Der chinesische Präsident Xi Jinping (69) hat am Freitag einen umfassenden Plan für die Entwicklung Zentralasiens vorgestellt. Dieser reicht vom Aufbau der Infrastruktur bis zur Förderung des Handels zwischen China und den fünf Staaten.
China sei bereit, die Entwicklungsstrategien mit Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan zu koordinieren und die Modernisierung aller Länder zu fördern. Das sagte Xi in einer Rede auf einem Gipfeltreffen zwischen China und Zentralasien in Nordwestchina.
Damit scheint der chinesische Machthaber eine neue Führungsrolle in einer Region einzunehmen, die traditionell eine russische Einflusssphäre war. Schliesslich sind die fünf Nationen ehemalige Republiken der Sowjetunion. Deshalb haben sie eine besondere Beziehung zum heutigen Russland, erklärt Temur Umarow (27), Experte für China und Zentralasien und Fellow am Carnegie Russia Eurasia Center, im Gespräch mit Blick.
«Man ist sich das Teilen gewöhnt»
Macht sich China also im symbolischen Hinterhof Russlands breit? Jein, meint Umarow. «Zentralasien hat sehr enge politische und historische Beziehungen mit Russland. Aber ebenso wichtig sind die wirtschaftlichen Beziehungen zu China.»
Die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken verfügen über ein Netz von Handelskorridoren und bieten China alternative Routen für den Transport von Treibstoff, Lebensmitteln und anderen Gütern. Im Gegenzug dazu bietet China ihnen 26 Milliarden Yuan (circa 3,3 Milliarden Franken) als Entwicklungshilfe an, eröffnete Xi am Freitag.
Dass sich Russland in Zentralasien durch Chinas Vorpreschen bedroht fühlen könnte, bezweifelt der Experte allerdings. «Da die zentralasiatischen Nationen genau zwischen Russland und China liegen, ist man sich das Teilen gewöhnt.» Allerdings scheint sich die Region Zentralasien neuerdings eher nach Osten, als nach Norden zu orientieren. Denn China inszeniert sich aktuell als attraktiverer Partner als Russland.
China umgarnt Zentralasien – mit Hintergedanken
Die chinesische Charme-Offensive gegenüber den fünf zentralasiatischen Ländern ist nicht per se neu. Bereits im vergangenen Jahr fand ein ähnlicher Gipfel statt – damals aber noch virtuell. Und vor zehn Jahren wurde in Zentralasien die «Neue Seidenstrasse» gegründet. Dass Xi dieses Jahr aber keine Kosten und Mühen gescheut und die Abgeordneten mit Prunk und Pomp empfangen hat, hat einen guten Grund: China steckt in einer geopolitisch schwierigen Lage.
Aufgrund von Spannungen zwischen China und den USA und Russlands Wegfallen als wirtschaftliches Schwergewicht, muss sich Xis Land umorientieren. Und hier kommt Zentralasien ins Spiel: «Die Region ist Chinas Plan B, falls das Land auf der grossen Weltbühne weiter isoliert wird», sagt Umarow. So möchte sich China vor einer kompletten politischen und wirtschaftlichen Isolation schützen.