Der Herr auf seinem schnellen E-Bike neben uns gibt wirklich alles. Doch so sehr er in die Pedalen seines maximal 45 km/h schnellen Pedelecs tritt – gegen den Antritt des eRockit hat der flotte Velofahrer keine Chance. Der Grund ist das ungewöhnliche Vehikel, mit dem wir heute unterwegs sind. Ungewöhnlich ist das eRockit in vielen Belangen: Vom Aussehen her erinnert das Bike mit seiner Chopper-Bauweise entfernt an ein Velo. Doch am und um den geschwungenen Alurahmen versteckt sich jede Menge Technik. Etwa die E-Maschine für den Antrieb, die bis zu 16 kW (21,7 PS) Spitzenleistung aufs hintere 17-Zoll-Rad schickt.
Unverschwitzt ins Büro
Um loszufahren, wird auch nicht wie bei einem klassischen Motorrad am Lenkradgriff gedreht, sondern wie auf einem Velo in die Pedalen getreten – umso schneller man tritt, desto stärker beschleunigt das eRockit. «Das ist aber nicht stärker als die Stufe eins beim Fitnessrad, wir wollen nicht, dass die Menschen verschwitzt ins Büro kommen», erklärt CEO Andreas Zurwehme, der dieses Zusammenspiel aus Muskelkraft und Vortrieb als «Human-Hybrid», also als menschlichen Hybrid, bezeichnet und ankündigt, dass es im Rahmen eines Software-Updates in Zukunft eine Funktion geben soll, bei der man den Tretwiderstand selbst definieren kann – also auch sportlich mit mehr Kraft.
Der Tret-Vortrieb-Reflex macht einen Heidenspass. Bereits im Fahrprogramm «Normal» kommt man dank der Dauerleistung von 5 kW (6,8 PS) flott voran. Sobald man die Pedale mit vollem Einsatz wirbeln lässt, holt der bürstenlose Permanentmagnet-Synchronmotor alles aus sich heraus und beschleunigt das Gefährt auf fast 100 km/h. «Damit ist das eRockit das einzige Fahrrad der Welt, mit dem Sie auf der Autobahn fahren dürfen», erzählt CEO Andreas Zurwehme. Schaltet man auf «Sport» um, gehts auch beim Anfahren spürbar flotter zur Sache (Auch interessant: Dieses Biest ist der SUV unter den E-Bikes).
Günstig im Betrieb
Dank der grossen Räder und der Vollfederung steckt das eRockit Schwellen und Querfugen lockerer weg als so manches konventionelle Zweirad. Dazu kommen die schmale Bauweise und eine Wendigkeit, die fast an die eines klassischen Velos ohne E-Unterstützung heranreicht. Fast, weil man das Gewicht von satten 130 Kilo nicht wegdiskutieren kann, und weil man etwas Übung braucht, ehe man ganz enge Kurven nimmt. Der in der schmalen Hülle verstaute 7,5-kWh-Akku soll für maximal 120 Elektro-Kilometer sorgen.
Genug für Leute, die mit dem eRockit anstrengungsfrei jeden Tag zur Arbeit pendeln, ohne dabei in der Rushhour stecken zu bleiben – die vom Unternehmen angestrebte Zielgruppe. An einer normalen Haushaltssteckdose dauert es dann drei Stunden, um die Batterie von 20 auf 80 Prozent zu füllen. Von 0 auf 100 Prozent sind sechs Stunden Ladezeit nötig. Grosser Pluspunkt: Die Pendlerkosten im Betrieb belaufen sich je nach Stromtarif (wir rechnen mit 25 Rappen pro kWh) auf gerade mal 1,30 Franken pro 100 Kilometer!
Teuer in der Anschaffung
Neben dem hohen Gewicht entdecken wir aber noch weitere Schwächen am eRockit: Einen Gepäckträger gibts aufgrund der Konstruktion zum Beispiel noch nicht. Das digitale Display ist bei direkter Sonneneinstrahlung schlecht ablesbar. Und dann wäre da noch der Preis: Das Unternehmen aus dem brandenburgischen Henningsdorf (D) veranschlagt momentan 12'900 Euro inklusive 19 Prozent deutscher Mehrwertsteuer. Ziemlich viel Geld, wenn man bedenkt, dass damit eine vierköpfige Familie vom Velo aufs E-Bike umsteigen könnte.
Ein weiterer Knackpunkt ist der in der Schweiz nötige A1-Führerausweis fürs Fahren von Motorrädern mit maximal 11 kW Leistung. Dazu muss etwa eine Person, die im Besitz des Auto-Ausweises Kategorie B ist, eine zusätzliche, 12-stündige praktische Grundschulung besuchen. Ob das wohl schnellste «Velo» der Welt also tatsächlich den Durchbruch auf Europas Strassen schafft und unseren Verkehr nachhaltig revolutioniert? Warten wir mal ab.