Diesel in der Schweiz Bis zum Jahr 2000 lag der Dieselanteil bei Schweizer Neuwagen bei unter 5%. Nach der Jahrtausendwende schnellte der Wert allerdings hoch: Zuerst auf 20, nach 2010 gar auf über 40%! Gründe sind die Einführung neuer Technologien wie Common-Rail-Einspritzung oder bessere Turbosysteme, die die Autos deutlich agiler machten. Doch auch der SUV-Boom beflügelte die Diesel-Verkaufszahlen. Ende 2016 waren von den 4,4 Mio. PWs auf Schweizer Strassen 1,3 Mio. mit Dieselmotor zugelassen. Trotz dieses Anteils von nur 30% an der PW-Flotte verursachten Diesel 80% der Stickoxid-Emissionen (NOx).

Dramatischer Rückgang der Verkäufe in Europa
Der Diesel steht vor dem Aus

In der einstigen Diesel-Hochburg Europa entscheiden sich immer weniger Autokäufer für Selbstzünder. Branchen-Experte Ferdinand Dudenhöffer sagt: Besserung ist kaum in Sicht – im Gegenteil.
Publiziert: 09.03.2021 um 01:46 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2021 um 18:26 Uhr
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Die Prognosen des CAR-Center der Uni-Duisburg-Essen (D) zeichnen ein düsteres Bild für die Zukunft der Dieselautos.
Foto: BLICK Grafik
Andreas Engel

Seit dem VW-Dieselskandal ab 2015 hat die einstige Cashcow Diesel mit argem Absatzrückgang zu kämpfen. Doch dass die Verkäufe derart wegbrechen? Damit hätten selbst Experten kaum gerechnet. In der einstigen Diesel-Hochburg Europa wurden 2020 gerade noch 2,8 Millionen Selbstzünder verkauft. Zum Vergleich: 2016 waren es über 6,9 Millionen Diesel. Ein Rückgang von fast 60 Prozent!

Auch auf dem Schweizer Automarkt ist der krasse Wandel zu beobachten: Lag der Diesel-Marktanteil 2016 bei noch fast 40 Prozent, sank der Wert letztes Jahr auf 21,9 Prozent – hat sich also fast halbiert, während zugleich Elektroautos oder auch Plug-in-Hybride stark zulegten. Ferdinand Dudenhöffer (69), Direktor des Center Automotive Research (CAR), Uni Duisburg-Essen (D), sieht fünf Trends, die dem Diesel in den kommenden Jahren ganz den Garaus machen könnten:

1. Mehr Beliebtheit von E-Autos
Die Neuausrichtung des VW-Konzerns auf vollelektrische Neuwagen, der Start von Teslas Gigafactory nahe Berlin und die wachsende Angebotsbreite völlig neuer Elektroautos in den nächsten Jahren: Stromfahrzeuge werden laut Dudenhöffer den klassischen Diesel immer weiter unter Druck setzen.

2. Batterien werden günstiger
In Europa entstehen derzeit viele neue Batterie-Produktionsstandorte. Zusätzlich entwickelt sich die Zelltechnik mit neuen, umweltfreundlicheren Materialien (z.B. kaum noch Kobalt), günstigeren Kosten und grösseren Zellen. Tesla etwa plant, Kosten für Batterien nahezu zu halbieren. Gleiches planen laut Dudenhöffer die anderen Autobauer. Und nach 2025 könnte sich die sogenannte Festkörper-Batterie als Serienbatterie etablieren: «Damit hätten Elektroautos dann Ladezeiten und Reichweiten wie ein Diesel», sagt Dudenhöffer hierzu.

3. CO2-Steuer verteuert Diesel
Dieselkraftstoff wird zumindest im grössten Dieselmarkt Europas – Deutschland – jährlich mit steigender CO2-Steuer teurer. Bis 2025 soll die Tonne CO2 mit 55 Euro – rund 60 Franken – besteuert werden. Ein Liter Diesel kostet damit durch die zusätzliche Steuer über 20 Cent pro Liter mehr – ein Killer-Argument gegen den einst durch viel tiefere Treibstoff-Steuersätze bewusst geförderten Diesel.

4. Neue Euro-7-Vorschriften
Noch sind die neuen Abgasvorschriften für die sogenannten Euro-7-Norm nicht verabschiedet, aber bereits heute ist deutlich, dass der Diesel beim Neuwagen erheblich durch die dann notwenige Abgas-Reinigungstechnik verteuert wird. Schätzungen gehen von mehr als 1000 Euro (1100 Fr.) pro Fahrzeug aus.

5. Strenge EU-CO2-Vorschriften
Bis Herbst will die EU die neuen CO2-Vorschriften ab 2025 vorstellen. Der Diesel als CO2-sparsames Fahrzeug wird dann seine Rolle vollständig verlieren. Benziner mit 48V-Mildhybrid-Technik erreichen gleiche Leistungsdaten mit weniger Kosten. «Diesel zur Erreichung der CO2-Ziele waren vorgestern», meint Dudenhöffer. Mit den neuen Vorgaben werde der Diesel ein Problem mit CO2- Vorgaben haben.

Ganze Branche vor Wandel

«Der Diesel in Personenwagen verabschiedet sich deutlich schneller aus dem Markt, als wir noch vor 12 Monaten vermutet hatten», sagt Ferdinand Dudenhöffer beinahe konsterniert. Damit dürften nicht nur die Autobauer selber, sondern besonders grosse Zulieferer wie Bosch oder Continental vor der Restrukturierung stehen – war der Diesel doch bisher eines der Kerngeschäfte.

Laut CAR-Prognose werden die Diesel-Verkäufe bis ins Jahr 2025 in Europa auf weniger als 1,3 Millionen Autos sinken. 2030 rechnet Ferdinand Dudenhöffer gar mit weniger als 400'000 verkauften Dieseln. Ausserhalb von Europa – China, Japan oder die USA – spielen Diesel in Autos sowieso keine Rolle, für Plug-in-Hybride werden Selbstzünder aufgrund der hohen Kosten in Zukunft ebenfalls keine Chance mehr haben. «Es hat sich ausgedieselt», fasst es Dudenhöffer zusammen. «So traurig das für die Branche und den Einzelnen auch sein mag.»

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