Metall-3D-Drucker machen die Nachfertigung längst vergriffener Klassiker-Teile bezahlbar
Oldtimer-Teile aus dem Drucker

Wer einen Oldtimer besitzt, kennt das Problem: Es gibt keine Ersatzteile mehr für das rare Stück. Das ist nun aber vorbei. Immer mehr Firmen bauen historische Zubehörteile im 3D-Metall-Druckverfahren nach.
Publiziert: 26.04.2020 um 05:03 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2020 um 11:03 Uhr
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Wer einen exklusiven und raren Oldtimer wie den Aston Martin DB2:4 ...
Foto: zVg
Stefan Grundhoff

Der Teufel steckt im Detail. Wenn beim alten Benz das Schiebedach klemmt, könnte es am Röhrli für die Seilzugführung liegen. Pech für den Oldtimer-Eigner. Denn es wird mit Gold aufgewogen. Wenn überhaupt eins aufzutreiben ist.

Wenn Chromzierleisten oder Heizungsregler für einen Klassiker nicht mehr lieferbar sind, dann geht das zulasten der Optik. Fehlen Achslenker oder Zylinderkopfschrauben, dann gehts bei einem Oldtimer allerdings an die Substanz. Viele Marken haben spät die Klassiker-Szene in den Blick genommen und pflegen erst jetzt ihre Ersatzteillager oder was noch davon übrig ist. Manche fertigen sogar Teile nach.

Einiges ist aber auch für Geld und gute Worte nicht mehr zu bekommen. Zulieferer von damals sind längst pleite, Spezialwerkzeuge existieren nicht mehr, oder das Ersatzteillager ist abgebrannt – wie bei Ford 1977. Oft ist die Nachfrage auch so minimal, dass sich der Aufwand bisher nicht lohnte. Aber jetzt verspricht der 3D-Druck von Metall Abhilfe.

3D-Druck wird erschwinglich

Die Idee ist nicht ganz neu. Einige Spezialfirmen bieten diesen exklusiven Service – allerdings für teures Geld – schon länger an. Weil 3D-Drucker aber laufend leistungsfähiger und günstiger werden, können sich inzwischen auch kleinere Firmen grösser dimensionierte Geräte leisten. Damit kann man dann individuelle Komponenten für klassische Fahrzeuge fertigen und Besitzerwünsche wahr machen. Allerdings: Ganz günstig wird es auch mit dem 3D-Verfahren nicht.

Wer also auf der Suche nach einer nicht mehr erhältlichen originalen Blinkerhalterung, einem Rückspiegelfuss oder einem Türgriff ist, kann diese statt wie bisher als Dreh- oder Kunststoffspritzguss-Teil schneller und günstiger aus dem 3D-Drucker printen lassen.

Um zum Beispiel den Türgriff des seltenen Ferrari Mondial QV Cabrios wiederherzustellen, liess Oldie-Garagen-Besitzer Jo Weber bei der Stuttgarter Retromotion anhand eines 3D-Scans ein dreidimensionales Bild des Türgriffs machen. Anschliessend liessen die Stuttgarter den gewünschten Türgriff in Edelstahl 316L nachdrucken. Das Neuteil im alten Look ist dabei genauso stabil wie das Ursprüngliche. Weber ist begeistert: «So kann man praktisch jedes Teil nachproduzieren.» Ähnliche Dienste wie Retromotion bietet auch die Leipziger Firma Oldtimerparts an.

BMW setzt schon länger auf 3D-Druck

Auch bei grossen Autoproduzenten ist das schnellere und günstigere 3D-Druckverfahren längst in der Fertigung angekommen. Als einer der ersten Hersteller druckte BMW in den letzten zehn Jahren bereits über eine Million 3D-Teile (z.B. Führungsschienen fürs Fenster im BMW i8 Roadster). Allein 2019 waren es 200’000 BMW-Komponenten aus dem 3D-Drucker – 40 Prozent mehr als 2018.

Mercedes vor allem im Klassikbereich

Rivale Mercedes legt einen hohen Stellenwert auf den Klassikbereich. Wohl keine andere Marke verfügt über einen derartigen Teilefundus – trotz Schiebedach-Röhrli. Auch Mercedes fertigt besonders rare Oldtimer-Ersatzteile wie den Innenspiegelfuss des legendären Mercedes 300 SL Flügeltürer oder dessen Zündkerzenhalter im 3D-Druck. Der Spiegelfuss besteht wie das Original aus einer Alulegierung mit Oberflächenverchromung. Der «gedruckte» Spiegel bietet gar eine bessere Sicht nach hinten, da er minimal erhöht wurde. Auch das komplexe Tachogehäuse für den Mercedes SL/SLC der Baureihe R 107/C 107 war lange Jahre nicht mehr zu bekommen. Jetzt gibts diese Komponenten alle wieder – dank der 3D-Drucktechnik und erst noch in Neuwagenqualität.

Auch für Konzeptcars geeignet

Auch bei Daimler nutzt man die rasant verbesserte Technologie nicht nur im Klassikbereich. «Für Fahrzeug-Vorentwicklungen oder bei Kleinstserien eignet sich das Additive Manufacturing ausgezeichnet. Durch die gezielte Entwicklung der Teile für den 3D-Druck können wir die Produktionskosten senken und die Qualität optimieren», sagt Jasmin Eichler, Leiterin Future Technologies bei Daimler. Die 3D-Druckmöglichkeiten scheinen folglich kaum Grenzen zu kennen. Das dürfte nicht nur die Oldtimerfans freuen.

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