Darum gehts
- Vor zehn Jahren stürzte Germanwings-Flug ab
- Psychische Gesundheit von Piloten und Sicherheitsmassnahmen wurden hinterfragt
- 149 Passagiere starben, Hinterbliebene unzufrieden
Auf den Tag genau zehn Jahre ist es her, da kostete Germanwings-Flug 9525 alle 150 Insassen das Leben. Die Maschine war um 10.01 Uhr in Barcelona gestartet und sollte rund zwei Stunden später in Düsseldorf landen. Doch ihr Ziel sollte die Maschine nie erreichen. Über den französischen Alpen stürzte der Airbus A320 ab und zerschellte an einer steilen Felswand.
Die Ermittlungen ergaben früh: Es war kein Unfall. Die Maschine wurde demnach absichtlich durch den Copiloten Andreas Lubitz in das Gebirgsmassiv gesteuert. Laut einer Expertengruppe litt Lubitz unter einer psychotisch-depressiven Episode. Als sein Kollege, Flugkapitän Patrick Sondenheimer, das Cockpit verliess, schloss er sich gemäss Ermittlungen ein – und steuerte 149 weitere Insassen sowie sich selbst in den Tod.
Der Fall löste eine Debatte um die psychische Gesundheit von Piloten aus. Der Grund: Lubitz' psychischer Zustand war wohl erkennbar. Er befand sich sogar in psychischer Behandlung. Sein Arbeitgeber bekam davon aber nichts mit. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zum Germanwings-Fall.
Wieso wusste Germanwings nichts von den Depressionen?
Lubitz hatte sich selbst mehrfach krankschreiben lassen, die Atteste Germanwings jedoch nie vorgelegt. Er nahm ausserdem Antidepressiva und Schlafmittel. Seine Ärzte leiteten ihre Befunde nicht weiter, da sie einer ärztlichen Schweigepflicht unterlagen. Das erleichterte es Lubitz, seinen psychischen Zustand zu verbergen.
Wurden die Massnahmen genügend verschärft?
Zwar wurden die Massnahmen seit dem Unfall verschärft. Grundsätzlich liegt das Problem jedoch bei der Selbstauskunft der Piloten. Sobald sich eine psychische Erkrankung zeigt, liegt es am Piloten, die Fragen bei fliegerärtzlichen Untersuchungen ehrlich zu beantworten.
Doch die Angst, Job und Karriere zu gefährden, verleitet zur Schummelei. Zumindest entstand eine Offenheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen. Heute gibt es mehr Hilfsangebote von Piloten für Piloten. Dort muss man keine beruflichen Konsequenzen fürchten, da Arbeitskollegen keiner Meldepflicht unterliegen.
Wie konnte der Täter den Piloten ausschliessen?
Seit dem Terroranschlag am 11. September 2001 wurden die Sicherheitsmassnahmen in den Cockpits drastisch erhöht. Mittlerweile kann sich die Crew im Cockpit einschliessen und nur durch einen Notfallcode erreicht werden.
Diese Massnahme hat Lubitz jedoch in die Karten gespielt, da der Pilot nicht ins Cockpit zurückkehren konnte. Lubitz hatte auch den Notfallcode blockiert. Rohe Gewalt bringt nichts. Cockpittüren sind sogar kugelsicher.
Wäre das heute noch möglich?
Nach dem Germanwings-Absturz war es längere Zeit Pflicht, dass sich immer zwei Personen im Cockpit befinden. Später wurde diese Regel wieder abgeschafft, da die Tür unter dieser Regel mehr und länger offen stand. Dass sich lediglich eine Person im Cockpit befindet, ist also kein seltenes Szenario. Ein Absturz wie jener am 24. März 2015 wäre auch heute nicht unmöglich.
Wieso klagen Hinterbliebene immer noch?
Zum einen geht es um Schmerzensgeld. Viele empfanden das Hinterbliebenengeld der Lufthansa als ungenügend. Deshalb gab es mehrere Klagen, die eine Erhöhung abzielten. Allerdings blieben alle ohne Erfolg.
Primär geht es den Hinterbliebenen aber um die Schuldfrage und eine Aufarbeitung des Unglücks. Es hätte laut den Hinterbliebenen nicht passieren dürfen, dass eine Person mit psychischen Vorerkrankungen im Cockpit sitzt und die alleinige Kontrolle über das Flugzeug hat. Einige zweifeln unterdessen auch die Ermittlungen und deren Richtigkeit an, wie neue Enthüllungen zeigen.