Im Jahr 1859 wurde der erste wiederaufladbare Blei-Säure-Akku erfunden. Nie war das Interesse an Akkus aber so gross wie jetzt, in der Zeit der beginnenden Elektromobilität. Die Autoindustrie steckt im radikalen Umbruch. Ab 2025 soll dank tieferen Akkukosten, Ausbau der Ladeinfrastruktur und verschärften Umweltgesetzen das E-Auto konkurrenzfähig zu Verbrennern sein.
Bis dahin dürfte der Stromer-Anteil am Neuwagenmarkt laut einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens JP Morgan bei rund 30 Prozent liegen. Doch dieses Szenario wird nur eintreten, wenn Batterien günstiger und kleiner werden und gleichzeitig dank höherer Energiedichte auch grössere Reichweite bieten.
Günstigere Rohstoffe gesucht
Die Herstellungskosten sind mit steigender Produktion zuletzt um rund 15 Prozent pro Jahr gesunken. Und die Zulieferer – fast nur asiatische Firmen wie Panasonic, LG Chem und CATL – senken ihre Margen so stark, dass der Preisunterschied zu Antrieben mit Verbrenner geringer wird. Chemikalien mit höherer Energiedichte sollen Edelmetalle und teure Rohstoffe vermeiden, wie Natasha Kaneva, Direktorin für Metallforschung und -strategie bei JP Morgan, erklärt: «Die Rohstoffkosten erhöhen sich proportional zu Gesamtkosten der Batterie. Wenn die Batteriekosten auf 100 US-Dollar je Kilowattstunde Kapazität sinken, machen die Rohstoffkosten 56 Prozent des Preises aus gegenüber rund 35 Prozent heute.» Zur Einordnung: Audis Stromer E-Tron hat einen 95-kWh-Akku.
Für die Batteriehersteller gilt die aktuelle Lithium-Ionen-Chemie als ausgereizt. Im Gegensatz zu heute werden unterschiedlichste Chemikalien je nach Anwendung kommen, um Energiedichte, Kapazität, Haltbarkeit, Leistung, Kosten, Ladezeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit zu variieren. Andreas Hintennach, Batterieexperte bei Daimler, erklärt, welche Chemikalien vielversprechend seien: «Lithiummetall und Silizium zeichnen sich durch überlegene Energiedichte bei entsprechender Sicherheit aus. Festkörper-Batterien bieten Sicherheitsvorteile, sind jedoch sehr teuer, ohne schnelle Aufladung und mit unzureichender Haltbarkeit. Lithiumschwefel bietet höhere Energiedichte und niedrige Kosten bei unzureichender Haltbarkeit. Lithiumsauerstoff bietet eine sehr hohe Energiedichte, impliziert jedoch die Verwendung sehr teurer Materialien und eine unzureichende Haltbarkeit.»
Kurzum: Ganz ideal scheint derzeit keine dieser Kombinationen zu sein.
Feststoff-Batterie als Lösung
Als aussichtsreichster Nachfolger der Lithium-Ionen-Batterie gilt die sogenannte All Solid State Battery (ASSB), die Feststoff-Batterie. Sie ermöglicht die sichere Verwendung von reinen Lithiumanoden und erhöht die Energiedichte jeder Zelle um 40 Prozent – etwa durch Einsatz von Schwefel oder Sauerstoff. Dies geht Hand in Hand mit grösserer Sicherheit, weil festes Material das heute übliche brennbare flüssige Elektrolyt ersetzt, was zu Kurzschlüssen führen kann. Zudem werden die Zellen konstruktiv einfacher, und das führt zu Kosteneinsparungen.
Vielen Millionen für die Entwicklung bei Autoherstellern und Akkufirmen sollten es ermöglichen, Probleme mit schnellem Laden und der Langlebigkeit in Solid-State-Batterien zu lösen. Grosser Vorteil der heutigen Lithium-Ionen-Batterie: Bei ihrer Einführung im Auto hatte man schon millionenfache Erfahrung dank Einsätzen allerorten, von E-Zahnbürste bis Laptop. Diese Erfahrung fehlt der ASSB noch.
Eine Markteinführung der ASSB dürfte in den nächsten zwei Jahren zunächst in Nischenanwendungen der High-End-Unterhaltungselektronik erfolgen. Hier gibt es eine grosse Zahlungsbereitschaft für höhere Energiedichte, die Entwicklungszyklen sind kurz. Erst danach ist zu erwarten, dass sich ASSB bei Elektrofahrzeugen verbreitet. Grosse Schritte bei der Reichweite lassen also noch auf sich warten.