Lambo, Masi und Mercedes: Diese Auto-Ikonen starteten vor 50 Jahren
So cool war das Autojahr 1971

Als Tempolimiten noch so fern scheinen wie Computer, schöpft die Autowelt vor 50 Jahren aus den Vollen. Ein Rückblick auf ein Jahr der Sportwagen und Schlaghosen, in dem Elektroautos höchstens auf dem Mond herumfuhren.
Publiziert: 18.09.2021 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 20.09.2021 um 11:06 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Manch ein Missverständnis überdauert selbst fünf Jahrzehnte. Bis heute wird das ultimative Ausrufezeichen auf Rädern gerne mal «Kauntätsch» gerufen. Nein, «Kuntatsch» bitte. Aber als Lamborghini 1971 am Genfer Salon den Countach als Studie enthüllt, überfordert der drei Jahre später in Serie gehende Posterheld der 1970er-Jahre-Bubenzimmer ausser den Seh- auch die Hörgewohnheiten. Schon weil sein monströser Zwölfzylinder so brüllt. Was für ein Autojahr!

Die Landung auf dem Mond ist vor 50 Jahren erst zwei Jahre her. Jetzt, 1971, fährt das erste Auto darauf herum. Am Genfer Autosalon im Frühjahr stehlen sich die Sportwagen gegenseitig die Schau. Bei Renault Alpine debütiert «die» A310, bei Maserati der Bora. Jener fasst die Auto-Sportmode der Zeit zusammen: Keilform mit «Schlafaugen» (Klappscheinwerfern).

Knallige Farben sind angesagt

Apropos Mode: Deren Grande Dame Coco Chanel stirbt 87-jährig quasi standesgemäss im Pariser «Ritz», während auf den Boulevards draussen äthetische Merkwürdigkeiten wie die Schlaghose «in» sind. Auch Herrenhandtäschchen und Hot Pants sind gefragt – und vor allem Farbe, Farbe, Farbe. Selbst der neue Mercedes SL traut sich «Cayenneorange», «Mimosengelb» oder «Citrusgrün» und grinst dabei so breit und selbstbewusst in die Welt wie der deutsche Politiker und künftige Bundeskanzler Hemut Schmidt (1918–2015).

Das Schweizer Frauenstimmrecht kommt 1971 endlich auf Bundesebene (kantonal sollte es teils noch bis 1990 dauern). BMW, noch zwölf Jahre zuvor pleite und um ein Haar von Mercedes übernommen, demokratisiert derweil die sportliche Mittelklasse: Die 02er-Serie ist ein Hit. Aber es kann nicht alles glücken: Praktische Kombihecks tragen noch den Ruch von Farbeimer- und Schweinehälften-Transport, und so floppt der im fünften 02er-Jahr nachgereichte erste Touring mit Heckklappe.

Alfa in der Krise, Toyota im Aufwind

Auch sonst klappt in diesem Autojahr nicht immer alles. Alfa Romeo etwa stellt den Alfasud vor, aber der in Süditalien («Alfa Sud») gebaute Hoffnungsträger schiesst als Rostkönig Alfa bald reif zur Übernahme durch Fiat. Auch VW ist in der Bredouille: Der Käfer läuft und läuft zwar (noch), aber in der Mittelklasse fehlt ein moderner VW gegen Konkurrenten wie Opel Rekord oder Renault 16. Doch auch das sollte sich bald lösen: Im Jahr darauf hat VW-Tochter Audi den modernen 80, er wird 1973 zum Retter Passat geklont.

Und die Japaner kommen. Noch sind Datsun (Nissan), Mitsubishi, Toyota und Co. in Europa Nebenbuhler. Aber das ändert sich rasant – 1971 im Wortsinne: Zwei Jahre, ehe ausserorts Tempolimiten eingeführt werden, gehören die Herzen der Jugend Sportcoupés. Ford Capri und Opel Manta sind etabliert, nun kontert der Celica von Toyota. Nicht nur das wird damals unterschätzt: Öffentlich unbemerkt geht der Intel 4004 als erster moderner Ein-Chip-Mikroprozessor in den Verkauf: Das Computer-Zeitalter ist da.

«Le Mans»: Das Herzenststück des «Mr. Cool»

Foto: LMPC via Getty Images

Man ruft ihn nicht umsonst «Mr. Cool»: Hollywoodstar Steve McQueen (1930–1980) hat eine Überdosis Benzin im Blut und initiiert den Rennsport-Reisser «Le Mans» (1971). Die Hauptrolle übernimmt der begabte Rennfahrer gleich selbst. Am Ende sind derart viele echte Rennszenen der 24 Stunden von Le Mans (F) drin, dass der Spielfilm fast schon eine Doku ist – auch über McQueen selbst.

Lunar Roving Vehicle: Das Auto für den Mann im Mond

Foto: Corbis via Getty Images

Vier Einweg-Wegwerfautos für 35 Millionen Franken, bitte: Um beim Wettlauf ins All die zuvor führende Sowjetunion nach der US-Mondlandung 1969 noch weiter abzuhängen, sendet die Nasa ab 1971 drei der vier Lunar Roving Vehicles (LRV) mit je 92 Kilometer Elektro-Reichweite zum Erdtrabanten. Bis heute stehen die LRVs im Mondstaub – und steht deren Mond-Temporekord bei 18 km/h.

Elon Musk: Der Elektriker aus Südafrika

Foto: zVg

Im Jahr 1971 sind Elektroautos noch ein Fall für den Mond. Am 28. Juni kommt in Südafrika ein Mann zur Welt, der das dareinst ändern wird: Elon Musk. Mit zwölf Jahren verkauft er ein selbst entwickeltes Videospiel, 2002 in den USA den Bezahldienst PayPal – und macht danach mit Tesla erst zum Spott, später Entsetzen der Etablierten das Fahren mit Strom erstmals trendig.

Mercedes SL: Das Dauerbrenner-Cabrio

Foto: Daimler

Der neue SL, nach seiner internen Bezeichnung heute meist «107er» genannt, trägt 1971 ein selbstbewusstes Wir-sind-wieder-wer-Antlitz und bleibt doch zeitlos. Der Roadster sollte bis 1989 durchhalten, die ungeliebtere Coupévariante SLC lief 1981 aus.

Lamborghini Countach: Der Unaussprechliche

Foto: Getty Images

Am Genfer Salon 1971 steht die Studie, die Lamborghini drei Jahre später als Sportwagen-Überflieger lanciert. Der V12 hat erst 375, dann bis zu 455 PS.

BMW 02er Touring: Der erste Sportkombi

Foto: imago/WEREK

Schon seit fünf Jahren ist die 02er-Reihe ein Hit, als 1971 auch der Touring kommt. Doch der ist der Zeit zu weit voraus: Bis auf Schauspielerin Uschi Glas (heute 77) will kaum jemand den Schrägheck-BMW.

Renault Alpine A310: Französische Flunder

Foto: Alpine

Als «die» A310 losbraust, tritt die Plastikflunder 1971 in die grossen Fussstapfen des Rallye-Seriensiegers A110. Und füllt sie: Sie hält bis 1985 und ist bis heute das meistverkaufte Auto von Alpine.

Maserati Bora: Der Donnerkeil

Foto: Getty Images/500px Unreleased Plus

Als der Bora 1971 am Genfer Salon debütiert, ist er mit den Klappscheinwerfer- «Schlafaugen» ein Designkind seiner Zeit und in manchen Details eines der damaligen Maserati-Mutter Citroën. Der V8 leistet anfangs 310 und später bis zu 330 PS.

Toyota Celica: Vernunft ist nicht alles

Foto: ullstein bild via Getty Images

In den 1970er-Jahren sind günstige Sportcoupés die Träume der Vorstadtjugend. Japaner sind noch neu in Europa und unterschätzt. Gegen Ford Capri, Opel Manta und Co. kontert 1971 der erste Toyota Celica, dem noch 75 bis 107 PS reichen.

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