Crossover, der ab Herbst im umkämpften B-Segment auf Kundenfang geht. Anders als der Honda e ist der 1660 Kilogramm schwere und 204 PS (150 kW) starke e:Ny1 nicht als reines Stadtauto konzipiert, sondern soll mit seiner 68,8-kWh-Batterie mehr als 400 Kilometer Reichweite schaffen, ehe der Elektro-SUV für mindestens 45 Minuten an den DC-Schnelllader muss – maximal 78 Kilowatt sind doch ein eher schwacher Wert für ein wohl rund 45'000 Franken teures E-Auto.
CR-V mit erstem Plug-in-Hybrid
Um vermehrt wieder ein jüngeres Publikum anzusprechen, folgt gegen Ende Jahr zudem der Hybrid-SUV ZR-V, der mit einer Länge von 4,57 Meter die Lücke zwischen dem kleineren HR-V (4,38 m) und dem grösseren CR-V (4,71 m) schliesst. Der ZR-V übernimmt dabei den e:HEV genannten Vollhybridantrieb des Civic: Dabei dient ein Benzinmotor lediglich als Strom-Generator, während für den Antrieb ein E-Motor zuständig ist. Das Resultat sind Praxisverbräuche von klar unter fünf Litern pro 100 Kilometer.
Noch weniger als der wohl rund 40'000 Franken teure ZR-V dürfte die Neuauflage des SUV-Flaggschiffs CR-V verbrauchen, der ab Herbst in sechster Generation erstmals auch mit einem Plug-in-Hybrid-Antrieb angeboten wird. Aufbauend auf der e:HEV-Vollhybridtechnik sorgt eine deutlich grössere Batterie für eine elektrische Reichweite von bis zu 81 Kilometern. Der CR-V, der als Vollhybrid bei knapp unter 50'000 Franken starten dürfte, ist sowohl mit Frontantrieb als auch mit 4x4 erhältlich, was besonders für die Schweiz ein wichtiges Argument darstellt.
Elektroroller mit Wechselakku
Doch auch bei den Zweirädern setzt Honda künftig vermehrt auf Elektrotechnik. 2025 sollen bereits zehn Modelle erhältlich sein. Den Start macht im September der kompakte Elektroroller EM1 e:, der vorerst nur im Leasing oder im Abo angeboten wird. Der Clou: Der keine 100 Kilogramm schwere E-Roller, der mit einer Spitze von 45 km/h bereits mit dem A1-Führerausweis gefahren werden kann, besitzt einen unter dem Fahrersitz herausnehmbaren Akku, der einst an Wechselstationen ganz simpel ausgetauscht werden könnte. Dadurch dürfte auch die recht überschaubare Praxis-Reichweite von knapp 40 Kilometern kein Problem darstellen. Anfang 2024 will Honda dann bereits den nächsten, noch grösseren und schnelleren Elektroroller auf den Markt bringen.
Intelligente Ladelösung
Ausserdem gab Honda in Offenbach bekannt, dass der seit 2021 in Grossbritannien angebotene Energiemanagement-Service e:Progress weiter ausgebaut werden soll. Bei dem System für E-Auto-Fahrer mit Eigenheim handelt es sich um ein intelligentes Ladegerät, das die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen fördert und das Aufladen zum je nach aktueller Nachfrage kostengünstigsten Zeitpunkt erlaubt. So sollen britische Honda-Kunden je nach gefahrenen Kilometern umgerechnet 550 bis 1100 Franken pro Jahr sparen.
Neu kann im System nun auch die private Fotovoltaik-Anlage integriert werden: So können Kunden ihre Ladevorgänge «intelligent» planen, um Zeiten zu nutzen, in denen voraussichtlich die meiste selbst erzeugte Solarenergie zur Verfügung steht. Das System, das ab sofort auch in Deutschland und ab 2024 in der Schweiz angeboten wird, soll das Stromnetz bei einer zunehmenden Anzahl E-Autos entlasten.
Schweizer Vorzeigeprojekt
Noch weiter geht das im letzten Jahr von Honda und Carsharing-Anbieter Mobility in der Schweiz ins Leben gerufene Pilotprojekt «V2X Suisse»: 50 Honda e werden dabei dank bidirektionaler Ladefunktion nicht nur als Mietwagen, sondern – am Stromnetz angeschlossen – auch als Pufferspeicher bei einer Über- oder Unterproduktion von Energie genutzt. Statt zum Problem könnten Elektroautos dadurch künftig zur Lösung für die Netzstabilität werden. Die gesammelten Erfahrungen sollen dereinst in weitere Projekte einfliessen, teilte Honda in Offenbach mit.