Auf einen Blick
- Elon Musk präsentiert autonomes Cybercab in Kalifornien
- Musk will Tesla in einen Robotik-Konzern umwandeln
- Preis des Cybercab soll unter 30'000 Dollar liegen
- Deutscher Auto-Experte glaubt nicht an Erfolg des Robotaxis
Hollywoodreifer Auftritt von Elon Musk (53) am Donnerstagabend in Burbank im US-Bundesstaat Kalifornien: Vor jubelnder Menge liess sich der Tesla-Chef in seinem schon lange angekündigten Robotaxi auf die Bühne in den Warner-Bros.-Filmstudios kutschieren und rief bei der Enthüllung sogleich den Beginn der autonomen Zukunft aus. Das selbstfahrende «Cybercab» erinnert nicht nur beim Namen, sondern auch der Optik an den futuristischen Elektro-Pick-up Cybertruck. 2,6 Millionen Menschen wollten sich die Vorstellung auf Musks Kurznachrichtendienst X nicht entgehen lassen.
«Wir haben heute fünfzig voll autonome Fahrzeuge dabei. Ihr seht Model Ys und das Cybercab. Alle ohne Fahrer», begann Musk. Neben dem lenkrad- und pedallosen Zweisitzer stellte er auf der Veranstaltung mit dem Titel «We, Robot» (angelehnt an den Science-Fiction-Klassiker «I, Robot») auch einen autonomen Robovan mit Platz für bis zu 20 Personen vor und liess zahlreiche Robotor auf der Bühne aufmarschieren, die in bester Musk-Manier zu tanzen begannen. Hintergrund: Der Tesla-Chef will sein Unternehmen in den kommenden Jahren vom Autohersteller zum Robotik-Konzern umbauen. Den ersten Schritt will Musk mit einer grossen Flotte an selbstfahrenden Cybercabs gehen, die von Fahrgästen über eine App bestellt werden könnten: «Die meiste Zeit tun Autos einfach nichts, aber wenn sie autonom sind, könnten sie fünfmal mehr, vielleicht zehnmal mehr genutzt werden.»
Grosser Frust bei Anlegern
Während Musk schon konkrete Angaben zum Preis des Cybercab machte («weniger als 30'000 Dollar»), beantwortete er Fragen zum Marktstart nur vage. Noch «vor 2027» soll das Modell in die Produktion gehen – abhängig davon, wie schnell Tesla die nötigen Bewilligungen der Behörden erhalte. Investoren reagierten enttäuscht auf die unpräzise Angabe – der nachbörsliche Anstieg der Tesla-Aktie blieb aus. Und nicht nur Aktionärinnen und Anleger blicken skeptisch Richtung Hollywood. Auch der als deutscher Autopapst bekannte Ferdinand Dudenhöffer (73), langjähriger Professor am Center Automotive Research CAR der Uni Duisburg-Essen, lässt kein gutes Haar am Cybercab. «Das, was Elon Musk angekündigt hat, ist sehr dünn und voller Risiken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Investoren grosse Hoffnungen in das Cybercab setzen.»
Schwächen bei der Technik
Das Einzige, was Aufsehen erregt, sei der Preis von 30'000 Dollar. «Doch der ist wenig glaubhaft» so Dudenhöffers Analyse. Wie andere Branchenexperten sieht auch der Auto-Professor grosse Schwachstellen in der Technik des Cybercab, die allein auf Kameras basiert und auf teurere Sensoren wie Radar oder Lidar verzichtet: «Teslas Autopilot hat gezeigt, wie schwach Kameras als Sensoren beim autonomen Fahren sind. Schon leichte Wettereinflüsse können sie blind machen. Damit sind Unfälle vorprogrammiert.»
Neben den Kameras kommt künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Das KI-System bezeichnete ein Tesla-Ingenieur jüngst als «Blackbox»: Es sei fast unmöglich, zu erkennen, was bei einem Unfall schiefgelaufen sei. Für Dudenhöffer steht fest: «Das 30'000-Dollar-Cybercab ist eine Wette, die nicht aufgeht.»
Ist Tesla zu spät?
Neben diesen Risiken sieht Dudenhöffer aber noch ein viel grösseres Problem für den Tesla-Boss: die Zeit. «In China fahren autonome Robotaxis schon seit drei Jahren in grosser Stückzahl. Bis Musk mit den Cybercabs auf den Markt kommt, werden sie bereits in allen grossen Städten Chinas unterwegs sein. Gleiches gilt in den USA, wo Waymo (Tochter von Google-Konzern Alphabet, Anm. d. Red.) Tesla gut zehn Jahre voraus ist. Diesen Rückstand kann er nicht in drei Jahren aufholen. Sprich: Musk ist zu spät.»
Als einziger Markt bliebe fast nur Europa übrig. Doch Städte und Strassen seien bei uns deutlich komplexer aufgebaut als in den USA oder China, was sie für Robotaxis sehr kompliziert mache. «Deshalb gilt, was Gorbatschow einst sagte: ‹Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.› In diesem Falle dürften es die Investoren sein, die Tesla bestrafen», so Ferdinand Dudenhöffers Fazit.