Ausgerechnet Amerika: Aus europäischer Sicht gerne als automobiles Entwicklungsland unterschätzt, kam ausgerechnet von dort Tesla und summte Europa auf der Elektronase herum. Doch brennt der Kittel erst richtig, krempelt der Kontinent konsequent die Ärmel hoch: Nach quälend langer Schockstarre ist dieses Jahr die alte Welt mit Edelstromern am Zuge.
Design ist dezent
Wie gross die Verunsicherung ist, lässt sich am Design studieren: Wollen Umstiegswillige Zukunftsspektakel oder Hauskost? Der Jaguar I-Pace ruft uns «Ich bin ganz anders!» zu. Der noch kommende Mercedes EQC mittet sich mit «Ich bin wie immer und doch neu» ein. Audis E-Tron sagt ab Februar: «Ich bin einfach ein Audi-SUV!» Wer all die elektro-spezifischen Details des E-Tron (etwa die Lichtsignatur) nicht zu deuten weiss, erkennts kaum. Geschmackssache.
Innen typischer Stil
Keine Geschmackssache, sondern einfach alltagsgerecht ist dieser Weg im Inneren. Das Cockpit im markentypischen Architektenvilla-Design ist nobel und volldigital. Der Rotstift regiert heute zwar selbst in der Businessclass immer mit, hält sich aber zurück: Billiger Deckel fürs Handschuhfach – das wars. Coole Details sind der Automat-Hebel im Captain-Future-Stil und die virtuellen Aussenspiegel (siehe Box unten!). Gemütlich hier; auch hinten sitzt sichs sehr luftig. Dazu gibts familiengerechte 600 bis 1725 Liter Stauraum plus 60 Liter vorne.
Betont mühelos
Der Gewöhnungsprozess dauert genau 5,7 Sekunden: Dann ist der E-Tron (Spitze 200 km/h) betont mühelos (664 Nm Drehmoment ab 1/min!) und um Welten geschmeidiger als jeder Verbrenner ohne Gänge-Gewechsel auf Tempo 100. Obwohl 4,90 Meter lang und in Kurven spürbare 2,5 Tonnen schwer, bewegt sich der E-Tron gefühlt wie ein Q5: ausgewogen, behände, sehr präzise und kommod luftgefedert – typischer Audi-Mix.
Stolze 408 Elektro-PS
Dazu ein im besten Sinne sehr deutscher Perfektionsdrang, für den teutonische Nobelhobel gekauft werden. Viel könnte man über die Abos für den Zugang zu fast allen Ladesäulen sagen. Über 300 kW (408 PS) Motor- und 150 kW Ladeleistung (damit saugt der 95-kWh-Akku 80 Prozent Kapazität in 30 Minuten). Über den ausgefeilten Allradantrieb mittels zweier E-Motoren, den unmerklichen Übergang vom Rekuperieren zum «echten» Bremsen oder die enorme Rekuperationsleistung. Nur spielts am Ende keine Rolle: Die Hightech dient dazu, dass die spektakulärste Audi-Neuheit seit Jahren einfach unspektakulär, aber souverän fährt.
Echt gut gemacht
Zwei Beispiele: Viele E-Autos pfeifen auf der Autobahn das nervige Lied des Windgeräuschs und verspielen so den Vorteil flüsterleisen Antriebs. Im E-Tron herrscht – einfach Stille. Der vorausschauende Assistent der Rekuperation «weiss», dass ein Kreisel kommt, und legt mehr Widerstand an, um Strom zurückzugewinnen. Nicht nur gut gemeint, sondern echt gut gemacht.
Keine Reichweitenangst
Der hohe Preis ab 89'900 Franken? Klassenüblich. Nur bei der Reichweite fehlt für einen neuen E-SUV der Aber-hallo-Effekt. «Mehr als 400 Kilometer» – definitive Werte fehlen noch immer – im neuen WLTP-Zyklus nennt Audi. Zum Vergleich: Jaguars I-Pace kommt auf 470 Kilometer. Aber das Gefühl sagt «genügend», wie einst bei Leistungsangaben von Rolls-Royce: kein Starren auf die Anzeige, keine Reichweitenangst. Auf Probefahrt nahe Abu Dhabi (VAE) – landestypisch gleichmässig geradeaus, aber mit Klimaanlage auf Volldampf – scheinen 360 oder gar mehr Realkilometer drinzuliegen. Weiteres muss später ein Test in der Schweiz zeigen. Aber wir spüren: Die Europäer stromern spät, aber gewaltig.
Als erstes Grosserien-Auto trägt der Audi E-Tron optional (Aufpreis noch offen) zwecks der Aerodynamik virtuelle Aussenspiegel: Kameras übertragen ihre Bilder auf OLED-Displays in den Innentüren, was 35 Kilometer Reichweite extra bringen soll. Eine Stunde nur, dann gucken wir nicht mehr spontan auf die leeren Kamerastümpfe, sondern gezielt auf die Bildschirmchen. Gut: Symbole im Bild – etwa gelber Rand für «Achtung, Parallelverkehr!» helfen. Heikler: Mangels Tiefe fehlt Gefühl für Distanzen, und Kopfbewegungen ändern nichts mehr am Bildausschnitt. Wir urteilen: Wie bei Rückfahrkameras wirds nur Gewöhnungssache sein.
Als erstes Grosserien-Auto trägt der Audi E-Tron optional (Aufpreis noch offen) zwecks der Aerodynamik virtuelle Aussenspiegel: Kameras übertragen ihre Bilder auf OLED-Displays in den Innentüren, was 35 Kilometer Reichweite extra bringen soll. Eine Stunde nur, dann gucken wir nicht mehr spontan auf die leeren Kamerastümpfe, sondern gezielt auf die Bildschirmchen. Gut: Symbole im Bild – etwa gelber Rand für «Achtung, Parallelverkehr!» helfen. Heikler: Mangels Tiefe fehlt Gefühl für Distanzen, und Kopfbewegungen ändern nichts mehr am Bildausschnitt. Wir urteilen: Wie bei Rückfahrkameras wirds nur Gewöhnungssache sein.