Es wird die aussergewöhnlichste Auto-Auktion des Jahres. Am 28. Oktober steigt beim Versteigerer RM Sotheby's in New York die Contemporary Art Evening Auction. Unter den Hammer kommt zeitgenössische Kunst der Extraklasse von Frank Stella, Jasper Johns, Gerhard Richter, Banksy oder Andy Warhol. Mit teils sieben- und achtstelligen Preisschildern. Ganz weit vorne: Mark Rothkos Gemälde «Untitled (Black on Maroon)» von 1958 zum Schätzpreis von 35 Mio. US-Dollar.
Und was hat das mit Autos zu tun? Unter den 46 Positionen im Auktionskatalog kommen als Nummer 38 die drei Batmobile von Alfa Romeo zur Versteigerung. Nicht eins aussuchen – alle zusammen nehmen. Zum Schätzpreis von 20 Mio. US-Dollar.
Kunst oder Klassiker?
Batmobile – das ist natürlich nur der Spitzname. Zwischen 1953 und 1955 entwarf der italienische Designer Franco Scaglione drei Concept Cars mit revolutionärer Aerodynamik: B.A.T. 5, 7 und 9. Gebaut wurden sie vom legendären Carossier Bertone in Turin für Alfa Romeo und jeweils am Turiner Automobilsalon enthüllt. Der Name B.A.T. steht dabei nicht für die englische Fledermaus, sondern ist die Abkürzung für Berlina Aerodinamica Tecnica – eine Limousine (ital. Berlina) mit spezieller Aerodynamik und Technik.
Warum sie Batmobile genannt werden, wird klar beim Blick auf die speziellen Heckflossen: Von vorne betrachtet, wirken ihre Spitzen wie die Fledermausohren auf dem Helm der Comicfigur Batman; von hinten gleichen sie Fledermausflügeln. Überhaupt sehen die drei Studien so futuristisch aus, dass sie tatsächlich für einen Batman-Film entworfen sein könnten. Warum sie jetzt in einer Kunstauktion angeboten werden? Sie seien «drei Variationen des gleichen Themas», schwadroniert der Sotheby's-Katalog; so als hätte ein Maler drei Werke mit gleicher Aussage geschaffen. Kunst, nicht bloss Autodesign.
Schnipp-schnapp, Flügel ab
Mit Kunst hatte Franco Scaglione allerdings nichts am Hut – er wollte mit Mathematik und Strömungstheorie das Autodesign revolutionieren. Dass er in der Luftfahrtbranche begonnen hatte, sieht man dem dunkelgrauen Erstling B.A.T. 5 von 1953 an. Im Profil schaut er aus wie ein Sportflugzeug samt Kanzel und er schafft den heute noch erstaunlichen Luftwiderstandswert von 0.23. Zum Vergleich: Audis Supersportler R8 Spyder kommt auf 0.36, hat also einen höheren Luftwiderstand. Bei Testfahrten kratzte der B.A.T. 5 an der 200-km/h-Marke, obwohl sein Vierzylinder nur 43 PS leistete. Für Bertone war er dennoch bloss ein Gebrauchtwagen – er wurde noch 1953 an den US-Importeur von Alfa verkauft.
Im Jahr 1954 folgte der blaue B.A.T. 7 als extremstes Batmobil mit weit hochgewölbten Heckflossen. Scaglione drückte das Gewicht um 100 Kilogramm und schaffte beim Luftwiderstand die 0.19. Das Auto wurde so knapp vor der Premiere fertig, dass der Designer und sein Boss Nuccio Bertone es auf die letzte Minute nach Turin fahren mussten. Ein Kalifornischer Sammler kaufte B.A.T. 7, ging mit ihm bei Rennen an den Start – und liess ihm 1955 die Heckflossen abschneiden, weil sie den Blick nach hinten im Strassenverkehr behinderten.
Vereint seit 1989
Obwohl die beiden ersten Studien bejubelt wurden, profitierte Alfa Romeo kaum von ihnen, weil nichts an ihnen an die konventioneller gestylten Alfa-Modelle erinnerte. B.A.T. 9 von 1955 trägt deshalb den typischen Alfa-Grill. Nach der Präsentation wurde er in die USA verkauft und gelangte 1962 an den 16-jährigen Gary Kaeberle. Der Teenager nervte einen Autohändler in Michigan solange, bis der das Auto gegen einen Turnbeutel voll Bargeld herausrückte. Kaeberle fuhr das Batmobil 28 Jahre lang im Alltag.
Vereint sind die drei Concept Cars erst seit 1989: Damals wurden sie erstmals zusammen am Pebble Beach Concours d'Elegance gezeigt und ein Sammler war so begeistert vom Anblick, dass er den drei damaligen Besitzern ein Angebot machte. Warum der unbekannte Besitzer das legendäre Auto-Trio nun versilbern will, ist nicht bekannt.