Oldies jener Güte, wie man sie vergangenes Wochenende im wunderschönen Park der altehrwürdigen Villa d’Este in Cernobbio (I) bestaunt, gibt es weltweit höchstens noch bei der Monterey Autoweek rund um den exklusiven Pebble Beach Concours d'Elegance in Amerika zu sehen. An deren Qualität und besonders Quantität kommt selbst der italienische Concorso d’Eleganza nicht heran. Dennoch gibt es am Comer See ebenfalls beeindruckend viele rollende Juwele auf vier Rädern zu bewundern.
Die wegen der anhaltenden Corona-Pandemie reduzierte Besucherzahl tut der Veranstaltung nach der Absage im vergangenen Jahr heuer keinen Abbruch – im Gegenteil. Einzig schade, dass der Sonntagsevent für nicht geladene Gäste in der nicht weniger beeindruckenden Villa d’Erba gestrichen wurde. So bleibt das oldtimerbegeisterte Fussvolk draussen und geladene Gäste unter sich.
Seltene Vorkriegs-Klassiker
Letztere erhalten grandiose, seltene Klassiker aus 100 Jahren Autogeschichte vorgesetzt. Nicht alle Tage trifft man auf einen 1926er Hispano Suiza H6 Dual Cowl mit Bligh-Brothers-Karosserie, einen Fiat 508 CS mit dem spektakulären Balilla-Aerodinamica-Aufbau von 1935 oder ein Steyr 220 Sport-Kabriolett mit seinem 2,3 Liter grossen Reihensechszylinder aus dem Jahre 1939.
Noble Sport-Tourenwagen
Der Schweizer Autosammler Adrian Gattiker zeigt diesmal am Comer See nicht seinen bayerisch blauen Mercedes-300-SL-Flügeltürer, sondern den nicht weniger schmucken 300 SL Roadster, der im deutsch-britischen Wettkampf um die Macht in der Luxusliga antritt. Seine Konkurrenten sind kaum minder imposant: ein Aston Martin DB5 Touring Superleggera Cabrio von 1965, der grandiose BMW 507 Roadster von Antja Bonczkowitz oder ein 1956er Bentley S1 Continental Drop Head Coupé.
Wer es noch sportlicher mag, kommt im Park der Villa d’Este ebenfalls auf seine Kosten. Fein säuberlich aufgereiht und auf Hochglanz poliert steht dort der Lamborghini Countach LP 400 S Prototype Walter Wolf Special von Shinjiro Fukuda neben dem 1985er Ferrari 288 GTO oder dem weitgehend unbekannten Aston Martin V8 Vantage mit Zagato-Karosserie, der wie kaum ein anderer den Supercar-Lebensstil der 1980er-Jahre widerspiegelt.
Hypercars der 1990er-Jahre
Noch wilder wirken in der malerischen Gartenanlage nur noch die Hypercars der 1990er-Jahre – mit Ikonen wie dem Jaguar XJR-15, dem unvergleichlichen Isdera Commendatore 112i (mit sechs Liter grossem V12) oder dem 1996er Porsche 911 GT1 von Khalid Abdulrahim aus Bahrain. Sein Porsche mit dem einzigartigen 6,9-Liter-V12 mass sich einst auf den Rennstrecken dieser Welt mit Boliden wie dem Mercedes CLK GTR und krönt die Liga der Hypercars beim norditalienischen Concorso.
Supersportler der Neuzeit
Einmal mehr werden den Besuchern am Comer See neben den vielen Klassikern auch aktuelle Supersportler gezeigt. So steht die über 1900 PS starke Elektroflunder Pininfarina Battista neben dem Bugatti Centodieci, einem 2020er Hispano Suiza Carmen Boulogne oder der in 250’000 Arbeitsstunden entstandenen Neuauflage des Urmodells Lamborghini Countach LP 500.
Und so fragen wir uns am Abend: Wo sonst hat man den Blick auf den im Sonnenlicht schimmernden See mit vorbeifahrenden Schiffen, während auf der Hotelterrasse millionenteure automobile Klassiker bei der traditionellen Parade vorbeidefilieren und deren Besitzer und die Gäste Champagner und Häppchen geniessen? Kein Wunder, freuen sich alle auf den nächsten Concorso d’Eleganza im kommenden Jahr, der dann wieder im Frühling im Mai stattfinden soll – und dann hoffentlich auch wieder mit dem öffentlichen Programm in der Villa d’Erba. Ob dann allerdings Starkünstler Jeff Koons auch wieder persönlich dabei sein wird, um einer auserwählten Gästeschar in einem geheimen Raum einen Blick auf die Sonderserie seines BMW 8 X Jeff Koons zu geben, steht in den Sternen. Aber so oder so ist der Concorso eine Traumfabrik.