Vom deutschen Burghaslach haben selbst eingefleischte Autofans wohl noch nie gehört. Obwohl in dem bayerischen 2500-Seelen-Dorf zwischen Würzburg und Nürnberg eine der grössten Auto-Produktionen Europas beheimatet ist: Alljährlich verlassen dort Hunderttausende Modelle die Fliessbänder der Spielwarenfabrik BIG – um für strahlende Augen bei den kleinsten Autofans zu sorgen. Eltern kennen die Vehikel als Bobby-Cars.
Für die Kleinsten bedeuten die knapp 60 Zentimeter langen, aus robustem Polyethylen gefertigten Mini-Mobile die erste grosse Freiheit.
Längst haben «echte» Autohersteller das Potenzial der Muskelkraft-Rutscher entdeckt. Ob Audi oder BMW, Mercedes oder VW – sie alle haben, mal direkt in Lizenzarbeit von BIG gefertigt oder vom Original inspiriert als Eigenbauten, solche Bobby-Cars im Angebot, um schon die Kleinsten an die Marke zu binden und der laut Trendforschern schwindenden Begeisterung für Autos entgegenzuwirken.
Bis zu 65 Sachen schnell
Mit zunehmendem Alter wachsen aber auch die Ansprüche der jungen Kundinnen und Kunden – und hier kommt die Harrington Group ins Spiel. 2003 von Nathan Harrington und der heutigen CEO Ly Phan in Vietnam gegründet, ist Harrington Weltmarktführerin im Nachbau von Oldtimer-Stossstangen und bekannt für die detailgetreue Nachfertigung von Interieurteilen für Klassiker. Aber Harrington baut auch komplette Fahrzeuge nach: vom alten F1-Boliden über Mercedes 300 SL bis Land Rover Defender (heisst dann Land Junior) – aber im Massstab 1:2!
Jedes der rund zweieinhalb Meter langen Klassik-Juwele entsteht in rund 450 Stunden Handarbeit und ist je nach Modell mit Elektroantrieb oder gar Verbrennungsmotor zu haben. Mit dem 1,2 kW starken E-Motor erreicht man Spitzentempi von bis zu 45 km/h, mit luftgekühltem Einzylinder-Benziner und knapp sieben PS gar 65 Sachen! Je nach Alter der Piloten empfiehlt sich der optionale Speedlimiter. Diese Klassiker für kleine Fans kosten dann aber auch mehr als umgerechnet rund 10’000 Franken.
Firmeneigene Teststrecke
Viel teurer und aufwendiger geht Kinderkram kaum? Geht wohl. Ben Hedley mit seiner Little Car Company im britischen Bichester baut mit dem Segen der Hersteller die drei Autoklassiker Bugatti Type 35 (genannt Bugatti Baby II), Aston Martin DB5 mitsamt Gadgets aus dem James-Bond-Streifen «Goldfinger» und Ferrari Testarossa. Der Millionärsnachwuchs freut sich über den Gitterrohrrahmen, über den die Alu-Karosserie gestülpt ist. Auch Lackfarben, Lederinterieur und Komponenten bis hin zum Zündschlüssel sind wie beim Original. Nur konsequent, dass Prototypen erst mal mehr als 5000 Kilometer auf dem firmeneigenen Testkurs abspulen müssen.
Teurer als «echte» Autos
Nur mutige Mamis und Papis fahren die Replikas im Massstab 3:4 nicht selbst, sondern lassen die Kids mit bis zu 12 Elektro-kW im knapp 100 Kilogramm schweren Flitzer auf bis zu 100 km/h sausen. Ein bis drei Akkus sorgen für Reichweiten zwischen 30 und 90 Kilometern. Auch wenn die Mini-Boliden bisweilen gar an Events wie dem Goodwood Festival of Speed mit Erwachsenen gegeneinander auf Rennstrecken antreten, haben sie im Strassenverkehr nichts verloren – wie der Hersteller betont. Beim Preis übertrumpfen sie aber manch «echtes» Strassenauto: Erst ab umgerechnet 36’000 Franken gehts los – ein wahrlich wertvolles Spielzeug.
Ganz junge Autofans dürften ohnehin mehr Freude am knallroten Bobby-Car aus Burghaslach haben. Und der Klassiker unter den Kinderfahrzeugen ist mit Preisen ab rund 40 Franken auch definitiv für jedes Familienbudget erschwinglich.