Zahlreiche Corona-Fälle
Am Everest herrschen Bergfieber, Zeitdruck - und Covid

Die Zeit drängt für die Bergsteiger am Everest. Das Wetterfenster für eine Besteigung ist nur kurz, die Kosten sind hoch - und bereits mehrere Dutzend Alpinisten mussten mit Verdacht auf Covid zurück nach Kathmandu geflogen werden.
Publiziert: 14.05.2021 um 05:14 Uhr
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Aktualisiert: 14.05.2021 um 07:29 Uhr
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Auch am Mount Everest gelten Corona-Schutzmassnahmen.
Foto: Keystone

Die Webseite «Explorersweb» ist seit Jahren als das führende Portal der Extremsportler und Abenteurer dieser Welt, die sich mit Expeditionen in Gefahr begeben. Das Portal gilt als verlässlich und verfügt auch am Mount Everest über beste Kontakte. Dort, berichtet jetzt «Explorersweb», grassiere derzeit die Covid-Pandemie.

Die Berichterstatter wollen anonym bleiben, um sich nicht mit den nepalesischen Behörden anzulegen. Doch allein am Dienstag seien 19 Personen mit Verdacht auf eine Covid-Infektion ausgeflogen worden, am Vortag neun weitere.

Im Basislager am Fuss des Everest werde über die Fälle nur gemunkelt. Schliesslich sind Everest-Besteigungen, die letztes Jahr ausgesetzt wurden, ein grosses Geschäft. Die mehr als 400 Ausländer mit Bewilligung zahlen je rund 11'000 Dollar allein an Gebühren. Hinzu kommen die Kosten für Reise und Expeditionsteams inklusive Sherpas.

Unklare Covid-Dunkelziffer

Der «Nepali Times» sagten Ärzte im Everest-Basislager vor einer Woche, dass bisher etwa 30 Menschen «mit vermuteten Covid-19-Symptomen» an Bord von Helikoptern evakuiert worden seien. Diese Zahl ist jedoch eine konservative Schätzung. Ärzten ist es nicht erlaubt, vor Ort Covid-Tests durchzuführen. Die darf nur ein Spital in der Hauptstadt machen. Und dort sind keine Zahlen erhältlich.

Manche Teams würden sich im Basislager an Covid-Sicherheitsprotokolle halten, manche nicht. Für sie zählt das eine: Es unbedingt auf den höchsten Punkt der Welt zu schaffen. Nach der ausgefallenen Klettersaison 2020 herrscht dieses Jahr umso grösserer Betrieb am Everest. Alle dort würden über die hohen Infektionszahlen wissen, so «Explorersweb», doch niemand spreche darüber: «Alle stehen unter dem Druck, zu schweigen, wenn sie in Zukunft Klettergenehmigungen erhalten wollen. Doch hinter vorgehaltener Hand wird über die unhaltbare Situation im Basislager und auch in Kathmandu und im Khumbu-Tal gesprochen» - das Tal, das zum Everest führt.

Um die Situation zu beschönigen, haben die Behörden eine merkwürdige neue Regel erlassen. Seit Beginn der Klettersaison haben es bereits rund 150 Alpinisten zum Gipfel geschafft. Auf ihren obligaten Gipfelfotos fehlen jeweils Kletterkollegen und Sherpas. Denn eine neue abstruse Regeln erfordert, dass die Gipfelstürmer allein auf Bildern zu posieren haben. Sorgfältig werden daher andere Personen ausgeblendet. Dies, um keine so negativen Schlagzeilen wie vor zwei Jahren auszulösen. Damals zog ein Bild von einer Alpinisten-Warteschlange vor dem Gipfel Nepals Everest-Industrie in Verruf.

Weniger Müll am Everest?

Tatsache aber ist, dass diese Saison so viele ausländische Alpinisten wie nie zuvor den Aufstieg wollen - und dass eben ein Schlechtwetterfenster eingesetzt hat. Aufstiege gehören um wohl um eine Woche bis 20. Mai verschoben, was dann zu mehr Engpässen auf der heiklen Gipfelroute und in der Todeszone führen wird.

Immerhin sollen keine leeren Sauerstoffflaschen mehr am Everest liegen gelassen werden. Die nepalesischen Behörden verlangen neuerdings, dass alle leeren Flaschen zurück ins Basislager gebracht gehören. Von dort werden sie an örtliche Krankenhäuser verteilt und wieder aufgefüllt, im Kampf gegen die Lungenseuche, die sich von Indien nach Nepal eingeschleppt hat. (kes)

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