Die sogenannte Offroader-Initiative schlug im Sommer 2008 hohe Wellen. Darin forderten die Jungen Grünen um den heutigen Nationalrat Bastien Girod (41) das Verbot besonders leistungsstarker und luxuriöser Modelle auf Schweizer Strassen. Feindbild Nummer 1: fette SUVs à la Audi Q7, BMW X5, Mercedes G-Klasse oder Land Rover Range Rover.
Bis heute haftet dem Segment der Abenteuer versprechenden Modelle deshalb das Image der umweltzerstörenden Dreckschleudern an. Was Girod und Co. nicht gefallen dürfte: SUVs erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit – gerade in der Schweiz: 2018 lag der Anteil SUVs an Neuwagen schon bei über 36 Prozent. Inzwischen ist fast jedes zweite Auto, rund 46 Prozent, ein sogenanntes Sport Utility Vehicle. Unter den 20 meistverkauften Autos des Jahres sind aktuell elf, die man SUVs nennen kann.
Keine Panzer mehr
Auch im grössten europäischen Automarkt Deutschland ist der Trend zu SUVs ungebrochen: Ihr Anteil ist von rund 29 Prozent 2018 bis heute auf über 35 Prozent gestiegen. Wenn sich also immer mehr Kunden solch einen Allrounder zulegen, muss man fragen: Sind SUVs wirklich so umweltfeindlich wie ihr Ruf? «Nein», entgegnet der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research der Uni St. Gallen. «Die Einschätzung, bei SUVs handele es sich um Panzer, ist längst zum Vorurteil geworden.»
Gründe für das negative Image: Früher waren SUVs tatsächlich deutlich breiter als das Durchschnittsauto. Anhand von Werten aus Deutschland (weil dort verfügbar): Während ihre Breite im Jahr 2007 im Schnitt bei 1,86 Meter lag, kamen anderen Autos auf nur 1,76 Meter – das sind zehn Zentimeter. Bei einer Erhebung im Jahr 2020 waren die Unterschiede deutlich geringer: In der Breite lagen die SUVs im Schnitt bei 1,84 Meter gegenüber PWs mit 1,82 Meter.
SUVs werden kleiner
Für diesen Trend sind laut Dudenhöffer zwei Effekte verantwortlich: «Erstens gibt es schlicht immer mehr SUVs, die die Grösse eines Durchschnittsautos in der Statistik beeinflussen. Gleichzeitig kommen immer mehr SUVs im Klein- und Kompaktformat.» Auch bei Länge und Gewicht lassen sich Schrumpftendenzen beobachten: 2007 kam ein SUV durchschnittlich auf 4,58 Meter Länge und über 2,4 Tonnen. Beim PW waren es 4,31 Meter und 1,9 Tonnen – macht fast 30 Zentimeter und über 500 Kilo. Kein Wunder also, haftete den SUVs damals das Image der Stadtpanzer an.
Heute ist der Durchschnitts-SUV mit 4,47 Metern nur zwei Zentimeter länger als der DurchschnittsPW, im Gewicht liegt die Differenz nur noch bei knapp 150 Kilo. Natürlich gibt es auch heute noch die «Dickschiffe», wie Dudenhöffer Oberklasse-SUVs nennt. Besonders in der Agglomeration prägen Autos wie Audi Q8, BMW X6, Mercedes GLS oder Range Rover das Strassenbild – weil sie mit Längen jenseits der fünf und Breiten über zwei Meter auffallen. «Warum begibt man sich in Deutschland oder auch in der Schweiz mit solchen Riesen-SUVs in ein Akzeptanz-Risiko?», fragt sich Ferdinand Dudenhöffer – vor allem an deutsche Autobauer gerichtet. Wir vermuten: Gerade der einschüchternder Auftritt macht XL-SUVs gefragt.
Richten Schaden an
«Wie so oft sind einige wenige dafür verantwortlich, dass wir eine sehr emotionale Diskussion zum Thema SUVs führen. Die Autobauer könnten viel dazu beitragen, diese Diskussion zu beruhigen.» Es gehe letztlich darum, die Akzeptanz bei Stadtbewohnern zu Autos zu erhöhen, wozu Elektroautos ein wesentlicher Baustein seien. «Monster-SUVs hingegen richten nur Schaden an und fördern Vorurteile», resümiert Dudenhöffer.